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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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Beste, ihr aus den Augen zu bleiben, und so verbrachte ich den Großteil des Tages in meinem Zimmer und las. Als ich nachmittags hinunterging, um mir etwas zu trinken zu holen, stand Oletta an der Theke und schnibbelte Zwiebeln.
    Ich stellte mich neben sie und hoffte, sie würde mich ansehen. Tat sie aber nicht. Ich holte tief Luft, nahm allen Mut zusammen und sagte: »Oletta, ich weiß, dass das falsch war. Aber ich … ich war so wütend, als du mir erzählt hast, wie Miz Hobbs dich genannt hat. Ich kann dieses Wort nicht leiden.«
    Sie hörte auf, Zwiebeln zu schneiden, und legte das Messer hin. »Du kannst nicht rumlaufen und versuchen, mit allen quitt zu werden, die dir was getan haben. So lang ist der Tag gar nicht. Außerdem, zweimal falsch gibt nicht richtig. Verstanden?«
    Ich ließ den Kopf hängen und nickte. »Bitte sei mir nicht mehr böse.«
    »Ich bin nicht böse. Ich bin enttäuscht, sonst nichts. Seitdem du hierhergekommen bist, hab ich geglaubt, du bist einer der nettesten jungen Menschen, die ich je gekannt hab. Ich hab gedacht, du kannst gar nichts Gemeines tun.«
    »Es tut mir leid, Oletta. Kannst du mir verzeihen?«
    »Keine Sorge. Ich verzeih dir. Wir machen alle mal was, wo wir nicht gerade stolz drauf sind. So ist der Mensch nun mal.«
    »Dann … dann kriege ich keinen Ärger?«
    Sie runzelte die Stirn und starrte auf mich herab. »Ich hab gesagt, ich verzeih dir. Ich hab nicht gesagt, du kriegst keinen Ärger. Das sind zwei Paar Schuhe. Ärger kriegst du noch.«
    Ich lehnte mich an die Arbeitsfläche und fummelte an einem Knopf an meiner Bluse herum. »Was für welchen denn?«
    Sie nahm das Messer wieder in die Hand und schnitt weiter Zwiebeln. »Das hab ich mir noch nicht überlegt.«
    Ihr Unterton stellte klar, dass unser Gespräch damit beendet war. Ich drückte mich vom Tresen ab und sah auf die Uhr über dem Herd. Es war halb vier. Ich würde zu Staub zerfallen, wenn Oletta um vier Uhr ging und mich zum Abschied nicht in den Arm nahm, wie sonst immer. Also beschloss ich, im Forsyth Park die Vögel füttern zu gehen und außer Sichtweite zu bleiben, bis sie übers Wochenende nach Hause fuhr.
    Ich ging in die Speisekammer und steckte mir ein paar Sonnenblumenkerne für die Vögel in die Tasche, da sah ich Olettas Handtasche am Haken hinter der Tür hängen. Aus einer der Seitentaschen guckte der Umschlag heraus, den ich an Miz Hobbs adressiert hatte. Mir wurde schlecht. Tante Tootie konnte jeden Augenblick zurückkommen, und natürlich würde Oletta ihn ihr geben. Der Umschlag war nicht verschlossen, und ich steckte verstohlen die Finger hinein und tastete nach dem Foto und dem Brief. Sie waren noch drin. Ich war verloren. Ich hatte nicht nur meine beste Freundin verloren, ich würde es mir auch noch in einem Riesenkrach mit Tante Tootie verscherzen.
    Ich schlüpfte aus dem Haus und ging zum Park.
    Dort saß ich auf einer Bank und warf einer Meise Sonnenblumenkerne zu, als zwei Mädchen auf Fahrrädern auf mich zukamen. Eine trug einen weichen Strohhut, die andere eine pinkfarbene Schirmmütze. Beide fuhren einhändig und leckten dabei ein Eis in der Waffel. Die reinsten Bilderbuchschönheiten. Sie hatten bestimmt in ihrem ganzen Leben noch keine einzige Sorge gehabt. Sie hatten den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als sich zu amüsieren, Eis zu essen und süße kleine Pfirsiche mit Sahne zu sein. Ich schaute weg, als sie lachend und mit wirbelnden Speichen an mir vorbeifuhren.
    Nachdem ich die restlichen Sonnenblumenkerne ins Gras geworfen hatte, beschloss ich, auf einem Umweg nach Hause zu gehen. Ich umrundete den großen Brunnen und nahm einen schmalen Pfad, der mich auf der Drayton Street wieder ausspuckte. Als ich mich der Gaston näherte, sah ich Oletta zur Bushaltestelle schlurfen. Ich dachte, ich müsste sterben, wenn sie nicht in meine Richtung guckte und mit mir sprach, und dann dachte ich, ich müsste sterben, wenn sie es doch tat. Ich beschloss, mich am besten gar nicht erst blicken zu lassen, versteckte mich hinter einem Baum und lugte um den Stamm herum.
    An der Ecke blieb sie stehen und holte den Umschlag für Miz Hobbs aus ihrer Handtasche. Ich traute meinen Augen kaum, als sie ihn anleckte und zuklebte. Dann lachte sie und steckte ihn in den Briefkasten. Kurz darauf ertönte das Zischen der Druckluftbremsen, und der Bus hielt. Oletta zog sich die Stufen hoch und ich hörte es klackern, als sie Münzen in den Fahrkartenautomaten warf. Ich war total erleichtert. Oletta

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