Die Frauen von Savannah
Goodpepper über Lucas Slade gesagt hatte.
Ich kaute an den Fingernägeln und ging vom Fenster zur Küchentheke und wieder zum Fenster.
Das Bügeleisen zischte, als Oletta es aus der Steckdose zog. Sie legte einen Stapel Kopfkissenbezüge in den Wäschekorb und sah mich an. »Was ist los, Kind, hast du Hummeln im Hintern?«
»Nein, aber …« Die Worte klemmten in meiner Kehle. Zum Glück, denn in diesem Moment kam Tante Tootie in die Küche.
»Oletta, haben Sie mein Adressbuch gesehen?«
»Hatten Sie es mit in Raleigh?«
Tante Tootie schlug sich vor die Stirn. »Natürlich. Jetzt weiß ich’s auch, es ist in meiner Handtasche«, sagte sie und ging.
Es war nicht der richtige Moment, um mit Oletta zu sprechen, also ging ich hinaus und setzte mich auf die Verandatreppe.
Später am Nachmittag telefonierte Tante Tootie, und ich folgte Oletta in die Speisekammer. Sie hängte ihre Schürze auf, und als sie nach ihrer Handtasche griff, berührte ich sie am Arm. »Oletta«, flüsterte ich, »ich muss dir was sagen.«
Sie bekam große Augen, als ich ihr erzählte, was Miz Goodpepper gesagt hatte. Ich hatte nicht gewusst, dass Farbige auch blass werden können, aber Olettas Gesicht wurde aschfarben. »Gott sei uns gnädig. Na, dann ist es wohl Zeit, es Miz Tootie zu erzählen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Oletta. Tu das nicht.«
Ziemlich lange standen wir in einem Sonnenklecks am Fenster, bewegten keinen Muskel, sahen uns nur an. Ich nahm ihren Pullover vom Haken an der Tür und legte ihn ihr über den Arm. Sie atmete langsam aus, drehte sich um und ging nach Hause.
Am folgenden Nachmittag holte ich die Post herein und legte sie auf Tante Tooties Schreibtisch. Zwischen den Zeitschriften und Rechnungen war ein Brief von Mrs Odell. Ich setzte mich in den Sessel neben dem Fenster, öffnete ihn und entzifferte langsam ihre kleine Kritzelschrift.
Liebste CeeCee,
ich liebe das Foto von der Seerose, das Du mir geschickt hast. Es steht auf meinem Nachttisch.
Ich sehe es morgens als Erstes und abends als Letztes, bevor ich einschlafe.
Hast Du in Savannah schon neue Freunde gefunden?
Du glaubst gar nicht, wie sehr Deine Briefe und Fotos mir immer den Tag versüßen. Schick bitte mehr, wenn du kannst.
Ich hab Dich lieb,
Mrs O.
Ich nahm den Brief und trottete nach oben, als Tante Tootie gerade hinunterging. »Ich habe einen Brief von Mrs Odell bekommen. Sie mag das Foto von der Seerose.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Tante Tootie und tätschelte mir die Schulter. »Du bist eine gute Fotografin, Liebes.«
»Darf ich in den Forsyth Park rübergehen? Ich würde gerne noch ein paar Bilder machen und sie ihr schicken.«
»Natürlich. Aber bleib nicht zu lange.«
Ich versprach ihr, in einer halben Stunde wieder da zu sein, und ging in mein Zimmer, um Kamera und Sonnenbrille zu holen. Ich wollte auch meinen Hut aufsetzen, und als ich ihn aus dem Schrank zog, kam Miz Hobbs’ BH mit runter. Ich wusste selbst nicht, warum dieser BH mich so faszinierte. Ich setzte mich aufs Bett und betrachtete ihn genau. Er war weiß und so steif, dass die Körbchen dastanden wie zwei kleine Berggipfel.
Ich dachte an das, was Miz Hobbs über meine Haare gesagt hatte, dass sie Miz Goodpeppers Magnolie ermordet und Oletta mit diesem widerlichen Wort bezeichnet hatte – Miz Tooties Nigger. Und je länger ich darüber nachdachte, desto wütender wurde ich. Ich starrte den BH an und fragte mich, wie jemand etwas so Ekelhaftes auch nur denken konnte, geschweige denn, es auch noch aussprechen. Eine tiefe Abscheu überkam mich, und mit ihr eine Idee, die in meinem Gehirn aufblühte wie eine dornige Rose. Wenn Oletta es ihr schon nicht heimzahlen konnte, dann würde ich es tun.
Ich faltete den BH und stopfte ihn mir in die Tasche. Mit dem Hut auf dem Kopf und der Sonnenbrille auf der Nase schnappte ich mir die Kamera und ging hinaus.
An der Ecke Gaston und Whitaker Street lag die Georgia Historical Society ; ein imposantes, würdevolles Gebäude, das einem Respekt vor der Vergangenheit abnötigte. Der perfekte Ort für ein Foto von etwas so Lächerlichem wie Miz Hobbs’ BH .
Ich wartete, bis niemand zu sehen war, warf den BH über das große Bronzeschild vor dem Gebäude und machte ein Foto. Dann stopfte ich ihn mir schnell wieder in die Tasche und verzog mich in den Schatten unter den Bäumen. Als das Bild sich entwickelte, quietschte ich. Es war ein Triumph.
Und so entdeckte ich mein erstes richtiges Hobby – die
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