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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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gekommen.«
    »Ich wollte eine praktische Herangehensweise - organische Architektur, die Verwendung einheimischer Materialien und die Gestaltung von Häusern, die die Natur ergänzen, statt sie zu dominieren, all das eben, was Sie als erster umgesetzt haben, beim Robie-Haus, beim Darwin Martin, beim, beim Willits und -«
    Sein Gesichtsausdruck erinnerte - und dieser Vergleich ist keineswegs respektlos gemeint - an den eines Schoßhundes, den man auf den Rücken gerollt hat und am Bauch krault. Er sah hochzufrieden aus - ich hatte das Richtige, genau das Richtige gesagt - und beglückwünschte sich innerlich dazu, Sato-San zum Schüler gewählt zu haben. »Gut«, sagte er und hob eine Hand, um mir zuvorzukommen. »Ausgezeichnet. Aber ich warne Sie, ich bin kein Lehrer, und Sie werden hier keinen Unterricht erhalten. Die Fellowship, so wie ich sie mir vorstelle, wird Ihnen die Möglichkeit geben,
    meinem Bedarf entsprechend für meine Zwecke zu arbeiten, und zwar auf sämtlichen Ebenen, auf denen Sie meine Tätigkeit als praktizierender Architekt unterstützen können. Das ist Ihnen bewusst, oder?«
    Ich bejahte.
    »Gut, in Ordnung. Sie fangen in der Küche an. Mrs. Wright hat mir gesagt, dass dort noch jemand gebraucht wird.« Eine Glocke hatte zu läuten begonnen - es handelte sich, wie ich bald erfahren sollte, um ein chinesisches Artefakt, das er von einer seiner Exkursionen in den Fernen Osten mitgebracht hatte, und sie ertönte jeden Nachmittag um vier, damit sich die Mitglieder der Fellowship im Teezirkel zu einer kleinen Stärkung zusammenfanden. Er hatte sich schon abgewandt, um in Richtung des Läutens zu gehen, da drehte er sich noch einmal zu mir um: »Dieses Auto, Tadashi - gehört das Ihnen?« »Ja, Wrieto-San.« Wir schauten beide zum Bearcat hinüber, der geduckt hinter dem Cord stand und dessen Kotflügel und kanariengelbe Motorhaube trotz der Staubschicht, die ihn überzog, noch schimmerten und glänzten. Wrieto-Sans Gesicht hatte einen nüchternen, wertenden Ausdruck angenommen. Es war die Miene, die er immer aufsetzte, wenn es ums Finanzielle ging, das leider im Mittelpunkt seines Lebens stand. Dass ein Mann seines Formats - ganz zu schweigen von Alter, Weisheit und Genie - sich permanent abmühen musste, um über die Runden zu kommen, fand ich damals ungeheuerlich, und das finde ich auch heute noch, all die Jahre später. Ja, ich hatte die Gerüchte gehört - dass er pleite sei, weil er infolge seiner diversen Missgeschicke und der Skandale, die ihn über die letzten zwanzig Jahre verfolgt hatten, erbärmlich wenige Aufträge erhalte, und weil die Wirtschaftskrise seinen potentiellen Kundenkreis schrumpfen lasse und weil zudem seine Arbeit aufgrund der sich wandelnden Mode mittlerweile als arrière garde gelte, und dass die Fellowship einfach nur ein Mittel sei, jene zu schröpfen, die naiv genug seien, um zu glauben, sie könnten aus seiner Aura einen verwertbaren Gewinn ziehen -, aber trotzdem war es ein Schock, zu sehen, in welchem Ausmaß dieser Mann damit beschäftigt war, die Dinge einfach nur am Laufen zu halten. Er war knauserig, anders kann man es nicht sagen. Vielleicht sogar ein Filou. Und wie nannten sie ihn in Spring Green, dem nächstgelegenen Ort?
    Frank Säumig.
    »Ist der nicht ein bisschen extravagant?« überlegte er laut. »Will sagen, wäre es nicht in jeder Hinsicht klüger gewesen, wenn Sie Ihr Geld in die Fellowship gesteckt hätten?
    Ich meine, das Schulgeld deckt kaum Kost und Logis ab - ganz zu schweigen von all den anderen Vorteilen, in deren Genuss Sie hier kommen werden -, und ich halte es angesichts dieser schwierigen Zeiten sogar noch künstlich niedrig, um die Sache erst mal ins Rollen zu bringen. Aber das, Tadashi, das ist nun wirklich ... übertrieben.«
    Es stand mir nicht zu, ihn auf den Widerspruch hinzuweisen. Im Vertrauen möchte ich allerdings doch anmerken, dass der Cord ein Vielfaches dessen gekostet haben muss, was ich - oder vielmehr mein Vater - für den Bearcat bezahlt hatte, auch wenn dieser zugegebenermaßen einen gewissen Luxus darstellte. Aber auch ich mochte schöne Dinge, und ich hatte noch nie zuvor ein Automobil besessen. Was ich tatsächlich sagte - mit einer Verbeugung -, war, dass der Wagen nicht war, was er schien.
    »Es ist doch ein Stutz, oder?« fragte er nach und kniff die Augen zusammen.
    »Hai, Wrieto-San. Aber ein alter. Er ist acht Jahre alt. Gebraucht. Ich habe ihn gebraucht gekauft. Gestern, in Chicago.« Ich versuchte ein

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