DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
anzunehmen, die wahrhaft afrikanisch und national ist und von den imperialistischen und rassistischen Kräften in Frankreich und den Vereinigten Staaten sowie von deren Lakaien abgelehnt wird.“ Eine Kriegserklärung, die sich vor allem an seinen „Seelenverwandten“ Valéry Giscard d’Estaing richtet.
Was aber ist geschehen, dass die beiden Freunde, die sogar miteinander auf die Jagd gingen, sich plötzlich nicht mehr grün sind? Welche Art von Rivalität ließ Giscard sein in einen freundschaftlichen Rat verpacktes Ultimatum aussprechen und Bokassa es strikt ablehnen? Vor allem aber: Wieso lässt Giscard Catherine zu sich rufen, die sich nie in politische Angelegenheiten eingemischt hat?
Wer mit dem Feuer spielt …
Als Valéry Giscard d’Estaing im Mai 1974 zum französischen Präsidenten gewählt wird, reagiert Bokassa auf die Nachricht mit Jubelrufen. Denn Giscard ist von allen Politikern, die zur Wahl standen, sicher jener, der Zentralafrika am nächsten steht. Als Bokassa im Januar 1966 David Dacko aus dem Amt jagte, um es selbst zu übernehmen, richtete er ein Schreiben an General de Gaulle, den er sowohl als Staatsmann wie auch als Mensch bewundert. Ihm erklärt er: „Ich bin Gaullist, ganz Zentralafrika ist gaullistisch.“ Doch der General bleibt von Bokassas Loyalitätsbekundung ungerührt. De Gaulle kommentiert das Schreiben seinem Afrika-Ratgeber Jacques Foccart gegenüber mit folgenden Worten: „Das ist ein totaler Armleuchter, mit dem nichts anzufangen ist.“ [14] Und tatsächlich lässt de Gaulle erst einmal drei Jahre verstreichen, ehe er den Putschisten-Oberst empfängt. Drei Jahre der Demütigung für Bokassa. Und unter de Gaulles Nachfolger, Georges Pompidou, gestalten sich die Beziehungen nur unwesentlich besser.
Mit Giscard allerdings, dem Freund und Kenner Zentralafrikas, lässt sich auf eine enge Zusammenarbeit hoffen. Endlich scheint man ihn in Frankreich zu bemerken und zu schätzen, in diesem Land, dessen Bürger er immer noch ist.
Die Familiengeschichte des neuen französischen Präsidenten ist eng verknüpft mit der alten Kolonie Oubangui-Chari. Sein Vater, Edmond Giscard d’Estaing, hatte die Tochter eines Abgeordneten geheiratet, der in der Folge zum Direktor der Gesellschaft zur Waldnutzung von Sangha Oubangui aufstieg. Bald gründete er dort die UTA, die erste Fluggesellschaft, die Frankreich mit seinen Kolonien in Afrika verband. Sein Neffe, Valérys Cousin François Giscard d’Estaing, war in den Kolonien als Finanzier tätig. Seit 1959 war er Direktor der Zentralbank der Staaten von Äquatorialafrika und Kamerun, Erbe des Familienbesitzes in Französisch-Äquatorialafrika. Später wurde er Finanzberater des ersten Präsidenten der Republik Tschad.
Valéry hingegen war unter General de Gaulle Finanzminister und hielt sich häufig in Zentralafrika auf, wo er wilde Tiere jagte, eine Freizeitbeschäftigung, die er über alles liebte. Er kannte das Land gut und hatte dort zahlreiche Kontakte. Er schätzt das raue Leben in den Jagd-Camps, in die sein Führer, Jean Laboureur, ihn mitnimmt: „Er war ein einfacher Mensch, wenn er bei uns war. Mit ihm konnte man einfach eine Flasche trinken wie unter Freunden.“
Die Zentralafrikanische Republik sollte im Afrika-Spiel des neuen Präsidenten eine gewichtige Rolle innehaben.
Als Giscard im Frühjahr 1974 an die Macht kommt, haben die antifranzösischen Ressentiments in Zentralafrika einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Rebellen im Tschad haben die Ethnologin Françoise Claustre entführt, die Verhandlungen um ihre Freilassung gestalteten sich schwierig. Bokassa schaltet sich in die Gespräche ein und erhält dafür eine beträchtliche Geldsumme, nämlich 20 Millionen Francs. Da ihm dies nicht ausreicht, um seine finanziellen Probleme zu lösen, verstaatlicht er die gesamte Erdölindustrie und beschließt wirtschaftliche Reformen. Darüber hinaus reißt der Staat das Druckereiwesen an sich, die Buchhandlung Hachette in Bangui sowie die Büros der französischen Presseagentur. Die Journalisten wandern kurzzeitig ins Gefängnis und werden dann ausgewiesen. Die französischen Soldaten in Zentralafrika werden aufgefordert, das Land zu verlassen. Die französischen Berater des Präsidenten werden entlassen. Auch der Jagdführer Valérys hat Hausarrest. Der künftige Präsident Frankreichs musste mitten im Wahlkampf persönlich bei Bokassa anrufen, um seine Freilassung zu erwirken. Der erste Kontakt zwischen den beiden Männern
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