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Die freien Amazonen - 3

Die freien Amazonen - 3

Titel: Die freien Amazonen - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Anmut kam es herunter. Das chervine wieherte nervös, rollte die Augen und zerrte an seinem Strick. Gavi klopfte es beruhigend.
    »Bleib stehen, du dummer Vogel! Du wirst mein Packtier zu Tode ängstigen, und dann bin ich wieder da, wo ich angefangen habe. Gut, gut, ich komme zu dir hinauf. Bleib nur dort!«
    Das Küken schien seit dem Morgen schon wieder gewachsen zu sein, und seine Federn waren glatter und weniger flaumig. Sein Jagdschrei verwandelte sich in ein ekstatisches Summen, als Gavi sich ihm näherte.
    Gavi beugte sich zu dem Banshee nieder, und ihre Arme legten sich automatisch um seinen Körper. Die Erleichterung schwemmte das Entsetzen hinweg. Lange Minuten vergingen, bevor sie schluchzen konnte: »Oh, du lächerlicher, widerwärtiger Vogel, du hast mich gerettet! Ich war dumm genug, ohne Eskorte zu reisen, und dann hast du diese Aufgabe übernommen!«
    Sie hockte sich auf die Fersen. »Was soll ich nun mit dir anfangen?
    Ich kann nicht hier bleiben, selbst wenn ich wollte, denn der Winter kommt. Nein, hör auf, mich mit dem Schnabel zu stoßen, deine Zähne sind scharf! Hör zu, Dummes - oh, wer ist hier dumm? Ich, weil ich eine Vorschrift gebrochen habe, die zu meinem Schutz erlassen worden ist, oder du, weil du mich für deine Mutter hältst?«
    Das Banshee, das immer noch entzückt summte, rieb seinen Hals an ihrem Bein. Zögernd streichelte Gavi ihn und fühlte die ölige Glätte der Federn, die über dem Babyflaum lagen. »Du kannst wirklich nicht mit mir kommen«, sagte sie mit leiser Stimme. »Du dürftest jetzt nicht einmal wach sein, das ist ungesund für dich. Und du musst auf die Höhen zurückkehren, wo du hingehörst, ebenso wie ich nach Thendara zurückkehren muss.« Sie wurde sich bewusst, dass ein Teil ihres Ichs an dem Kleinen hing, so hässlich es sein mochte. Sie hatte ihm auf die Welt geholfen, hatte es gefüttert, für es gesorgt, mit ihm als ihrem Gefährten gesprochen … und jetzt musste sie es gehen lassen. Sie musste es in seine natürliche Umgebung zurückschicken.
    Aber wie? Schimpfen hatte bei ihm nicht gewirkt - was ein Glück war, denn diesem Misserfolg verdankte sie ihr Leben.
    Gavi nahm den scheußlichen Kopf in die Hände und achtete sorgfältig darauf, die empfindlichen Augenstellen nicht zu berühren.
    Sie suchte in ihrem Herzen nach Worten, die das Scheiden ebenso zu einem Akt der Liebe machen würden, wie es das Zusammenbleiben wäre.
    »Du musst deinen eigenen Weg gehen, mein Freund, wie ich den meinen. Nicht, weil du in meinen Augen hässlich bist oder weil es kein Band gibt zwischen uns, sondern weil du dein Leben hoch oben in den Bergen führen musst, wo du gedeihen kannst. Du bist ein Kind der Götter ebenso wie ich, und sie haben uns unterschiedlich gemacht. Kehre mit meinem Segen zu deinem angestammten Ort zurück. Adelandeyo. Gehe in Frieden.«
    Das Banshee-Küken lag ruhig und warm an ihrer Seite, und sein Summen war wie ein pulsierender Herzschlag. Gavi konnte nicht die Spur einer Reaktion oder eines Begreifens erkennen. Warum hatte sie erwartet, es werde sie verstehen? Banshees sind so dumm, dass sie praktisch gehirnlos sind, so hatte sie es immer gehört. Nur die Furcht ihrer Opfer ermöglicht es ihnen, zu überleben.
    Das Küken senkte seinen Schnabel mit dem gefährlichen Haken und den rasiermesserscharfen Einkerbungen und liebkoste ihr Bein mit der glatten Außenfläche. Es hievte sich auf die Füße und verschwand mit überraschender Geschwindigkeit bergauf. Gavi sah ihm nach, bis es außer Sicht war. Dann rieb sie sich Hände und Kleidung mit stark duftenden Blättern ab, bevor sie sich wieder dem chervine näherte.
    Während sie ihre Kleider und ihren Schlafsack ausschüttelte und wieder zusammenpackte, dachte Gavriela: Es kann mich nicht verstanden haben, und doch hat es mich verstanden. Vielleicht habe ich mit ihm auf die gleiche Weise gesprochen, wie es mich aus seiner Schale erreicht hat. Wenn ich im Stande bin, die Hebamme für ein Banshee zu spielen, kann ich lernen, alles zu lieben. Die Gildenmütter hatten Recht, ich sollte meine Gaben nützen, aber nicht, um Babys sterben zu sehen, sondern um zu helfen, dass sie am Leben bleiben. Sie werden mir allerdings nie glauben, bei welcher Geburt ich zu dieser Einsicht gekommen bin!
    Das chervine stieß sie mit seiner weichen Nase an, und sie führte es den Berg hinunter. Jetzt ging es nach Thendara und nach Hause.

    Über Maureen Shannon und ›Rekruten‹
    Die ›Rekruten‹ verdanken ihr

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