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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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Es stimmte, dass sie in letzter Zeit kurz angebunden war, wenn Sibyl zu ihr in die Küche kam, um mit ihr den Speiseplan abzusprechen. Früher hatte sich Sibyl gerne in der Küche herumgetrieben, um sich Bettys Schilderungen ihrer Techtelmechtel anzuhören, die für gewöhnlich mit allerlei dramatischen Entwicklungen und Intrigen gewürzt waren. Aber in letzter Zeit war Betty nicht mehr so guter Laune und hatte die Tendenz, die Küchenmädchen anzuschnauzen. Schon allein, um den jungen Dingern Bettys Zorn zu ersparen, hatte sich Sibyl angewöhnt, ihre Unterredungen mit der Köchin auf ein Minimum zu beschränken.
    Gerade wollte sie dies Dovie gegenüber erwähnen, als die beiden vom lautstarken Öffnen der Haustür, gefolgt von schweren Schritten, unterbrochen wurden. Harlan kam in den Salon gestürmt, die widerspenstige Haartolle fiel ihm ins Gesicht. Er war außer Atem, und in seinen Augen funkelte eine Entschlusskraft, die Sibyl an ihrem ansonsten eher teilnahmslosen Bruder noch nie gesehen hatte.
    » Harley! « Dovie drehte sich um und starrte ihn mit offenem Mund an, als sie seine Erregung sah. » Was ist denn passiert? « Sie stand auf und suchte mit einer Hand Halt an der Sessellehne.
    Der Papagei, aufgeschreckt durch den plötzlichen Trubel, krächzte laut, schlug mit den Flügeln und flog mit ausgebreiteten Schwingen zu seinem Hutständer im kleinen Salon zurück.
    » Habt ihr es noch nicht gehört? « , stieß Harlan hervor, lief quer durch das Zimmer und ergriff Dovies Hände.
    » Was denn? « , fragte Sibyl, während Dovie ausrief: » Nein, mein Liebling! Was ist denn passiert? «
    » Die Deutschen. Jetzt gibt es keine Möglichkeit mehr für uns, uns aus dem Krieg herauszuhalten. «
    » Krieg! « , rief Dovie aus und sah verwirrt aus.
    » Was ist denn geschehen, Harlan? « Sibyl gefiel es gar nicht, ihn so zu sehen, so … Sie suchte nach dem richtigen Ausdruck, um Harlans Gemütszustand zu beschreiben, und zuckte innerlich zusammen, als ihr bewusst wurde, dass begeistert das richtige Wort gewesen wäre. Er war aufgeregt. Gespannt. Fast …
    Glücklich.
    » Schaut mal, hier « , sagte er, und seine Augen funkelten vor Erregung, als er die Zeitung unter seinem Arm hervorzog. Er lief zum Wohnzimmertisch, und die drei versammelten sich um ihn herum, während er das Blatt aufschlug, damit sie lesen konnten. Quer auf der ersten Seite prangte eine riesige Schlagzeile, von der Sibyl zunächst nur die Worte SCHRECKEN und SEE entziffern konnte. » Ich sage euch, Wilson ist verrückt, wenn er denkt, wir könnten immer noch neutral bleiben. Die werden schon bald einen ordentlichen Denkzettel bekommen, darauf könnt ihr Gift nehmen. «
    » Aber was … « begann Sibyl, wurde jedoch von einer Männerstimme unterbrochen, die von der Türschwelle aus sprach.
    » Die Lusitania « , verkündete der Mann.
    Harlan, Sibyl und Dovie fuhren wie auf Kommando herum und sahen Benton Derby, der in der Tür zum Wohnzimmer stand, die Hände an den Türstock gepresst. Sein Gesicht war aschfahl. Er sah so aus, als hätte er einen Tritt in den Magen bekommen. » Sie haben das Schiff torpediert. «
    » Torpediert? « , hauchte Sibyl. » Sie meinen, es ist gesunken? «
    » Ja « , bestätigte der Professor. » Am helllichten Tag. «
    » Aber wie … « , hub Dovie an.
    » Wie viele Leute waren an Bord? « , fragte Sibyl. Ihre Stimme klang ganz hohl in ihren Ohren.
    » Eintausendzweihundertdreiundfünfzig « , antwortete Benton. » Das ist wenigstens die Anzahl, von der ich gehört habe. Besatzung weiß ich nicht. « Ein sonderbarer Ausdruck huschte über sein Gesicht, als habe er etwas Wichtiges hinzuzufügen. » Sibyl, da gibt es etwas … « , wollte er mit Nachdruck sagen, doch sie unterbrach ihn, ohne es zu wollen.
    » Großer Gott im Himmel « , flüsterte Sibyl.
    » Nun, Ben « , warf Harlan ein, richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und reckte das Kinn voll männlicher Entschlossenheit. » Sieht so aus, als würden wir bald in den Krieg ziehen. «
    » Wie bitte? « , fragte Dovie und blickte zu ihm empor. Sie kniete neben dem Wohnzimmertisch, die Hand auf der Zeitung.
    » Na, sicher doch « , sagte Harlan mit ganz neuer Entschlossenheit in der Stimme. Er verschränkte die Arme vor der Brust, eine Geste, die ihn gleich viel breiter wirken ließ. Älter. » Denkt doch nur. Ich sehe einfach keine andere Möglichkeit, darauf zu reagieren. Es waren Amerikaner auf dem Schiff. Mindestens einhundert. Das Schiff kam aus New York! So

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