DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
den Jagdausflug ab, den er mit dem Kaiser in Rafai machen wollte. Privat erklärt er René Journiac, seinem Berater, der für einen radikalen Politikwechsel in Zentralafrika eintritt: „Wir werden uns darauf einstellen müssen. Wenn man Bokassa für schuldig erklärt, muss er abtreten. Gibt es dort Männer, die ihn ersetzen könnten?“ Die Castingshow kann beginnen. Sie ist der eigentliche Grund, dass David Dacko in der Maschine sitzt, die am 19. September 1979 in Bangui landet.
Am 16. August nehmen die Ereignisse an Fahrt auf: Frankreich erklärt, es wolle das Kaiserreich Bokassas nicht mehr unterstützen. Im selben Monat wird unter Führung von Omar Bongo, des Präsidenten von Gabun, ein Krisengipfel in Franceville einberufen. Man legt Bokassa nahe, die Macht an einen Regierungsrat unter Vorsitz seines Ministerpräsidenten Henri Maïdou und des Erbprinzen Jean-Bédel junior abzugeben. Frankreich und sein Präsident haben Bokassa also verraten. Omar Bongo erinnert sich, mit welchem Zorn Jean-Bédel auf die Nachricht reagierte, dass sein Schicksal besiegelt war. Er bittet um eine halbe Stunde Bedenkzeit, ehe er auf den Vorschlag reagieren will.
„Ich, Bokassa I., Kaiser von Zentralafrika, erkläre hiermit, dass ich alles, was Giscard d’Estaing mir zu sagen hatte, zur Kenntnis genommen habe. Und ich weise das Ansinnen, das er im Gefolge eurer Machenschaften an mich stellt, rundweg zurück. Ich werde nicht zurücktreten … Und wenn es mir einfiele, es doch zu tun, würde ich eine Pension von 100.000 Millionen afrikanischer Francs (2 Millionen französischer Francs, zirka 400.000 Euro) monatlich verlangen. Denn mir stehen zu: die Pension eines ehemaligen Offiziers der französischen Armee, eine Pension für die Schaffung der zentralafrikanischen Armee, die eines Stabschefs dieser Armee, die eines Generals im Ruhestand, die des ehemaligen Präsidenten der Republik, des ehemaligen Präsidenten auf Lebenszeit, die eines Marschalls und die eines ehemaligen Kaisers. Dazu kommen noch die Zuwendungen für den Unterhalt jeder meiner Ehefrauen und jedes meiner Kinder. Das macht insgesamt etwa 250.000 Millionen zentralafrikanischer Francs (nicht ganz eine Million Euro) aus.“ Dann, nach einer kurzen Pause: „Dazu kommen noch die Kosten für Wasser, Strom und Telefon.“
Als er sich zum Emissär Frankreichs, René Journiac, umwendet, wird er richtig emotional:
„Dich schätzen wir, du bist ja nur der Überbringer, du kannst nichts dafür. Aber der andere, der, der seinen Namen geändert hat, Valéry Giscard d’Estaing … was soll das überhaupt heißen, dieses ‚d’Estaing‘? Ist das französisch, englisch oder deutsch? Wo hat er das denn her? Hätte er sich nicht einfach ‚Schicksal‘ nennen können? Valéry Destin? Der jedenfalls hat mein Geld genommen. Und nun will er, dass ich die Macht einem Regierungsrat gebe. Der wird schon noch sehen …“
Nachdem er auf diese Art eine Weile vor sich hin gepoltert hat, werden die Drohungen gegen den französischen Präsidenten konkreter: „Wenn es in meinem Haus einen Anschlag geben sollte oder auch nur das geringste Problem, werde ich alles sagen. Dann wird er die nächsten Wahlen verlieren. Er wird überall nur noch Bokassa sehen und kein Auge mehr zu tun können. Ich sage euch heute, dass ich sicher bin, dass er meinetwegen die nächsten Wahlen verlieren wird.“
Eine prophetische Drohung. Doch Bokassa macht Andeutungen, die die Anwesenden gar nicht begreifen können. Wenn er droht, „alles“ zu sagen, was genau meint er damit? Die Jagdausflüge? Die Geschenke, die er Valéry Giscard d’Estaing bei ihren Treffen machte? Von diesem Moment an bekommt die ganze Geschichte einen sehr persönlichen Beigeschmack.
Als die Operation Barracuda anläuft, weilt Bokassa gerade zu Besuch bei Gaddafi. Als er hört, dass in seiner Hauptstadt gegen ihn geputscht wird, will er auf der Stelle zurückkehren, aber es ist bereits zu spät. Am Freitag, den 21. September 1979, erreicht er um fünf Uhr morgens endlich Catherine in Hardricourt. Er sagt ihr, dass er nach Bangui zurück will, um das Ruder noch herumzureißen. Sie versucht ihn davon abzubringen. „Das ist verrückt!“, schreit sie in den Hörer. „Tu das bloß nicht.“ Was aber fürchtet sie mehr: seine Rückkehr an die Macht oder seine bevorstehende Verhaftung? Für die ewige Gefangene Catherine nämlich tut sich ein Spalt in den Kerkermauern auf. Sie will diesen Ehemann, mit dem man nicht leben kann, auf
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