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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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dreißig Sekunden später bin ich von hier verschwunden.«
    Ich nahm die Kerze, drehte mich um und marschierte schnellen Schritts aus der Küche. »Er ist oben«, sagte ich. »Wenn du willst, kannst du hier warten.«
    Bobby lachte und wurde zugleich von einem weiteren Hustenanfall geschüttelt. »Das hast du dir so gedacht«, sagte er.
    Mit Bobby im Schlepptau stieg ich die Treppe in den dunklen ersten Stock hinauf. Ich warf einen Blick über die Schulter und bemerkte, dass er sich schwer auf das Geländer stützte und auf dem Absatz anhielt, um zu Atem zu kommen. »Langsamer«, keuchte er.
    »Du siehst nicht gut aus«, meinte ich, als ich in den stockdunklen Flur trat. »Du solltest wirklich zum Arzt gehen.«

    Ungeduldig fuchtelte er mit dem Messer herum. »Scher dich nicht darum, wie krank ich bin«, knurrte er. »Ich bin ganz ausgezeichnet in der Lage, dich umzubringen, wenn es sein muss.«
    Achselzuckend ging ich den fensterlosen Flur entlang, um die kleine Treppe zu erreichen, die ins Turmzimmer führte. Das wird funktionieren, sagte ich mir. Das muss es einfach.
    Am Ende des Gangs blieb ich stehen und hielt die Kerze in die Höhe, damit er die steile, schmale Treppe erkennen konnte, die in mein Zimmer führte. »Gleich da oben.«
    Bobby warf einen Blick auf das Treppchen und nickte. »Ah ja, jetzt erinnere ich mich. Das berühmte Schlafzimmer im Turm, das ich nie zu sehen gekriegt habe.«
    Ich sagte nichts, sondern stieg eilig die Treppe hinauf und trat in den Raum. Er stolperte hinter mir her, und ich hörte ihn im Dunkeln fluchen. »Netter Versuch«, sagte er, als er kurz darauf ins Zimmer trat.
    Ich sah ihn an, als hätte ich keine Ahnung, was nicht stimmte. »Oh«, sagte ich mit einem Blick auf die Kerze in meiner Hand. »Es war nicht meine Absicht, dich im Dunkeln zurückzulassen.«
    Er ignorierte mich und sah sich rasch in dem kleinen, sparsam möblierten Zimmer um. »Okay, Sue, so langsam geht mir die Geduld aus. Wo ist mein verdammter Pokal?«
    Ich hielt die Kerze hoch und wies auf den hohen viktorianischen Schrank, der zwischen den Fenstern stand. »Dort, im Kleiderschrank«, antwortete ich. »In einer Pappschachtel, zusammen mit ein paar anderen Dingen von dir, die ich behalten habe. Ich hole sie dir …«

    Ich trat auf den Schrank zu, aber genau, wie ich gehofft hatte, packte Bobby mich am Ellbogen und schob mich beiseite.
    »Nein«, knurrte er. »Du bleibst, wo du bist, und leuchtest mir. Ich hole den Karton.« Im Licht der Kerze glitzerten seine Augen misstrauisch, und ein furchtbares, bedrohliches Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sich an mir vorbeischob. »Nur für den Fall, dass du hier irgendwelche kleinen Überraschungen versteckt hast«, erklärte er und legte die Hand auf den Schrankgriff.
    Ich zuckte die Achseln und schützte Gleichgültigkeit vor. »Die Schachtel steht im oberen Fach, ganz hinten«, erklärte ich hilfsbereit, als er die Tür öffnete und ins stockdunkle Innere des Schranks spähte. »Ich kann nichts erkennen, bring die verdammte Kerze her«, befahl er.
    Ich warf einen Blick aus dem nächstgelegenen Fenster und verfolgte den Lichtstrahl des Leuchtturms auf seinem Weg über das Meer und dann über die Wiese, wo er die vom Wind gebeutelten Bäume und kahlen Büsche erleuchtete. Bobby wandte den Kopf und folgte meinem Blick. »Was zum Teufel suchst du? Was ist da draußen?«, verlangte er zu wissen.
    Mit einem Mal war der Raum von grellem weißem Licht erfüllt, und ich hielt mir die freie Hand vor die Augen.
    »Verdammt!« Bobby riss ebenfalls die Hand hoch, doch es war zu spät, um seine erweiterten Pupillen vor dem hellen Licht zu schützen.
    Dann war der Lichtstrahl fort.
    Bobby war kurzzeitig geblendet und stand wie
gelähmt da. Ich blies die Kerze aus, und das Zimmer versank in pechschwarzer Dunkelheit.
    Sein Wutschrei hallte durch das ganze Haus. Ich rannte um mein Leben. Mühelos fand ich die Tür, stürzte die Treppe hinunter und rannte über den stockfinsteren Flur. Seit meiner Kindheit fand ich mich hier blind zurecht.
    »Ich bring dich um!«, brüllte Bobby. In der Etage über mir krachte es; er war schwer gegen irgendeinen Gegenstand gerannt. »Ich stopf dir dein Lügenmaul, Sue!«
    Blindlings stürmte ich die Treppe hinunter, lief in die Küche und hielt dort nur lange genug an, um die schwache Flamme unter dem Kaffeewärmer zu löschen. Von oben drang neues Wutgebrüll zu mir, und ich hörte Bobbys schwere Schritte auf dem Flur.
    Ich lief zur

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