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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: August Bebel
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und so ihr Familienleben schädigt. Post-, Eisenbahn-, Gefängnisbeamte usw. müssen häufig weit über das zulässige Zeitmaß ihren Dienst versehen, aber ihre Entlohnung steht im umgekehrten Verhältnis.
     
    Da ferner die Wohnungsmieten im Vergleich zum Einkommen des Arbeiters, des niederen Beamten und des kleinen Mannes viel zu hoch sind, müssen sie sich aufs äußerste einschränken. Es werden Schlafburschen oder Logiermädchen in die Wohnung genommen, öfter auch beide zugleich . Alte und Junge wohnen auf engstem Raume, ohne Scheidung der Geschlechter zusammengepfercht, oft Zeuge der intimsten Vorgänge. Wie dabei Schamgefühl und Sittlichkeit fahren, darüber gibt es schauerliche Tatsachen. Die vielfach erörterte Zunahme der Verrohung und Verwilderung der Jugend ist vorzugsweise solchen Zuständen geschuldet, die in der Stadt und auf dem Lande bestehen. Und welche Wirkung muß für die Kinder die Erwerbsarbeit haben? Die schlechteste, die sich denken läßt, sowohl physisch wie moralisch.
     
    Die immer mehr zunehmende industrielle Beschäftigung auch der verheirateten Frau ist namentlich bei Schwangerschaften, Geburten und in der ersten Lebenszeit der Kinder, während diese auf die mütterliche Nahrung angewiesen sind, von den verhängnisvollsten Folgen. Es entstehen während der Schwangerschaft eine Menge Krankheiten, die sowohl auf die Leibesfrucht als auf den Organismus der Frau zerstörend wirken und Früh- und Totgeburten hervorrufen. Ist das Kind zur Welt, so ist die Mutter gezwungen, wieder so rasch als möglich zur Fabrik zurückzukehren, damit ihr Platz nicht von einer Konkurrentin besetzt wird. Die unausbleiblichen Folgen für die kleinen Würmer sind: vernachlässigte Pflege, unpassende Nahrung, auch gänzlicher Mangel an Nahrung; sie werden, um ruhig zu sein, mit Opiaten gefüttert. Und die weiteren Folgen sind: massenhaftes Sterben oder Siechtum und Verkümmerung, mit einem Worte: Degeneration der Rasse. Vielfach wachsen die Kinder auf, ohne rechte mütterliche oder väterliche Liebe genossen und wahre Elternliebe empfunden zu haben. So gebiert, lebt und stirbt das Proletariat. Und Staat und Gesellschaft wundern sich, daß sich Roheit, Sittenlosigkeit und Verbrechen häufen.
     
    Als im Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in den englischen Baumwolldistrikten infolge des nordamerikanischen Sklavenbefreiungskriegs viele Tausende von Arbeiterinnen feiern mußten, machten die Ärzte die auffallende Entdeckung, daß ungeachtet der großen Not der Bevölkerung die Kindersterblichkeit abnahm . Die Ursache war, die Kinder genossen jetzt die Nahrung von der Mutter und erhielten eine bessere Pflege, als sie je gehabt hatten. Die gleiche Tatsache ist seitens der Ärzte in der Krise der siebziger Jahre in Nordamerika, besonders in New York und Massachusetts, konstatiert worden. Die Arbeitslosigkeit zwang die Frauen zu feiern und ließ ihnen Zeit zur Kinderpflege. Ähnliche Beobachtungen hat man während des Generalstreiks in Schweden (August und September 1909) gemacht. Die Sterblichkeitsziffer in Stockholm und auch in anderen größeren schwedischen Städten hat sich seit langen Zeiten nicht so günstig gestaltet wie in den Wochen dieses Riesenstreiks. Eine der hervorragendsten medizinischen Autoritäten Stockholms hat sich dahin ausgesprochen, daß diese ungemein befriedigenden Sterblichkeits- wie überhaupt Gesundheitsverhältnisse ganz zweifellos mit dem Riesenstreik in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Am wichtigsten sei zweifellos der Umstand, daß die großen Scharen, aus denen sich die "Armee des Müßiggangs" während der Streikwochen zusammensetzte, Gelegenheit gehabt hätten, sich fast unausgesetzt unter freiem Himmel , in frischer Luft, aufzuhalten, was der körperlichen Gesundheit natürlich äußerst dienlich gewesen sei. Wie umfassend die für die Arbeitsräume geltenden sanitären Vorschriften auch sein mögen, so sei die Luft in den Arbeitslokalen doch im allgemeinen immer so beschaffen, daß sie in gesundheitlicher Beziehung mehr oder weniger schädlich wirken müsse. Die Bedeutung des Alkoholverbots während des Riesenstreiks dürfe auch nicht unterschätzt werden.
     
    In der Hausindustrie, die volkswirtschaftliche Romantiker so idyllisch darstellen, liegen die Verhältnisse nicht besser. Hier ist neben dem Manne die Frau von früh bis in die Nacht an die Arbeit gekettet, und die Kinder werden vom frühesten Alter zu gleichem Werke angehalten. Zusammengepfercht auf den

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