Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
antworten. Was konnte Hinde nur damit meinen? Was wollte er mit Vanja Lithner? Was hatte er mit den Sachen vor, die Haraldsson ihm gegeben hatte? Fragen über Fragen. Zu viele Fragen, um sich jetzt auf «Lövhaga 2014. Visionen und Ziele» zu konzentrieren.
Er beschloss, seine Gleitzeit erneut zu nutzen und nach Hause zu fahren. Zu Jenny.
S ebastian wachte gegen fünf Uhr auf. Er hatte besser geschlafen, als gedacht. Der Traum hatte ihn wie immer aufgeweckt, aber seine Wirkung war nicht ganz so verheerend wie sonst. Er entspannte seine rechte Hand und streckte sich vorsichtig. Sie lag neben ihm.
Leise stieg er aus dem Bett, schlüpfte in seine Boxershorts und ging in den Flur, um zu sehen, ob die Zeitung schon im Briefschlitz steckte. Die Türen zu den anderen Zimmern waren weit aufgerissen. So, wie Ellinor sie hinterlassen hatte. Mit einem gewissen Widerwillen machte er sich daran, sie wieder zu schließen. Es war wirklich eine schöne Wohnung, wenn man sie mit anderen Augen sah. Ihren Augen. Insbesondere, wenn die tiefstehende Morgensonne durch die großen Fenster hereinfiel. Doch die offenen Türen und die Zimmer dahinter gehörten einem anderen Leben an, an das er nicht erinnert werden wollte. Dass Ellinor sich hineingedrängt hatte, war Veränderung genug. Der Rest seines Lebens sollte unangetastet und intakt bleiben.
Gestern Abend hatten sie über alles Mögliche geredet, er und Ellinor. In der Küche. Sie hatte von ihrem Exmann Harald erzählt, der eines Tages nach Hause gekommen war und sich hatte scheiden lassen wollen. Einfach so. Er hatte eine Andere kennengelernt. Das war für Ellinor offenbar sehr schmerzhaft gewesen. Sie hätte begonnen, an sich selbst zu zweifeln, erzählte sie. Inzwischen war das schon einige Jahre her. Eine Zeitlang hätte sie versucht, über das Internet jemanden kennenzulernen, aber nicht den passenden Mann gefunden. Es sei einfach schwierig. Aber wie sei das eigentlich mit ihm? Warum war er allein? Sebastian war wortkarg, aber erfolgreich ausgewichen. Während sie mit ihrem Kaffee in der Küche saßen, hatte er meistens ihr das Wort überlassen und sich ihre Platituden und taschenpsychologischen Analysen zum Thema Beziehung und Zusammenleben angehört. Merkwürdigerweise verabscheute er ihr Geschwätz nicht so sehr, wie er es normalerweise getan hätte. Wahrscheinlich war er nach allem, was passiert war, einfach nur schwach und in schlechter Verfassung, aber wie er es auch drehte und wendete, so kam er immer wieder zum selben Schluss.
Es gefiel ihm, sie bei sich zu haben.
Sie lachte häufig, hielt ein alltägliches und ungezwungenes Gespräch in Gang und hörte nicht zu genau hin, was er sagte. Es war merkwürdig, jemandem zu begegnen, bei dem seine Sticheleien überhaupt nicht wirkten. Dadurch hatte er weniger Bedarf, sie fortzusetzen. Ellinor war unterhaltsam und brachte Alltag und Alltäglichkeit in sein Leben. Er war sich zwar nicht sicher, ob er das wirklich haben wollte, aber es war ein willkommener Kontrast. Etwas Neues.
Er legte die Zeitung auf den Küchentisch, nahm das Telefon und versuchte Trolle zu erreichen, der immer noch nicht reagierte. Seine Unruhe kehrte zurück. Was war geschehen? Warum antwortete er nicht? Es musste etwas passiert sein. Plötzlich spürte er das merkwürdige Verlangen, wieder mit Ellinor ins Bett zu schlüpfen. Die Wirklichkeit erneut zu vertagen. Auf alles zu pfeifen. Mit einem Mal begriff er, was sie für ihn war. Sie war jemand, mit dem er schmusen konnte, wenn das Leben hart zu ihm war. Eine, die sich immer freuen würde, ihn zu sehen. Die alle Gemeinheiten einfach wieder vergaß.
Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen, warum er Lily gegenüber kein schlechtes Gewissen zu haben brauchte.
Ellinor war wie ein Haustier.
Manche Leute schafften sich einen Hund an – ihm war Ellinor Bergkvist zugelaufen.
Mit seiner Definition ihrer Beziehung zufrieden, kochte er Kaffee und las die Zeitung. Er ging zum 7-Eleven an der nächsten Ecke und kaufte für sie beide Frühstück und für Ellinor Mittagessen ein. Er wollte nicht, dass sie nach draußen ging, sicherheitshalber sollte sie die Wohnung nicht verlassen.
Sie war wach und saß in seinem Hemd in der Küche, als er nach Hause kam. Natürlich interpretierte sie seinen Einsatz als Geste der Zuneigung.
«Oh, hast du uns etwa Frühstück eingekauft? Wie goldig du bist!»
Er fing an, das Essen auszupacken. «Ich möchte nicht, dass du rausgehst. Du musst in der Wohnung
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