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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: August Bebel
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oder ihrer Freiheit büßten. Der Mann konnte sie als Sklavin verkaufen.
     
    Die Stellung der griechischen Frau in jener Zeit kommt plastisch zum Ausdruck in Euripides' "Medea" . Diese klagt:
     
    Von allem, ach, was Seel' und Leben hat,
Sind doch wir Fraun die allerärmsten Wesen!
Durch unsre Mitgift müssen wir den Gatten
Erkaufen, – und was schlimmer ist als das:
Fortan gehört ihm unser Leib zu eigen .
Und furchtbar die Gefahr: wie wird er sein,
Gut oder schlecht? – Denn Scheidung wird der Frau
Ein Makel stets, und den ihr Anverlobten
Verschmähen darf sie nicht . Und kommt sie nun
Zu neuem Brauch und ungewohnter Sitte,
Muß sie erraten – niemand lehrt' es sie –
Wie ihres Gatten Art und Wesen ist.
Und wenn dies alles glücklich uns gelungen
Und gern und froh der Liebste mit uns lebt,
Ja, dann ist unser Leben neidenswert –
Sonst aber – besser tot! – der Mann, wenn ihm
Sein Haus verleidet ist, er findet draußen ,
Was ihm den Kummer seiner Seele stillt,
Bei einem Freund, bei Männern seines Alters; –
Wir müssen nach des einen Auge sehn.
Sie sagen wohl, wir leben ungefährdet
Bequem zu Haus, indes sie Schlachten schlagen!
Törichter Irrtum: lieber dreimal wollt' ich
Im Kampfe stehn, als einmal nur gebären!
     
    Ganz anders standen die Dinge für die Männer. Legte der Mann der Frau in Rücksicht auf die Zeugung legitimer Erben strenge Enthaltsamkeit gegen andere Männer auf, so war er nicht geneigt, sich gegenüber fremden Frauen die gleiche Enthaltsamkeit aufzuerlegen. Es entstand das Hetärentum . Frauen, die durch Schönheit und Geist sich auszeichneten, in der Regel Staatsfremde, zogen ein freies Leben im intimsten Umgang mit der Männerwelt der Sklaverei der Ehe vor. Darin wurde auch nichts Verabscheuungswürdiges gefunden. Der Name und der Ruhm dieser Hetären, die intime Beziehungen mit den ersten Männern Griechenlands pflogen und an ihren gelehrten Unterhaltungen wie an ihren Gelagen teilnahmen, ist bis auf unsere Tage gekommen, wohingegen die Namen der legitimen Frauen meist vergessen und verschollen sind. So war die schöne Aspasia die intime Freundin des berühmten Perikles, der sie später zur Gattin machte; der Name der Hetäre Phryne wurde in der Zukunft Gattungsname für jene Frauen, die sich für Geld preisgeben. Phryne stand zu Hyperides in intimen Beziehungen, und sie stand Praxiteles, einem der ersten Bildhauer Griechenlands, Modell zu seiner Aphrodite. Danae war die Geliebte des Epikur, Archäanassa jene des Plato. Andere berühmte Hetären waren Lais von Korinth, Gnathanea usw. Es gibt keinen berühmten Griechen, der nicht mit Hetären Umgang hatte. Das gehörte zu ihrer Lebensweise. Demosthenes, der große Redner, präzisierte in seiner Rede gegen Neära das geschlechtliche Leben der Männerwelt Athens also: "Wir heiraten das Weib, um eheliche Kinder zu erhalten und im Hause eine treue Wächterin zu besitzen; wir halten Beischläferinnen zu unserer Bedienung und täglichen Pflege, die Hetären zum Genuß der Liebe." Die Ehefrau war nur der Kindergebärapparat, ein treuer Hund, der das Haus bewacht. Dagegen lebte der Herr des Hauses nach seinem bon plaisir , seiner Willkür. Oft ist es auch heute noch so.
     
    Um das Verlangen nach käuflichen Frauen, namentlich in der jüngeren Männerwelt, befriedigen zu können, entstand die unter der Herrschaft der Mutterfolge unbekannte Prostitution. Die Prostitution unterscheidet sich von dem freien Geschlechtsverkehr dadurch, daß das Weib seinen Körper gegen materielle Vorteile, sei es an einen Mann, sei es an eine Reihe von Männern, verkauft. Prostitution ist vorhanden, sobald das Weib aus dem Verkauf seiner Reize ein Gewerbe macht. Solon, der für Athen das neue Recht formulierte und als Begründer des neuen Rechtszustandes gefeiert wird, war es, der die öffentlichen Frauenhäuser, das Deikterion (Staatsbordell), begründete, und zwar war für alle Besucher der Preis gleich. Nach Philemon betrug derselbe einen Obolus, ungefähr fünfundzwanzig Pfennig unseres Geldes. Das Deikterion war, wie die Tempel bei Griechen und Römern und im Mittelalter die christlichen Kirchen, unverletzlich, es stand unter dem Schutze der öffentlichen Gewalt. Bis ungefähr hundertundfünfzig Jahre vor unserer Zeitrechnung war auch der Tempel zu Jerusalem der gewöhnliche Sammelplatz der Freudenmädchen.
     
    Für die Wohltat, die Solon durch Gründung der Deikterien der athenischen Männerwelt erwiesen, wurde er von einem seiner Zeitgenossen mit den

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