DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Distanz: „Die Kooperation Frankreichs steht Ihnen auf Wunsch zur Verfügung. Wir werden sie in einer Haltung der gegenseitigen Achtung unserer Unabhängigkeit, Souveränität und Würde zu wahren wissen.“ Dieser Franzose, den Jean-Bédel beeindrucken wollte, ist wirklich ein undankbarer Zeitgenosse.
Nichtsdestotrotz arbeiten die beiden Länder immer enger zusammen. Jean-Paul Benôit, Kabinettsdirektor des Ministers für Zusammenarbeit (mit den afrikanischen Kolonien), erinnert sich an die besonderen Beziehungen zur Regierung Jean-Bédel Bokassas: „Man hatte ihn ständig am Hals. Wenn er in Frankreich war, rief er wegen irgendwelcher Kinkerlitzchen zwei oder drei Mal täglich im Ministerium an. War er hingegen in Bangui, hatten wir ständig irgendwelche Psychodramen zu lösen. Einmal verhaftete er einen Offizier, dann wieder entführte er eine Blondine …“
Giscard hatte sich von Bokassa die Zusage dauerhafter Unterstützung abluchsen lassen. Das war ein Blankoscheck für seine Wirtschaftspolitik, die eher der Augenwischerei diente, als konkrete Probleme anzupacken. Denn seit Bokassa 1976 in Bangui die unumschränkte Macht übernommen hatte, breitete sich – wie der Minister für Zusammenarbeit selbst eingestand – eine „unglaubliche Misswirtschaft“ aus. Bokassa nämlich glaubt fest daran, dass Frankreich ihn bedingungslos unterstützen wird.
Ein Jahr später, im August 1977, wird der französische Präsident ein weiteres Mal vom Herrscher der zentralafrikanischen Republik, die nun Kaiserreich werden soll, eingeladen. In Berengo bereitet man ihm einen pompösen Empfang. Am Ende des festlichen Aktes erhebt Bokassa sein Champagnerglas auf die französisch-afrikanische Freundschaft. Er bringt sogar einen Trinkspruch aus, den er in der französischen Armee gelernt hat: „Im Namen Gottes, es lebe das Mutterland der Kolonie!“
Und Frankreich finanziert tatsächlich die Errichtung wirtschaftlicher Infrastrukturen in seiner armen ehemaligen Kolonie. François Giscard d’Estaing ist mittlerweile Präsident der französischen Bank für Entwicklung und Zusammenarbeit und Bokassa rechte Hand Giscards in Afrika. Der französische Präsident sichert im Gegenzug die Finanzierung für jene Unternehmen, die der junge Staat so dringend braucht. Krönender Abschluss der Maßnahmen ist die Thronbesteigungszeremonie Bokassas, an deren Kosten sich der französische Staat mit vier Millionen Francs beteiligt.
Und doch wurden die Militärflugzeuge, die am 20. September 1979 in Bangui landen und den Auftrag haben, Bokassa abzusetzen, auf Befehl des französischen Präsidenten in Marsch gesetzt.
David Dacko hat sich im Juli aus dem Zentralafrikanischen Kaiserreich abgesetzt – angeblich, um sich in Paris wegen seiner Diabeteserkrankung behandeln zu lassen. Dacko, zunächst von Bokassa vertrieben und während der Krönungsfeierlichkeiten, die er organisieren half, wieder in Gnaden aufgenommen, nahm noch in Bangui Kontakt zu einer Gruppe auf, die für Giscard nach einem Nachfolger für den kostspieligen Diktator suchte. Bei einem offiziellen Staatsbesuch bekam der zentralafrikanische Premierminister Henri Maïdou Wind von dem Vorhaben der Franzosen. Am 28. März desselben Jahres erschien in Le Canard enchaîné eine Kurzmeldung, die den Putsch satirisch vorwegnahm. Darin heißt es beinahe hellsichtig: „Das französische Militär erwägt ein Eingreifen in Zentralafrika, wenn Bokassa seinen Platz nicht an Henri Maïdou abtritt.“
Seit Januar 1979, dem Beginn des Schuljahres in Zentralafrika, demonstrieren in den Städten die Schüler und Studenten. Bald schließen sich ihnen immer mehr Protestierende an. Als das Militär zum ersten Mal eingreift, gibt es hundert Tote. Bokassa nimmt die Protestbewegung an die Kandare – mit Gewalt. Die Berichterstattung der internationalen Presse allerdings setzt das Regime unter Druck. Wurde Bokassa einst mit Napoleon verglichen, so stellt man ihn jetzt in eine Linie mit Nero. Mobutu, Präsident der Demokratischen Republik Kongo, schlägt vor, eine Kommission einzusetzen, die die Vorwürfe der Menschenrechtsorganisationen gegen Bokassa prüfen soll. Als Bokassa längst nicht mehr Oberhaupt des zentralafrikanischen Staates ist, wird die Zahl der toten Demonstranten mit sechsundzwanzig angegeben. Zumindest wird diese Zahl im Prozess gegen Bokassa genannt.
Giscard stößt ins selbe Horn, als er erklärt, Frankreich werde aus diesem Bericht „seine Schlüsse ziehen“. Kurz darauf sagt er
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