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Die freien Amazonen - 3

Die freien Amazonen - 3

Titel: Die freien Amazonen - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Türen in allen Wänden. Wir durchstöberten die einzelnen Räume, und Esarilda stieß bei jeder neuen Entdeckung Rufe des Entzückens aus. Sie fand alles schön, von der riesigen, altmodischen Küche bis zu den zahlreichen kleinen Schlafzimmern im zweiten und dritten Stock. Ich versuchte, ihren Optimismus zu teilen, versuchte, mich auf die Begeisterung einzustimmen, mit der meine Gefährtin, chronologisch zwanzig Jahre älter, aber emotional jünger als ich, die Welt betrachtete.
    »Komm und sieh dir das an!«, rief sie. »Sieh nur, was im Hinterhof ist, Maellen!«
    Ich folgte ihr durch die Hintertür der Küche in einen engen Gang, der, wie Esarilda bereits ausgekundschaftet hatte, in eine kleine Milchkammer und von da in einen aus Stein gebauten Stall von bemerkenswerter Größe führte. Beide Gebäude waren schmutzig, denn die früheren Bewohner hatten sie verwahrlosen lassen.
    Geschirre und Werkzeuge verfaulten in Dunghaufen, während große Krüge, die einmal Milch und Käse enthalten hatten, so umherlagen, dass man unmöglich gleich feststellen konnte, ob auch nur einer von ihnen noch heil war.
    »Schnell, Maellen. Hier hinaus! Sieh nur, was wir sonst noch haben!«
    Ich verließ den Stall und betrat den langen, schmalen Garten des Hauses. Esarildas neueste Entdeckung waren drei dürftige Bäume, an deren kahlen Zweigen immer noch ein paar verschrumpelte Früchte hingen. Esarilda hopste umher wie ein Buschspringer, und ihr kurzes Haar flog ihr um den Kopf wie der buschige bläuliche Schwanz dieses Tieres. Sie verschwand in einem kleinen Gebäude, das an die Grenzmauer gesetzt war, kam wieder zum Vorschein und wischte sich Spinnweben aus dem lächelnden Gesicht. »Sieh doch, Maellen!«, rief sie von neuem. »Was für ein Fund! Das ist ein Hühnerhaus, und weißt du was? Dort sitzt eine Glucke auf einem Nest voller Eier!« Aus dem Ton ihrer Stimme hätte man schließen können, sie habe einen unvergleichlichen Schatz gefunden. Sie drängte mich, einzutreten und mir die kleine braune Henne mit eigenen Augen anzusehen.
    »Nein, nein.« Ich blieb im Eingang stehen und betrachtete Spinnweben, Staub und tote Insekten, die sich in Jahren angehäuft hatten. »Ich sehe von hier aus deutlich genug. Die Glucke scheint mir wirklich ein Schatz zu sein. Aber komm jetzt, Esarilda. Es ist beinahe Mittag, und ich habe Hunger. Vielleicht gibt es in dem Bierhaus nebenan auch Essen.«
    Mit dem Eifer eines Kindes lief Esarilda durch den Garten zur Hintertür. Ich hatte etwas Gewissensbisse, dass ich sie mit der Aussicht auf Essen weglockte, dem sie niemals widerstehen konnte.
    Aber es gab noch eine Menge zu tun, wenn wir heute Nacht in unserem neuen Schwesternhaus schlafen wollten. So viel für nur zwei Frauen. Wann, fragte ich mich, würden sich uns andere anschließen?

    Wir sahen uns das Bierhaus erst eine Weile von außen an. Das viel versprechende Schild wies es als das Brüllende Rabbithorn aus. Ein merkwürdiger Name, in der Tat, aber sobald ich den Wirt kennen lernte, bezauberte mich der Scharfblick, den er durch die Namensgebung bewiesen hatte. Die Gäste schienen zum größten Teil aus dem Personal der verschiedenen kleinen Läden zu bestehen, und es waren auch einige Frauen darunter. So traten meine Gefährtin und ich ein und setzten uns an einen kleinen Tisch an der Wand, wo wir einen guten Blick auf die Eingangstür hatten und, sollten wir angegriffen werden, schnell durch den Korridor verschwinden konnten, der zum Abtritt am Ende des Wirtshausgartens führte. Der Wirt bemühte sich persönlich, unsere Bestellung in Empfang zu nehmen. »Was darf es sein, domnas?«, fragte er. Seine tiefe Baßstimme dröhnte aus einem Körper, der so rund und gemütlich war wie der eines Waldbären. »Die Spezialität ist heute Kutteln, und meine Frau hat einen ausgezeichneten Obstkuchen gebacken. Wäre euch das recht? Ich versichere euch«, fuhr er fort, ohne uns Zeit zum Antworten zu lassen, »es ist das Beste, was heute auf der Speisekarte steht. Nicht etwa das Einzige, o nein. Dafür ist meine Carla eine zu gute Köchin. Aber das Beste ist es. Darf es also Kutteln und Obstkuchen sein?«
    Uns kaum Zeit genug lassend, mit dem Kopf zu nicken, war er mit einem Sprung wie ein erschrecktes Rabbithorn davon. Esarilda klatschte fröhlich in die Hände. »Ist das aber ein netter Mann!«, meinte sie.
    Meine Mutter hatte einmal zu mir gesagt, jede Frau, die unserer Schwesternschaft beitrete, habe eine Tragödie hinter sich. Ich wusste, dass das

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