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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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stehengeblieben.
    Ein Anschlag fiel mir ins Auge. Auf cremefarbenem, langfaserigem Papier wurde, exquisit gedruckt, die Gründung der Taliesin Fellowship unter der Schirmherrschaft von Frank Lloyd Wright bekanntgegeben, mit Sitz auf dessen Anwesen samt Studio in Wisconsin, Schulgeld 675 Dollar inklusive Kost und Logis und persönlichem Kontakt mit dem Meister. Ich ging sofort auf mein Zimmer und setzte ein Bewerbungsschreiben auf. Fünf Tage später telegrafierte mir Wrieto-San persönlich und teilte mir mit, dass ich angenommen sei und er meinen Scheck erwarte.
    Und nun war ich also hier, stand kurz vor dem Augenblick der Wahrheit. Am Scheideweg, sozusagen, und wer konnte es mir da verdenken, dass mir einigermaßen bange war? Ich fühlte mich wie ein Studienanfänger, der zum erstenmal das Universitätsgelände betritt und sich fragt, wo er schlafen und was er essen wird, wie seine Altersgenossen ihn beurteilen werden und ob er die Gnade von Erfolg und Anerkennung erfahren oder in Schande und Versagen enden wird. Ich fuhr unwillkürlich schneller, der Wind zerrte an meinem Haar, die Enden meines Schals klatschten mir auf die Schultern wie ein in der Mitte zerrissenes nasses Handtuch, und es war wohl der Vorsehung zu danken, dass auf dem letzten Stück nach Taliesin die herumtollenden Hunde, einhertrottenden Kühe und was da sonst noch alles war die Straße mieden und mir nicht in die Quere kamen.
    Der Fluss zog sich dahin, die Straße ebenso. Fünf Minuten verstrichen, zehn. Ich war ungeduldig, ärgerte mich über mich selbst, mir war bang und unwohl, alles auf einmal - wo war es denn nun, wo war es, dieses Wunder der Architektur, das ich nur aus einem Buch kannte, dieses Muster an rarer Kunstfertigkeit, der materialisierte Himmel, in dem ich das ganze kommende Jahr und womöglich noch länger leben würde? Wo?
    Ich fluchte laut, während der Motor auf Hochtouren lief und die Vegetation am Straßenrand zurückwich, als schlüge ein unsichtbarer Dreschflegel auf sie ein, doch ich sah immer nur das gleiche: Felder und noch mehr Felder, Maisstauden, das Auf und Ab der Hügel, egal, durch welches Tal ich fuhr, Scheunen, die ewigen Scheunen - und dann war es auf einmal da. Ich schaute hoch, und es tauchte plötzlich vor mir auf wie einer der verborgenen Tempel in der Geschichte vom Prinzen Genji, wie ein Trompe l’œil, wie etwas, das man erst sieht, wenn man direkt davor steht. Oder nein, es erschien nicht einfach, sondern entfaltete sich gleichsam aus dem Hügel vor mir, schloss sich wieder, entfaltete sich und schloss sich erneut.
    Fuhr ich zu schnell? Ja. Eindeutig. Doch beim Bremsen vernachlässigte ich irgendwie die Kupplung - und das Lenkrad, das plötzlich ein Eigenleben entwickelte -, und mein Bearcat stieß ein letztes Jaulen aus, schlitterte in einem gewaltigen Wirbel aus Staub und fliegendem Dreck über die Straße und blieb mit abgewürgtem Motor entgegen der Fahrtrichtung stehen.
    Egal. Dort stand das Haus, ein riesiges, niedriges Gebäude, das sich weitläufig vor mir über den Hügel erstreckte, von der Nachmittagssonne vergoldet, ein Phönix von einem Haus, 1911 erbaut, drei Jahre später abgebrannt, wiederaufgebaut und erneut abgebrannt, nur um sich ein weiteres Mal in seiner ganzen goldenen Pracht aus der Asche zu erheben. Ich musste an Schellings Ausspruch denken, dem zufolge große Architektur erstarrte Musik sei, Musik im Raum, denn das traf es genau, und dies hier war keine Kammermusik, es war eine Symphonie mit hundertstimmigem Chor, das Haus von Wrieto-San, sein Heim und Refugium. In das ich geladen worden war, um bei dem Meister in die Lehre zu gehen. Na gut. Ich klopfte mir den Staub vom Jackett, fuhr mir mit dem Kamm durchs Haar, versuchte vor allem, mich zu fassen. Dann ließ ich den Motor wieder an und machte mich auf die Suche nach der Zufahrt.
    Es war gar nicht so einfach. Zunächst einmal konnte ich in diesem Wirrwarr aus Straßen und Feldwegen nicht erkennen, welches die Zufahrt zu dem Anwesen war, und als ich sie schließlich gefunden zu haben meinte, ein Sträßchen, das sich durch die matschige Senke einer Schweinefarm zog, blieb ich angesichts der Unmenge von Verbotsschildern erst einmal stehen. Die können sich ja wohl kaum auf mich beziehen, sagte ich mir, doch eine angeborene Unsicherheit - Schüchternheit, wenn man so will, oder vielleicht könnte man auch von einer natürlichen Ehrfurcht vor den gesellschaftlichen Regeln und Normen sprechen - hielt mich zurück. Das Automobil

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