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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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stattdessen den Kvarstavägen entlang, parkte so nah an ihrem Ziel wie möglich, durchquerte das kleine Gehölz neben dem angrenzenden Wohngebiet und stieß direkt auf die Schrebergärten. Sie glichen eher einem Ferienhauspark als einer Kleingartenanlage. Keine Geräteschuppen in einer Ecke des Grundstücks, sondern Häuser mit mindestens zwanzig Quadratmetern. Die Gärten waren gepflegt, und es standen Sommermöbel, Grills, Hollywoodschaukeln und andere Annehmlichkeiten darin, die man nutzen konnte, wenn man nicht gerade mit seinen Pflanzen beschäftigt war. Vanja selbst hatte keinerlei Bedürfnis, mit Natur näher in Berührung zu kommen, jedenfalls nicht auf diese Weise, säen, jäten, graben, lichten – all das war nichts für sie. Es gelang ihr gerade mal mit Mühe und Not, ihre Topfpflanzen am Leben zu halten. Aber zu dieser Jahreszeit war es wirklich schön hier. Überall grünte und blühte es, und hinter jedem Zaun summten Bienen und Hummeln.
    Vanja ging den knirschenden Kiesweg entlang, der zu einem nahe gelegenen See führte, während sie die Umgebung mit ihrem Blick absuchte. Dies schien nicht unbedingt eine Gegend zu sein, in der man gescheiterte, alkoholisierte Existenzen duldete, die umhertorkelten und das Idyll störten. Hatte man sie unten auf dem Marktplatz um einen Hunderter betrogen? Vanja gelangte ans Ende der Gartenkolonie und wollte gerade umkehren, als sie sie entdeckte. Mehrere Leute auf einer Bank, die neben dem asphaltierten Fußweg am Waldrand stand. Um sie herum auf dem Boden standen die lila Tüten vom Systembolaget, gut gefüllt mit Weinkartons und Bierdosen. Es war ein größeres Grüppchen von acht bis zehn Personen. Diesmal mit zwei Hunden. Vanja lief mit schnellen Schritten auf sie zu. Als sie näher kam, sah sie, dass ein Mann und eine Frau, die etwas abseits standen, Äpfel aßen, die sie vermutlich aus irgendeinem nahe gelegenen Garten gestohlen hatten. Vanja ging auf sie zu, holte das Foto aus der Tasche und kam sofort auf den Punkt: «Ich suche José Rodriguez, haben Sie ihn gesehen?»
    «Das bin ich.»
    Vanja wandte sich nach rechts und war gezwungen, nach unten zu sehen, um direkt in das Gesicht des Mannes zu blicken, der auf dem Foto abgebildet war. Sie spürte, wie sie unmittelbar von einer großen Müdigkeit gepackt wurde. Von Müdigkeit und Wut. Das konnte doch verdammt noch mal nicht wahr sein!
    «Sitzen Sie schon länger in diesem Ding?»
    «Warum?»
    «Ja oder nein?»
    «Ich wurde vor einiger Zeit von einem Auto angefahren …»
    Vanja seufzte laut und blieb kurz stehen, um wieder zu Kräften zu kommen, ehe sie sich schließlich umdrehte und davonging.
    «Was denn? Worum geht es denn?», brüllte ihr der Mann hinterher. Doch Vanja machte nur eine abwehrende Handbewegung, ohne sich umzusehen, und setzte ihren Weg fort. Sie nahm ihr Telefon und drückte die Kurzwahl für Torkel. Besetzt. Also rief sei Ursula an.

U rsula stand im Pausenraum und starrte mit leerem Blick auf eine Portion Fischgratin, die sich in einer der Mikrowellen drehte. Spätes Mittagessen. Oder frühes Abendbrot. Damit sie sagen konnte, sie hätte schon gegessen, wenn Micke anrief. Aus irgendeinem Grund drückte sie sich davor, nach Hause zu gehen.
    Zu Micke.
    Zu einem weiteren Abend in ihrem verlogenen Familienleben.
    Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ihr Handy klingelte, das sie neben einem Glas Wasser und ihrem Besteck auf dem Tisch abgelegt hatte. Sie verließ ihren Platz an der Mikrowelle und durchquerte den Raum, an dessen Gestaltung hart gearbeitet worden war, um ihn weniger unpersönlich und steril erscheinen zu lassen. Auf jedem der sechs länglichen Tische lag eine rot karierte Decke, passend zu den Gardinen und den Webbildern an den Wänden. Die weißen Plastikstühle waren mit Kissen bestückt, und ringsherum an der Wand verlief eine mit Schablonen gemalte Blumenbordüre. Dasselbe florale Muster fand sich auch an einigen Schranktüren und Elektrogeräten wieder. Die starken Neonröhren an der Decke waren durch Lampen über jedem Tisch und andere punktuelle Lichtquellen ersetzt worden. Drei lange Blumenkästen auf Stahlbeinen mit Grünpflanzen und ein Aquarium neben dem Eingang sollten dazu beitragen, dass hier «nicht nur einen Ort zum Essen, sondern auch Raum für ein wenig Harmonie und Erholung» zu finden sei, wie es nach der Renovierung in der Mitarbeiterzeitschrift geheißen hatte. Wie viel mochte diese Formulierung gekostet haben? Ursula fühlte sich weder besonders

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