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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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seltsamen Bilder sie im Kopf hatte.
    » Sibyl, ich frage wegen Edwin. Wissen Sie, Professor Friend war doch diese Woche zu einer Konferenz in Europa unterwegs. «
    » Ach, wirklich? « , fragte Sibyl. Ihre Stimme klang wie aus weiter Ferne in ihren Ohren.
    » Sibyl « , wiederholte Benton und rang um Worte. » Edwin war auf der Lusitania . «

DRITTER TEIL
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INTERLUDIUM
    Nordatlantik, auf hoher See
    14. April 1912
    H elen knetete nervös die Serviette auf ihrem Schoß und richtete sich auf, um die Tanzenden am Ende der Empore zu erkennen. Sie hatte die beiden aus den Augen verloren. Ihr Instinkt sagte ihr, sie solle aufstehen und nach ihnen sehen, doch sie kämpfte dagegen an. Sie durfte sich nicht einmischen. Oder es sich zumindest nicht anmerken lassen. Andererseits war es einfach zu anstrengend, die Kontrolle zu behalten. Wohin waren die beiden nur ausgebüxt? Sie hoffte nur, dass Eulah diesem Widener-Jungen nicht die Ohren abschwatzte. Natürlich hoffte sie ebenso, dass dieser Bücherwurm ihre Tochter nicht zu Tode langweilte. Eulah hatte mit Büchern nicht allzu viel im Sinn. Aber bei Gott, wer hatte das schon?
    Glockenhelles Lachen drang an Helens Ohr, und als sie sich umdrehte, sah sie Eleanor Widener hinter ihrer Serviette kichern. Ihre Augen ruhten auf Helen, doch sie blickten amüsiert und freundlicher als zu Beginn des Essens, als sie an ihrem gemeinsamen Tisch Platz genommen hatten.
    » Ach Helen. « Sie seufzte und ließ die Serviette auf ihren Schoß fallen. » Mutter sein ist schon hart, stimmt’s? «
    Helen seufzte vor Erleichterung, als sie merkte, dass es ein freundliches Lachen war, und griff nach dem Glas Madeira, das an ihrem Platz aufgetaucht war, während sie ihrer Tochter beim Tanzen zuschaute.
    » Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht « , Eleanor beugte sich näher zu ihr, » aber ich hatte es mir nie so schwer vorgestellt. Sie? «
    » Schwer? « , fragte Helen. » Ich finde es eigentlich gar nicht so schwer. «
    » Vielleicht ist schwer auch nicht das richtige Wort « , sagte die andere Frau und stützte das Kinn auf eine papierweiße Hand, die mit Juwelen geschmückt war. Während Eleanor ihren Gedanken nachhing, fiel Helen auf, dass sie die rosigste und zarteste Haut hatte, die sie jemals an einer Frau ihres Alters gesehen hatte. Bei Kerzenlicht sah sie zwanzig Jahre jünger aus, als sie es wahrscheinlich war, und vom Weingenuss glänzten ihre Augen. » George, nach welchem Wort suche ich doch gleich? « , fragte die Dame ihren Ehemann.
    » Hm? « , grunzte der. » Das weiß ich doch nicht. «
    » Männer passen einfach nie auf, stimmt’s « , beschwerte sich Eleanor mit einem Lächeln. » Aber natürlich ist das eigentlich auch gut so. « Dabei wackelte sie mit einem schwer beringten Finger.
    » Ganz im Gegenteil « , erwiderte Helen. » Lan mischt sich bei den Kindern oft ein. Natürlich nur von ferne. Aber das war schon immer so. «
    » Ach, wirklich? « , fragte ihr Gegenüber überrascht.
    » Ja. Die Kinder würden es natürlich anders sehen. Aber sie kennen ihn einfach nicht so wie ich. Er hatte es sich von Anfang an in den Kopf gesetzt, dass wir drei haben sollten. Er hatte sogar schon die Namen ausgesucht. Und er achtet sehr genau darauf, was sie tun, kennt all ihre kleinen Vergehen. Wie ein Mann sich nach außen gibt und wie er tatsächlich ist, das kann ein großer Unterschied sein, nicht wahr? «
    » Hörst du das, George? « , sagte Eleanor mit spöttisch hochgezogener Augenbraue.
    Doch Mr Widener war gerade damit beschäftigt, seine Taschenuhr aufzuziehen, und gab keine Antwort.
    » Er würde es nie zugeben, aber er mag sie sehr gern. Sie wären wahrscheinlich schockiert, wenn sie das hören würden. Sie wissen ja, wie Kinder sind. Manchmal haben sie Angst vor ihren Vätern. Sind von ihnen eingeschüchtert. Aber ich weiß, dass er sie vergöttert « , fuhr Helen mit einem zufriedenen Lächeln fort.
    » Nun, natürlich. Und bestimmt ist Eulah sein Liebling. Sie ist einfach reizend « , stimmte Eleanor ihr zu, und Helen strahlte.
    » Sie ist eine Kanone. So nennt es ihr Vater. Ich persönlich glaube, sie kommt nach mir. « Helen presste in gespielter Bescheidenheit eine Hand an die Brust und klimperte kokett mit den Wimpern. » Aber wissen Sie « , sie senkte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern, » sein eigentlicher Augapfel ist unsere Älteste. «
    » Welche ist das? « , fragte Mrs Widener und nahm noch einen Schluck Wein.
    Das Orchester spielte

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