Die Frauen der Calhouns 2. Amanda
gedehnte Sprechweise, während er zusah, wie ihre Wangen sich rot färbten.
»Ich wollte nicht … es ist nur so, dass Sie nicht wirklich so aussehen wie …«
»Von einer Eliteuniversität?«, warf er ein, bevor er noch einen Zug an seiner Zigarre tat. »Man kann damit hereinfallen, wenn man jemanden nach seinem Äußeren beurteilt. Nehmen Sie zum Beispiel dieses Haus hier.«
»Das Haus?«
»Man wirft von außen den ersten Blick darauf und kann sich nur schwer entscheiden, ob es eine Festung, eine Burg oder der Albtraum eines Architekten sein soll. Aber dann nimmt man sich die Zeit für einen zweiten Blick, und man erkennt, dass es nichts anderes sein soll als das, was es ist. Eine zeitlose Arbeit, arrogant, stark, vielleicht starrsinnig genug, um sich zu behaupten, aber mit gerade genug Schnörkelwerk, um etwas Charme hinzuzufügen.« Er lächelte sie an. »Manche Leute glauben, dass ein Haus die Persönlichkeit seiner Bewohner widerspiegelt.«
Sloan stand auf, als Coco einen Servierwagen hereinrollte. »Oh, bitte, bleiben Sie sitzen«, sagte sie. »Es ist doch so eine Freude, einen Mann im Haus zu haben, nicht wahr, Mandy?«
»Ich bin ganz begeistert.« Amandas Stimme klang trocken.
»Hoffentlich ist das Bier so recht.« Sie hob ein randvolles Glas mit Pils von dem Servierwagen.
»Ganz bestimmt.«
»Probieren Sie diese Kanapees. Mandy, ich habe für uns Wein gebracht.« Erfreut über den Besuch, lächelte sie Sloan über ihr Glas hinweg an. »Hat Amanda Ihnen von dem Haus erzählt?«
»Wir waren gerade dabei.« Sloan nahm einen langen Schluck Bier. »Trent hat geschrieben, dass es seit Anfang des vorigen Jahrhunderts im Besitz der Familie sei.«
»Oh ja. Mit Suzannas Kindern – Suzanna ist meine älteste Nichte – hatten wir jetzt fünf Generationen von Calhouns in The Towers . Fergus …« Sie deutete auf das Porträt eines düster dreinblickenden Mannes über dem Kamin – »mein Großvater, erbaute The Towers 1904 als Sommerhaus. Er und seine Frau Bianca bekamen drei Kinder, bevor sie sich aus dem Turmfenster stürzte.« Wie immer brachte die Vorstellung, aus Liebe zu sterben, Coco zum Seufzen. »Ich glaube, Großpapa war danach nie wieder ganz bei Sinnen. In seinem späteren Leben verlor er den Verstand vollständig, aber wir hatten ihn in einem sehr hübschen Heim untergebracht.«
»Tante Coco, ich bin sicher, Mr O’Riley interessiert sich nicht für die Familiengeschichte.«
»Ich interessiere mich nicht«, bestätigte Sloan Amandas Einwand, während er seine Zigarre ausdrückte. »Ich bin fasziniert. Hören Sie nicht auf, Mrs McPike.«
»Oh, nennen Sie mich Coco. Das machen alle.« Sie schüttelte ihre Haare. »Das Haus ging an meinen Vater, Ethan. Er war das zweite Kind, aber der erste Sohn. Großpapa war eisern, was die Calhoun-Linie anging. Ethans ältere Schwester, Colleen, war über diese Regelung verärgert. Bis heute spricht sie kaum mit einer von uns.«
»Wofür wir alle ewig dankbar sind«, warf Amanda ein.
»Nun, ja. Sie kann ein wenig – überwältigend sein. Dann wäre da noch Onkel Sean, der jüngere Bruder meines Vaters. Er hatte etwas Ärger mit einer Frau und ging nach Westindien, bevor ich geboren wurde. Als mein Vater ums Leben kam, ging das Haus an meinen Bruder Judson. Nach seiner Hochzeit beschlossen er und seine Frau, hier das ganze Jahr über zu leben. Sie haben dieses Haus geliebt.« Sie sah sich in dem Salon mit seinen abblätternden Wänden und den ausgebleichten Vorhängen um. »Judson hatte wunderbare Pläne, das Haus wieder in vollem Glanz erstrahlen zu lassen, aber er und Deliah kamen auf tragische Weise ums Leben, bevor er beginnen konnte, sie in die Tat umzusetzen. Danach kam ich hierher, um mich um Amanda und ihre drei Schwestern zu kümmern. Nehmen Sie noch ein Kanapee.«
»Danke. Darf ich fragen, warum Sie beschlossen haben, einen Teil Ihres Zuhauses in ein Hotel umzuwandeln?«
»Das war Trents Idee. Wir sind ihm alle so dankbar, nicht wahr, Amanda?«
Da sie sich damit abgefunden hatte, dass sich Tante Coco nicht bremsen ließ, lächelte Amanda. »Ja, das sind wir.«
Coco nippte behutsam an ihrem Glas. »Um ehrlich zu sein, wir stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Glauben Sie an Schicksal, Sloan?«
»Ich bin Ire und Cherokee.« Er hob seine Hände mit den langen Fingern. »Das lässt mir keine andere Wahl.«
»Nun, dann werden Sie es verstehen. Es war Schicksal, dass Trents Vater, während er in der Frenchman Bay segelte, The Towers sah und
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