Die Frauen von der Beacon Street
argwöhnischen Blick und hob den Geschirrturm übertrieben hoch über seinen Kopf hinweg. Ein paar Erdnussschalen lagen um den Stuhl auf dem Boden verteilt.
» Ich kann es nicht glauben, dass du das Tier hier reinlässt, Papa « , sagte Harlan, nahm mit aufreizender Gleichgültigkeit auf dem nächstbesten Stuhl Platz und stützte ein Knie an der Tischkante ab. Er faltete die Hände hinter dem Kopf und ließ den Blick zur Decke schweifen. Währenddessen trug Mrs Doherty schweigend das Lunchbesteck auf und ließ sich ihre Missbilligung deutlich anmerken, ohne ihr allerdings verbal Ausdruck zu verleihen.
Statt zu antworten, streckte Lan Allston einen Finger aus und kraulte den Vogel unter der Schwinge. Die Federn des aufgestörten Tieres spreizten sich zu einem empörten Kranz, Baiji gähnte. Dann setzte der Papagei sein Nickerchen fort, während Lan sein Chronometer aus der Weste zog, sich mit einem Daumen nachdenklich übers Gesicht fuhr und sich schließlich seinem Sohn zuwandte.
» Aha, endlich bist du aus den Federn. Nun, das ist auch gut so. Wir müssen uns nämlich beeilen « , sagte er.
» Hm? « , machte Harlan und versuchte dabei, allerdings ohne Erfolg, Mrs Doherty auf sich aufmerksam zu machen.
Sie entschwand ohne einen Blick zu den Allstons durch die Esszimmertür, die sie schwungvoll mit ihrem Hinterteil aufschob, weil sie beide Hände mit Geschirr beladen hatte.
» Sag « , bemerkte Harlan, » glaubst du, die alte Doherty könnte ein bisschen Speck für mich besorgen? « Er rieb sich mit der Hand über den flachen Bauch, als könnte er die Leckerei wie Aladin mit seiner Lampe herbeizaubern.
Sein Vater blickte ihn finster an und wandte seine Aufmerksamkeit noch einmal dem Zeitmesser in seiner angestammten Tasche zu. » Wie ich bereits sagte, der Wagen für dich ist in zehn Minuten da « , verkündete Lan. » Ob du bis dahin gegessen hast oder nicht, ist unerheblich. Doch ich denke, du solltest noch an deinem Äußeren arbeiten. «
» Wagen? « , wiederholte Harlan, der nur mit halbem Ohr zugehört hatte.
Mrs Doherty tauchte erneut durch die Küchentür auf, in der Hand einen Teller mit aufgeschnittenem Fleisch – Roastbeef vielleicht, das kalt und unappetitlich aussah und bereits einen gräulichen Schimmer hatte – sowie einem enttäuschend kleinen Löffel voll Kraut. Der Teller wurde ohne jedes Aufhebens vor Harlan hingestellt, und die Haushälterin war schon wieder auf dem Rückzug, als Harlan ihr eine Hand auf den Ärmel legte. Sie blieb stehen.
» Jetzt kommen Sie schon, Doherty. Kann mir denn Betty nicht schnell ein paar Streifen Speck in die Pfanne schmeißen? Ich bin völlig ausgehungert « , sagte er, blickte sie dabei flehentlich an und schob in gespieltem Schmollen die Unterlippe vor.
Die Haushälterin zuckte, deutlich aus dem Konzept gebracht, zusammen, sagte dann jedoch: » Ich schaue mal, was sich machen lässt, Mister Harlan. « Sie verschwand abermals in die Küche.
Lan Allston ließ nicht locker. » Der Wagen « , beharrte er, » holt dich zu deinem Termin heute Nachmittag ab. «
» Was für ein Termin denn? Ich habe keinen Termin. Ich gehe zum Spiel der Sox « , erwiderte Harlan und schob mit der Gabel das kalte Fleisch auf dem Teller hin und her. Nein, von diesem Krautzeug würde er nicht satt werden. Vielleicht gab es ja sogar noch ein paar pochierte Eier zum Speck. Das wäre jetzt genau das Richtige.
» Du hast um zwei Uhr eine Verabredung mit Benton Derby am College, und den Wagen habe ich bestellt, um dafür zu sorgen, dass du es pünktlich dorthin schaffst « , teilte ihm sein Vater mit.
» Seit wann das denn? « Harlan legte die Gabel beiseite und verschränkte die Arme. Er warf sich die Haartolle aus der Stirn und reckte forsch das Kinn, um seinem Vater klarzumachen, dass er jetzt erwachsen war und man so nicht mehr über ihn bestimmen konnte.
» Seit ich sie heute Morgen für dich getroffen habe, als du unglaublicherweise immer noch schliefst « , sagte Lan und packte die Lehne seines Stuhls mit beiden Händen.
Mrs Doherty tauchte erneut aus der Küche auf und machte sich zögernd zu Harlan auf den Weg.
» Heute Morgen! « , rief Harlan aus, seine ganze Aufmerksamkeit auf seinen Vater gerichtet. » Nun, das wird warten müssen. Hab schon andere Pläne. Wie ich gesagt habe. «
» Ach, du hast Pläne? « , fragte sein Vater, dessen Blick sich merklich um mehrere Grade abkühlte. Die Falten um seinen Mund waren tiefer geworden und die Knöchel seiner Hände an
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