Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
gemütlichen Waldspaziergang zu machen? Also musste er in der Nähe sein. Obwohl er dann wahrscheinlich die Sirenen gehört haben dürfte. Und das Blaulicht gesehen. Typisch. Nur zweihundert Meter vor der E55. Dort hätte Kenneth sich irgendwie vorbeizwängen können, aber auf dieser beschissenen kleinen Straße war es unmöglich. Auf der einen Seite des Saabs stand ein Drahtzaun, auf der anderen lag ein tiefer Graben. Kenneth hupte erneut.
Der Mann, der ihm in der Führerkabine Gesellschaft leistete, wirkte nervös. Er sah sich die ganze Zeit um und hatte die Hand auf irgendeine Elektroschockwaffe gelegt, die er im Gürtel trug.
«Was ist hier los?», fragte Kenneth.
«Ich weiß es nicht. Können Sie zurückfahren?»
Kenneth zuckte mit den Schultern und legte den Rückwärtsgang ein. Er sah, wie der Mann neben ihm sein Walkie-Talkie nahm und es an den Mund hob.
Dann explodierte die Welt um sie herum.
Hinten im Krankenwagen waren neben den Sirenen zwei Schüsse und das Geräusch von Glas zu hören, das zerschlagen wurde. Es schien alles auf einmal zu passieren. Ein Schatten flog an der gefrosteten Glasscheibe vorbei in die Führerkabine, und eine dunkle Flüssigkeit spritzte dagegen. Der Wachmann, der neben Edward gesessen hatte, sprang auf. Fatima schrie, verschränkte die Hände im Nacken, presste ihre Unterarme gegen die Ohren und beugte sich vor. Kriegstraumata, dachte Hinde für sich, als er ihre Reaktion sah. Er selbst lag nur da und beobachtete das Chaos, das innerhalb weniger Sekunden ausgebrochen war. Kurz darauf hörte man drei dumpfe Schläge gegen das Wagenblech.
«Was ist hier los?», schrie Fatima.
Der Aufseher hielt seine Elektroschockpistole in der Hand, wusste aber nicht, auf wen er sie richten sollte. Edward lag vollkommen ruhig da. Er wollte keine Aufmerksamkeit erregen. Nun war er schon so weit gekommen, da konnte er nicht riskieren, dass ein Gefängniswärter mit dünnen Nerven auf dumme Ideen kam.
Plötzlich verstummten die Sirenen. Statt des konstanten Lärms im Hintergrund war es auf einmal vollkommen still. Beunruhigend still. Der Aufseher stand reglos da, bewegte lediglich seinen Kopf. Lauschte. Draußen war nichts zu hören. Fatima richtete sich auf und sah schockiert den Wachmann an.
«Was ist hier los?», flüsterte sie.
«Anscheinend versucht jemand, ihn zu befreien», antwortete der.
Fast wie zur Bestätigung wurde die Hintertür aufgerissen, und zwei weitere Schüsse wurden abgefeuert und trafen den Wärter. Die erste Kugel durchschlug seine Weichteile unter den Rippen, trat durch den Rücken aus und zertrümmerte die gefrostete Scheibe. Die andere landete direkt in seinem Brustbein. Er sackte zusammen. Fatima schrie.
Roland Johansson riss auch die andere Tür auf, wodurch sie für ihn sichtbar wurde, und richtete seine Waffe auf sie.
«Nein», sagte Edward nur.
Roland senkte die Pistole und stieg in das enge Wageninnere. Durch den riesigen Mann schien es noch mehr zu schrumpfen. Schweigend löste er die Riemen und befreite Edward, der sich auf der Bahre aufsetzte. Am liebsten wäre er einfach hinausgesprungen. Davongerannt. Er musste all seine Willenskraft aufbringen, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Jetzt war er so nah dran.
Sein Blick fiel nach oben auf den Tropf. Er streckte sich nach dem Beutel und hakte ihn von dem Gestell los. «Den hier nehme ich mit.»
Keine Reaktion. Fatima stand unter Schock. Sie heulte tonlos und wiegte sich vor und zurück. Ihr Blick war starr. Roland streckte den Arm aus und stützte Edward, als er von der Bahre und aus dem Auto stieg. Die kleine Vorführung im Gefängnis hatte ihn mehr geschwächt, als er gedacht hatte. Langsam gingen sie um den Krankenwagen herum und blieben an der Längsseite stehen.
«Kommst du alleine klar?»
«Ja. Danke.»
Edward lehnte sich gegen den Wagen. Roland klopfte ihm auf die Schulter und ließ ihn stehen, um nach vorn zu gehen und die Beifahrertür zu öffnen. Ohne erkennbare Anstrengung hob er den Gefängnisaufseher heraus, der reglos auf dem Sitz zusammengesunken war. Edward registrierte blutende Wunden am Hals direkt unter dem Kiefer und unter dem Schlüsselbein, als Roland den Mann an ihm vorbei in Richtung Hintertür schleifte. Er war noch am Leben, aber wohl nicht mehr lange. Edward hörte Fatima erneut schreien, als Roland den sterbenden Aufseher hinten in den Wagen warf. Er schloss die Augen.
Anschließend ging Roland zur anderen Seite der Fahrerkabine. Als er den Wärter erschossen hatte,
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