Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
Vom Netzwerk:
existenten Vermögen her ist?«
    »Nein, ich habe Angst, dass er nicht gut genug für meine Mutter ist.«
    »Warten wir es ab. Wir müssen erst noch ein paar Gespräche führen. Wenn der Zeitpunkt stimmt und es sich auch stimmig anfühlt, lasse ich ihn einfliegen und vor dir zum Zwecke der Inspektion und Zustimmung entlangparadieren. Oder ich fliege euch alle nach Melbourne, damit ihr ihn in seinem natürlichen Habitat betrachten könnt.«
    »Ich habe heute einen furchtbaren Schrecken bekommen, Lola. Als Kay mich angerufen hat.«
    »Stand ich bei ihr schon auf der Schwelle des Todes?« Als Jim nickte, lächelte Lola. »Sie kamen mir alle ein wenig erregbar vor. Da war wohl zu viel Sherry in den Weihnachtstrüffeln. Aber ich bin noch weit von der Schwelle des Todes entfernt, Jim, das hoffe ich zumindest. Und du auch, hoffe ich noch viel mehr. Also, lass uns fröhlich sein, mit Wein und Liedern durch das Leben gehen, und, ja, lass uns allmählich an ein besonderes Ereignis denken, das da vor uns liegt. In – ich will nur rasch auf den Kalender sehen – genau sechs Tagen.«
    »Ein besonderes Ereignis?«
    »Besonderer Gast wäre wohl der präzisere Ausdruck. Ich denke, wir bereiten Zimmer neun vor. Oder vielleicht Nummer sieben. Da ist schönes Morgenlicht, oder? Doch es drängt nicht. Du und Geraldine, ihr müsst erst wieder fahren und euren Urlaub beenden. Und einen neuen Ort zum Leben finden. So wie ich. Das wird ein ziemlich betriebsames Jahresende, oder?«
    »Lola, wovon redest du denn jetzt schon wieder? Besonderer Gast? Du hast doch eben noch gesagt, Alex kommt nicht!«
    »Tut er auch nicht. Das ist viel zu früh, für ihn wie auch für mich. Darling, hörst du mir denn überhaupt nicht zu? Dieses ist ein sehr, sehr besonderer Gast. Eine Zwölfjährige aus einem fernen Land, die mit uns Silvester feiern wird.« Sie lächelte, als bei Jim sichtbar der Groschen fiel. »Ja, Jim. Ellen.«
    Dann erzählte ihm Lola, was alles bei Ellen und Glenn in Hongkong vorgefallen war. Im Anschluss beharrte Jim darauf, den ganzen Urlaub abzusagen. Er sollte Lola allein lassen? Wer weiß, was sie als Nächstes anstellte!
    Lola beharrte darauf, dass er fuhr. Sie einigten sich auf einen Kompromiss. Jim und Geraldine würden über Nacht bleiben, und wenn Lola am nächsten Morgen in ausreichend guter Verfassung wäre, würden sie den Urlaub fortsetzen. Jim hatte Sorge, dass das viele Adrenalin für ihre gute Stimmung verantwortlich war. Und dass Lola, sobald sie zur Ruhe käme, ihr alles bewusst würde, zusammenbrechen würde.
    »Du hast wirklich kein Vertrauen in die regenerativen Kräfte eines guten Gin Tonic, oder, Jim?«, sagte Lola, während er ihr einen mixte.
    »Lola, du musst vor mir nicht die Lustige spielen. Ich weiß, dass das ein Tag voller Angst gewesen sein muss.«
    »Ja, das war es, doch die Angst ist nun vorbei. Danke, Darling, dass du zu meiner Rettung herbeigeeilt bist, auch wenn die Rettung schon erfolgt war. Ich werde heute Nacht, in dem Wissen, dass du da bist, sehr gut schlafen. Morgen aber nicht. Morgen will ich dich hier nicht mehr sehen.«
    Sie wartete, bis er das Zimmer verlassen hatte, dann legte sie sich wieder hin und schloss die Augen. Sie hatte an ihrem Drink noch nicht einmal genippt. Es dauerte nicht eine Minute, da flossen die Tränen, die sie den ganzen Tag lang zurückgehalten hatte.
    Sie stellte das Radio laut, um ihr Weinen zu übertönen. Die Tränen strömten ungehindert. Was für ein entsetzlicher, entsetzlicher Tag. Sie hatte noch niemals solche Angst gehabt. Sie hatte wirklich geglaubt, dass ihre Zeit gekommen wäre, vom ersten Moment an, seit sie die beiden Einbrecher gehört hatte, bis zu dem Augenblick, als Luke und Emily erschienen waren. Sie war noch nicht bereit zu sterben. Sie hatte noch so viel zu tun, so viel zu überdenken, ihrem Sohn, ihren Enkeln, ihren Urenkeln so viel zu erzählen. Falls das Schlimmste eingetreten wäre, falls die beiden Männer sie entdeckt, angegriffen hätten … Bei dem Gedanken zitterte sie erneut. Sie hatte ohnehin eine recht lebhafte Vorstellungskraft, doch in jüngster Zeit hatte sie auch noch so viele Berichte gelesen, wonach ältere Frauen tätlich angegriffen oder auf noch schlimmere Weise überfallen worden waren … Jetzt reicht es, Lola! Es war nichts passiert. Wie durch ein Wunder oder pures Glück war sie unentdeckt geblieben. Und wie durch ein Wunder oder pures Glück war eine Ereigniskette in Gang gesetzt worden, an deren Ende Luke und Emily

Weitere Kostenlose Bücher