Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
er fest, als Hinde die Beine vom Bett nahm und sich nach vorn beugte.
«Das ist ja wunderbar, denn es gibt da auch ein paar Sachen, die ich gern hätte.» Edward lächelte entwaffnend und breitete die Arme aus. «Win-win!»
«Ja», sagte Haraldsson und lächelte zurück, überzeugt, dass er derjenige war, der am meisten zu gewinnen hatte. Worin Hinde ihm sogar zugestimmt hätte, denn er wusste, dass Haraldsson auf der anderen Seite auch am meisten zu verlieren hatte.
Zwei Dinge. Zwei Dinge wollte Hinde haben, wie sich herausstellte. Keines der beiden hatte Haraldsson dabei. Er konnte sie nicht einmal in Lövhaga beschaffen, jedenfalls nicht, ohne viele unangenehme Fragen über sich ergehen lassen zu müssen. Also hatte er die Zelle verlassen, war zu seinem Büro zurückgegangen und hatte Annika Bescheid gegeben, dass er für eine Weile weg sein würde, woraufhin er mit seinem Auto in das kleine Stadtzentrum gefahren war.
Zwei Dinge. Zwei schnelle Ladenbesuche. Als er wieder zurück nach Lövhaga fuhr, schielte Haraldsson zu seinen Einkäufen auf dem Rücksitz und versuchte zu ergründen, was Hinde damit vorhatte. Er grübelte auch darüber, ob es unethisch oder falsch war, sie ihm zu geben, und entschied, dass dem nicht so war. Das eine war ein rezeptfreies Arzneimittel, das andere Gemüse. Möglicherweise Knollengewächse, bei der Gattung war Haraldsson sich nicht ganz sicher.
Thomas Haraldsson bog auf seinen privaten Parkplatz ein, nahm die Tüten aus dem Auto und lief direkt zum Hochsicherheitstrakt. Er hatte das Gefühl, nur wenige Minuten von der großen Entscheidung entfernt zu sein, und hatte sich genau überlegt, was er Hinde fragen würde. Zwei Fragen würde er heute stellen dürfen, wenn er Hinde richtig verstanden hatte. Das sollte genügen.
Die Wärter öffneten die Türen zum Sicherheitstrakt, und einer von ihnen begleitete ihn zu Hindes Zelle. Haraldsson hatte die beiden Tüten unter seine dünne Jacke gesteckt, er wollte keine unnötigen Fragen darüber provozieren, was er dem verurteilten Serienmörder mitbrachte.
Hinde saß noch genauso auf dem Bett, wie Haraldsson ihn verlassen hatte. Er wartete, bis die Türen ordentlich verschlossen waren, ehe er das Schweigen brach.
«Haben Sie alles bekommen?»
Haraldsson zog die Tüten unter seiner Jacke hervor und steckte die Hand in eine. Er ging die letzten Schritte auf das Bett zu und stellte langsam, geradezu dramatisch, das Einweckglas von Ica auf Hindes Nachttisch. Hinde warf einen schnellen Blick auf die Verpackung und nickte.
«Was wollten Sie fragen?»
«Wissen Sie, wer diese vier Frauen umgebracht hat?»
«Ja.»
«Wer?»
Hinde schloss die Augen und atmete tief ein. Er versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. Wie konnte das möglich sein? Haraldsson hatte doch ausreichend Zeit gehabt, um sich auf dieses Treffen vorzubereiten. Er hätte die Gelegenheit gehabt, seine Fragestellung so gewinnbringend wie möglich zu gestalten. Warum lautete seine erste Frage dann nicht: «Wer hat die vier Frauen umgebracht?» Hinde kannte die Antwort. Der neue Anstaltsleiter bestätigte Hindes Vorurteile über den Strafvollzug. Er zog nicht gerade die brillantesten Denker an. Jedenfalls waren sie nicht unter denen zu finden, die dieses Gebäude am Abend wieder verlassen durften. Hinde seufzte leicht. Die Sache war viel zu einfach. Die Herausforderung gleich null. Wie langweilig.
«‹Wer›, ist eine neue Frage», sagte Hinde geradezu überdeutlich.
Haraldsson fluchte vor sich hin. Es lief nicht nach seinem Plan. Die erste Frage hätte ihm einen Namen liefern sollen und die zweite einen Ort, an dem die Polizei – nachdem Haraldsson ihnen den Tipp gegeben hatte – den Mörder finden würde. Er war zu eifrig gewesen. Jetzt würde er nur einen Namen erfahren. Doch auch das reichte im Grunde. Es war mehr, als die Reichsmordkommission hatte. Es wäre immer noch eine ganz entscheidende Information. Und immer noch wäre er derjenige, der den Fall gelöst hätte.
Haraldsson holte die Apothekentüte hervor. Er wusste nicht viel darüber, was sich in der Flasche befand. Hatte das Medikament nie selbst eingenommen. Es klang irgendwie widerlich. Er zögerte einen Moment lang, die Verpackung in der Hand. Es war ein ähnliches Gefühl wie damals, als er Hinde das Foto von Jenny übergeben hatte. Eine nagende Unruhe, dass er möglicherweise einen Fehler beging. Haraldsson traf einen schnellen Entschluss und warf Hinde die Flasche zu.
«Wer tötet
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