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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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der Stuhllehne weiß verfärbt, so fest packte er zu. » Nun, wenn diese angeblichen Pläne, die du hegst, nichts damit zu tun haben sollten, dass du deine Habseligkeiten nach Westmorly Court zurückbringst und noch an diesem Nachmittag deine Abschlussprüfung absolvierst, dann existieren sie nicht. Der Besuch eines Baseballspiels, das kann ich dir versichern, gilt in diesem Haushalt jedenfalls nicht als Plan. «
    » Zurück nach Westmorly? « , protestierte Harlan lautstark, doch seine Stimme hatte einen Hauch Hysterie angenommen. » Aber ich bin immer noch rekonvaleszent, das weißt du doch. Für so etwas ist es viel zu früh. Außerdem bin ich mit der Schule durch. Schätze, ich bin einfach nicht fürs College gemacht. « Er lächelte und trug jetzt die gleiche selbstzufriedene Miene zur Schau, die er an den Tag legte, wenn er beim Bridge unerwartet einen Trumpf ausspielen konnte. Dann faltete er erneut die Hände hinter dem Kopf.
    » Durch! « , rief sein Vater mit ungläubigem Lachen.
    » Wie wär’s denn nun mit diesen Eiern, Doherty? « , wandte sich Harlan an die Haushälterin, die wartend neben ihm stand und nicht allzu erfolgreich versuchte, sich unsichtbar zu machen, während die Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn ihren Lauf nahm.
    » Ich fürchte « , sagte Mrs Doherty mit der ganzen Würde ihres Amtes, » dass Eier heute Nachmittag ein Ding der Unmöglichkeit sind, Sir. «
    » Was? « , rief Harlan entrüstet. » Seit wann denn? «
    » Unglücklicherweise « , fuhr Mrs Doherty fort und schenkte ihrer Stimme dabei einen Hauch von Verzweiflung, » sind heute Nachmittag einfach keine Eier verfügbar, Mister Harlan. «
    » Nun, das wollen wir doch mal sehen. « Harlan sprang mit tief enttäuschter Miene von seinem Stuhl auf, doch ihm wurde von der Haushälterin Einhalt geboten, die ihm nachdrücklich die Hand auf die Schulter legte.
    » Sir « , sagte sie mit fester Stimme und ebensolchem Griff, damit er ihr seine volle Aufmerksamkeit schenkte. » Die Köchin hat unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass es für Sie heute Nachmittag keine Eier geben wird. « Ihre dunklen Augen bohrten sich in ihn, und jetzt endlich begriff Harlan den Hintersinn des Gesagten.
    » Oh « , stammelte er.
    Sie hielt noch einen Moment seine Schulter fest und sah ihm mit mütterlicher Kälte ins Gesicht. Der junge Mann schluckte. So war das also. Betty war eifersüchtig. Als gäbe es nicht genug Dinge, mit denen er sich herumschlagen musste.
    Sein Unmut fand ein rasches Ende, als er hörte, wie sein Vater mit einem lauten Rumpeln seinen Stuhl zurückschob. Bei dem Geräusch machte der Papagei vor Schreck einen kleinen Satz und protestierte mit einem lauten Krächzen, bevor er sich wieder auf dem Rücken des Stuhles niederließ und mit einem glitzernden Auge den Fortgang der Diskussion verfolgte.
    » Auch egal « , sagte Lan Allston. » Ist sowieso keine Zeit mehr. Du musst dich auf den Weg machen. Du fährst nach Cambridge. Du wirst dich mit Benton Derby treffen, der sich bereit erklärt hat, dir einiges von seiner kostbaren Zeit zu schenken. Und du wirst dem, was er dir zu sagen hat, ganz genau zuhören. «
    Während der Patriarch sprach, schritt er um den Esstisch herum, schneller, als Harlan erwartet hatte, schob eine Hand unter Harlans Achselhöhle und zog ihn von seinem Stuhl hoch. Wie immer war Harlan überrascht, wie kräftig sein Vater war. Der Gang des Captains war stets zielgerichtet, doch dabei bewegte er die Beine steif wie eine Marionette, als rechne er nach den vielen Jahren an Deck eines schwankenden Schiffes nach wie vor damit, plötzlich keinen festen Boden mehr unter den Füßen haben. In mancher Hinsicht konnte sich Harlan seinen Vater gar nicht anders vorstellen, als wie den verwitterten und gealterten, ebenso bestimmenden wie bestimmten Mann, der er war. Aber dabei vergaß er oft, dass Lan durchaus noch in einem kräftigen Körper steckte.
    » Ich glaube, da kommt der Wagen « , sagte Lan ihm in einem Ton zwingender Freundlichkeit ins Ohr . » Dann holst du jetzt besser deinen Mantel und deinen Hut. Du willst doch Professor Derby nicht warten lassen. «
    Harley verzog das Gesicht und überlegte kurz, ob er sich aus dem Griff seines Vaters befreien sollte. Doch er entschied sich dagegen. Er war kein Kind mehr. Was schadete es schon, Benton zu besuchen? Was würde der Professor denn überhaupt wollen? Er würde hinfahren, würde sich anhören, was er zu sagen hatte, sein Vater würde zufrieden sein,

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