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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Hintertür und zögerte dann. Meine Handtasche lag auf der anderen Seite der Küche, neben dem Spülbecken, wo ich sie hingelegt hatte, als Dan und ich heute Vormittag vom Einkaufen gekommen waren. Meine Autoschlüssel waren in der Tasche.
    »Du entkommst mir nicht, Sue!«
    Bobby stand oben an der Treppe. Nur noch Sekunden, bis er mich erreichen würde. Ich spähte durch die Küche und versuchte, in dem verschwommenen Dunkel meine Handtasche auszumachen.
    Ich hörte Bobbys schwere Schritte auf der Treppe.
    Mir blieb keine Zeit mehr.
    Ich riss die Hintertür auf und stürzte über die Sonnenveranda und die Hintertreppe mitten in den eiskalten Sturm hinein.
    Ich blinzelte, um mich vor dem strömenden Regen zu schützen, der auf meiner Haut wie mit Nadeln stach, und
sah mich nach einem Fluchtweg um. Hinter den dichten Büschen am Ende des Gartens lag der schmale Strand, der in der einen Richtung zum Damm nach Maidenstone Island und in der anderen zurück nach Freedman’s Cove führte. Vielleicht rechnete Bobby nicht damit, dass ich diesen Weg einschlug.
    Ohne Rücksicht auf die Dornen, die sich in meine Kleidung hängten und mir Gesicht und Hände aufrissen, wühlte ich mich durch die mannshohen Heckenrosen- und Oleanderbüsche, um dann einem unglaublichen Anblick gegenüberzustehen.
    Der Strand war verschwunden. Der heranziehende Sturm trieb die Flut auf das Land zu, und weiße Gischt leckte an den frei gespülten Wurzeln der Büsche. Das Ufer - und der Fluchtweg, auf den ich gezählt hatte - waren unter dem Ansturm des Meeres restlos verschwunden.
    »SUSANNN!«
    Unglaublicherweise war Bobbys heiserer, mordlüsterner Schrei sogar durch den heulenden Sturm und die krachende Brandung zu hören. Ich konnte ihn nicht sehen, doch eine Ahnung sagte mir, dass er auf der Sonnenveranda hinter dem Haus stand und in dem strömenden Regen nach mir Ausschau hielt.
    In einer oder zwei Minuten oder vielleicht auch früher würde er sich so weit beruhigt haben, dass er auf die Idee kam, dass irgendwo im Haus eine Taschenlampe sein musste. Dann würde es ihm nicht schwerfallen, mich aufzuspüren.
    Hätte ich nur daran gedacht, meine Wagenschlüssel zu schnappen, statt mich kostbare Sekunden mit dem verfluchten Kaffeewärmer aufzuhalten!

    »VERDAMMT SOLLST DU SEIN, SUSAN …!«
    Ich zitterte vor Kälte und war schon jetzt bis auf die Haut klitschnass. Unter Schmerzen kroch ich aus dem Gebüsch und kauerte im Dunkeln nieder, um nach einem anderen Fluchtweg aus dem Garten zu suchen. Während ich knöcheltief im eiskalten Wasser hockte, wurde mir klar, dass meine aufgerissenen Hände bereits taub wurden und ich es nicht lange im Freien aushalten würde.
    Als der Lichtstrahl vom Leuchtturm erneut über den Garten schwenkte, warf ich mich bäuchlings in den Schlamm und kroch in die Schatten unter den Rosenbüschen. Ich hob den Kopf, und kurz leuchtete vor meinen Augen die Rückseite der Remise mit ihren feucht schimmernden weißen Schindeln auf. Dann wurde es wieder dunkel.
    Ich rappelte mich auf, rannte auf die Seitenwand des Gebäudes zu und quetschte mich dann an der Wand entlang, bis ich die Ecke erreichte, die zur Straße lag. Mein treuer alter Volvo stand verlockend nahe in der Einfahrt, wo ich ihn geparkt hatte, doch ohne Schlüssel nützte er mir nichts. Ich zog die Tür des Kutschenhauses einen Spaltbreit auf und glitt in die noch tiefere Dunkelheit im Inneren.
    In dem stockfinsteren Gebäude, geschützt vor Wind und Regen, war es mindestens zehn Grad wärmer. Unentschlossen drückte ich mich an der Tür herum, rieb mir die eisigen Hände und schaute zum Haupthaus zurück.
    Wie ich befürchtet hatte, musste Bobby sich so weit abgeregt haben, dass er wieder klar dachte. Denn ich sah ein helles Licht hinter den Küchenfenstern aufflammen und dann das stete Leuchten einer Kerze. Wahrscheinlich
war er auf der Suche nach einer Taschenlampe und riss hektisch Schränke und Türen auf.
    Ich wich noch weiter in die Remise zurück und tastete blindlings nach einem Gegenstand, den ich als Waffe benutzen konnte. Mit der Rückseite meiner Schenkel stieß ich gegen etwas. Als ich mich umdrehte und die Hände ausstreckte, berührten meine zerschrammten, blutigen Hände eine kühle, glatte Oberfläche.
    Ich musste lächeln.

34. Kapitel
    Mein ohnehin stolperndes Herz setzte ein paar Schläge aus, als meine Finger über den vertrauten runden Umriss des Scheinwerfers der Vespa glitten. Rasch kniete ich neben dem Moped nieder, tastete im Dunkeln

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