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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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für das Beste, dass Eulah nicht den Versuch unternahm, allzu sehr wie eine Französin zu wirken, zumindest nicht, bis sie von ihrer Reise zurück waren, und war deshalb auch froh, als sie sah, dass Eulahs Taille zwar leicht nach oben verschoben war, jedoch immer noch mit einer Satinschärpe in leuchtendem Zinnoberrot gegürtet war – Überbleibsel eines der Debütantinnenkleider, die Eulah im vergangenen Winter getragen hatte. Das wiederverwendete Satinstück war mit einem schmalen Streifen Kreppseide eingefasst, mit Spitze drapiert und schmiegte sich überaus vorteilhaft an das Mieder des Kleides, welches zwar für Helens Geschmack etwas zu tief ausgeschnitten war, dafür jedoch die Gemme von Eulahs Großmutter besonders schön zur Geltung brachte. Alles in allem kam Helen zu dem Schluss, dass die Monate in Italien und Frankreich bei ihrer Tochter Wunder gewirkt hatten. Eulah hatte Boston als frisches, lebhaftes Mädchen verlassen, und obwohl sie nichts von ihrem jugendlichen Elan verloren hatte, war da ein vornehmer Glanz hinzugekommen, der gewiss auf den Genuss von edlen Kunstwerken, von Opernaufführungen und den feinen Gerüchen in modischen Restaurants zurückzuführen war.
    Einen melancholischen Moment lang ließ Helen den Blick über ihre eigene Robe schweifen, ein Abendkleid, das schon bessere Zeiten gesehen hatte, jedoch durchaus noch seinen Zweck erfüllte. Es war aus marineblauem Taft, schulterfrei, mit schwarzen Perlen bestickt und mit einer blassblauen Schärpe umschlungen. Jetzt wünschte sie, sie hätte es doch für eine Auffrischung in Madame Planchettes Atelier gebracht und wenigstens kürzen lassen, damit es nicht über den Boden schleifte. Immer wieder blieben ihre flachen Abendschuhe in den Seidenfalten hängen, und sie musste auf dem gewienerten Boden Halt suchen. Helen runzelte die Stirn und dachte einen Moment lang voller Wehmut an ihr Alter, während ihre Hand zu dem Kropfband aus Zuchtperlen emporwanderte, das sich in die zarte Vertiefung unterhalb ihrer Kehle schmiegte.
    Natürlich hatte Eulah ihren Liebreiz ihrer Mutter zu verdanken, und Helen konnte durchaus mit Stolz vermerken, dass sie sich selbst gut gehalten hatte. Nur wenige, ganz feine Fältchen lagen um ihre Mundwinkel, ihre Augen blickten so klar wie eh und je, und die Lorgnette, die sie mittels einer goldenen Kette an ihrer Taille trug, benötigte sie höchstens zum Lesen von Speisekarten. Die Farbe, mit der sie ihr Haar tönte, war überaus klug gewählt – nicht einmal Eulah ahnte, dass Helen bei ihrem üppigen dunklen Haar, das heute in einem eleganten Tuff auf der Krone ihres Kopfes zusammengefasst war, der Natur etwas nachgeholfen hatte. Zudem schmeichelte das Marineblau ihres Kleides Helens Haut, die bei dem schummrigen elektrischen Licht wie Perlen schimmerte. Zwar hätte sie vom ästhetischen Standpunkt aus Gaslicht bevorzugt, doch vermutlich wollte man auf dem Schiff nur mit den allermodernsten Annehmlichkeiten aufwarten. Lan wäre sicher nicht damit einverstanden gewesen. Beim Gedanken an ihren Gatten verdüsterte sich Helens Gesicht kurz, begann aber fast im selben Moment wieder zu strahlen.
    » Na, wenn das nicht die Damen Allston sind? « , dröhnte die Stimme eines jungen Mannes, und Helen spürte, wie jemand sie am Ellbogen berührte. Als sie sich umwandte, blickte sie in das unbeschwerte Gesicht von Deke Emerson, der in seinem etwas zu engen Abendanzug vor ihr stand, mit Pomade im Haar und runden Apfelbacken, die von den vorabendlichen Vergnügungen der Herren der Schöpfung in der Bibliothek bereits deutlich gerötet waren.
    » Ach, Deckie! « , quietschte Eulah und klatschte in die Hände. » Ich hab mich schon gefragt, ob wir dich treffen würden. Mutter sagt, auf der Passagierliste stehen einige unserer Bekannten, aber bis jetzt haben wir noch niemanden gesehen. Ist es hier nicht wundervoll? «
    » Allerdings. Und das erst recht « , brachte Emerson mit etwas schwerer Zunge hervor, » da ich für das Abendessen zwei so charmante Begleiterinnen gefunden habe. «
    Helen setzte ihr nachsichtigstes Lächeln auf. » Mein lieber Mr Emerson, welche Freude. Wir wären Ihnen überaus dankbar, wenn Sie uns in den Speisesaal begleiten könnten. Zu Tisch sind wir allerdings mit Mrs Widener verabredet. « Sie legte eine besondere Betonung auf den Namen ihrer Tischgenossin und schenkte ihm einen bedeutsamen Blick.
    » Ach! « , sagte Emerson mit einem fügsamen Wackeln seiner Augenbrauen, denn er hatte begriffen. »

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