DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
zustimmt.
Jiang Qing ist die Frau des Führers der Revolution und kleidet sich sehr konservativ: perlgraue Hose, passende Tunika, Hemd aus weißer Seide. Wie alle Welt trägt auch sie Plastiksandalen, nur dass die ihren weiß sind. Sie passen zu einem kleinen Plastiktäschchen, von dem sie sich nur selten trennt. Ihre schlichte Kleidung lässt sie größer wirken. Doch dass eine andere Frau sie vielleicht ausstechen könnte, ist natürlich inakzeptabel. Wenn eine Frau aus dem Westen mit hohen Absätzen neben ihr steht, mokiert sie sich laut über deren Schuhe. Guangmei hat wirklich den Bogen überspannt.
Liu Shaoqi und Guangmei werden zu Hausarrest verurteilt. Eines Abends läutet das Telefon. Guangmei nimmt ab. Ihre Tochter Tingting macht unter Tränen eine schreckliche Mitteilung: Ihre Schwester Pingping hatte einen Autounfall. Das Paar eilt sofort ins Krankenhaus. Doch das Ganze war eine Falle. Dort warten die Roten Garden, die Erfüllungsgehilfen Jiangs. Guangmei ist „in revolutionärer Haft“. Die ganze Nacht über werden ihr ihre Verbrechen vorgelesen, wieder und immer wieder. Jiang erhält jede Stunde einen Lagebericht.
Dann zwingt man Guangmei, über ihren wattierten Anzug eine klassische Seidenrobe zu ziehen, die ihr jedoch zu klein ist. In diesem Aufzug soll sie mit Sukarno geflirtet haben. Dann zieht man ihr eine Kapuze über:
Staatsanwalt: „Sie werden diese Robe anziehen.“
Wang: „Ich weigere mich.“
Staatsanwalt: „Sie haben keine Wahl.“
Wang: „Dieses Gewand wurde getragen, wenn Staatsgäste kamen.“
Staatsanwalt: „Staatsgäste? Sie sind es, die hier und heute angeklagt ist.“
Wang: „Ich weigere mich, dieses Gewand zu tragen. Es schickt sich nicht.“
Staatsanwalt: „Warum haben Sie es dann in Indonesien getragen?“
Wang: „Damals war es Sommer. […] Ich werde das Kleid nicht anziehen, so oft Sie es mir auch befehlen mögen.“
Staatsanwalt: „Ich wiederhole: Sie sind es, die hier und heute angeklagt ist. Und wenn Sie nicht ehrlich zu uns sind, dann aufgepasst!“
Wang: „Und wenn schon, dann sterbe ich eben.“
In die Robe gequetscht, sieht sie aus wie eine Blutwurst. Jiang jubiliert. Dann hängt man eine Kette aus farbigen Tischtennisbällen um ihren Hals – ein Collier eben. Und natürlich zeichnet man alles genau auf, für Mao. Danach wird Guangmei eingesperrt und gefoltert. Erst 1979 kommt sie wieder frei. Liu Shaoqi und einige der Kinder des Paares werden getötet.
Nichts scheint Jiang Qing in ihrer Eifersucht auf Frauen, die sie in den Schatten stellen könnten, Einhalt gebieten zu können. So zettelt die besessene Madame Mao einen Prozess gegen die Frau eines ihrer Ex-Männer an, Yu Qiwei. An einem eisigen Dezembertag des Jahres 1966 wird in der Großen Halle des Volkes eine Frau auf das Podium gestoßen. Ihre Haare sind zerzaust, ein Soldat hält sie an den Armen fest. Jiang Qing genießt das Spektakel. Die Frau heißt Fan Jin und ist Redakteurin der Peking Evening News sowie Referentin des Bürgermeisters. Eines ihrer Verbrechen besteht darin, in vormaoistischer Zeit Anfang der Sechzigerjahre ein Gedicht veröffentlicht zu haben, das von Wolken und Regen spricht. In der chinesischen Dichtung aber sind dies häufig gebrauchte Bilder für sexuelle Beziehungen. Im übertragenen Sinne könnte man das Gedicht also so deuten, dass Jiang eine Nutte ist, die sich in Maos Bett gelegt hat.
Das zweite Verbrechen, das man Fan Jin zur Last legt, dürfte den wenigsten bekannt sein, ist aber in Jiang Qings Augen absolut unverzeihlich: Fan Jin ist ihre Nachfolgerin in den Armen Yu Qiweis. Empfand sie immer noch etwas für ihn? Oder ist es nur reine Eifersucht und Besitzgier? Fan Jin jedenfalls war ihm treu, bis er 1958 starb. Später heiratete sie einen Offizier der Luftwaffe. Diesen zwingt man, sich von ihr scheiden zu lassen, als Fan Jin eingesperrt wird. Sie redet und kurz darauf stirbt sie.
Im neuen kommunistischen Staat werden die Launen Jiang Qings Gesetz.
1969 werden die Leute aus Maos unmittelbarer Umgebung aus dem Weg geräumt, seine Frau ist fortan einziger Zerberus an seiner Seite. Sie übt jetzt keinerlei offizielle Funktion mehr aus. Glücklicherweise aber erlaubt ihre Stellung ihr Vergnügungen, die dem einfachen Volk verwehrt sind: Sie verbringt viel Zeit damit, mit ihren Haustieren zu spielen – darunter ein Affe – und geht im Park von Beihai, mitten in Peking, reiten. An den Abenden sieht sie sich ausländische Filme an.
Ihr Lebensstil ist
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