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Die freien Amazonen - 3

Die freien Amazonen - 3

Titel: Die freien Amazonen - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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einzutauschen. Sie verbrachte eine angenehme Stunde auf dem Markt und machte sich schließlich wieder auf den Weg zum Gildenhaus, den Honigkrug in einen Jutesack eingewickelt; sie hatte ihn für eine Portion Krapprot bekommen.
    Es fing an, dunkel zu werden. Als sie an der Wirtschaft vorbeiging, löste ein junger Mann sein Pferd vom Geländer. Er war so betrunken, dass Marna schon aus der Ferne den schalen Weingeruch wahrnahm.
    »Was ist, Mädchen«, rief er ihr zu, »willst du die Nacht mit mir verbringen? He - sei nicht so verdammt unfreundlich!« Er drehte sich um und taumelte auf sie zu. »Aaah - eine von denen, die ein Schwert tragen wollen wie ein Mann!« Er packte sie grob am Arm. »Warum verbringst du dein Leben mit diesen Weibern? Willst du nicht eine richtige Frau sein, hä?« Er betastete sie.
    Marna riss sich zitternd los und entfloh, den Honigkrug fest umklammernd. Der Betrunkene schrie ihr nach: »Hau doch ab, wer will denn schon eine solche Schlampe!«
    Ihr Herz klopfte wie rasend, ihr Mund war trocken. Marna versuchte, sich zu beruhigen. War etwas an ihr, dass sie wie ein solches Mädchen aussah? Dom Ruyvil hatte sie auch beschuldigt, sie habe ihn gereizt, obwohl sie weinte und ihn abzuwehren versuchte.
    Was machte sie falsch, dass die Männer sich so gegen sie benahmen?
    Sie legte die Hand auf den Messergriff. Wenn der Mann sie nicht losgelassen hätte, wäre sie dann fähig gewesen, das Messer zu ziehen und ihn damit zu verjagen? Hätte sie den Mut gefunden, es zu benutzen?
    Halb blind vor Tränen sah sie nicht, wohin sie den Fuß setzte, bis sie auf dem Kopfsteinpflaster der Straße mit einem großen, schweren Mann zusammenstieß. Sie murmelte eine wohlerzogene Entschuldigung. Doch ihr Arm wurde mit festem Griff gefasst, und sie hörte eine verhasste Stimme.
    »Sieh an, die kleine Marna! Du verlogenes Ding, du hast ein schönes Durcheinander aus meinem Leben gemacht! Dori hätte mich beinahe fortgeschickt! Da läufst du zu diesen schmutzigen Weibern und heulst ihnen etwas vor, und jetzt bist du eine von ihnen!«
    Marna versuchte, sich von ihm zu befreien.
    »Du! Ruyvil!«
    »Du wirst mich mit Stiefvater oder Dom anreden«, schimpfte er.
    »Das werde ich nicht!«, rief Marna. »Du bist nicht mein Vater, und ich schulde dir nichts - keinen Respekt, keinen Gehorsam, nichts!«
    Er schlug ihr heftig ins Gesicht. »Schluss damit! Du kommst nach Hause, wo du hingehörst. Sieh dich an - schamloser geht es wohl nicht mehr, in Stiefeln und Hosen, und das Haar abgeschnitten, da sieht man deinen …« Er benutzte ein obszönes Wort. »Vorwärts - ich habe ein Pferd, und ich werde dich nach Hause zu deiner Mutter bringen, und bei Zandrus Zehennägeln, wenn du ihr noch einmal Märchen erzählst, breche ich dir jeden einzelnen Knochen im Leib!«
    Sie sah ihn zitternd an, aber der Gedanke an das, was die Frauen ihr gesagt hatten, stärkte sie: Sie musste lernen, sich selbst zu verteidigen, und durfte niemanden bitten, sie zu beschützen. »Alles, was ich zu Mutter und dem Magistrat gesagt habe, ist wahr …«
    »Ah, du hast es doch gewollt, du dreckige kleine Hure, du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht jedem Stallburschen und Wachposten schöne Augen gemacht hast …«
    »Du kannst meine Mutter so viel belügen, wie du willst, aber du weißt doch ganz genau, was die Wahrheit ist«, gab sie zurück.
    »So lasse ich nicht mit mir reden!« Seine schwere Hand schlug sie zu Boden, dort lag sie voller Angst und sah, wie er das Messer aus der Scheide zog … Mit letzter Kraft stellte sie sich wieder auf die Füße, ergriff den wie durch ein Wunder unversehrten Honigkrug, rannte wie ein chervine davon und verschwand in einer Seitenstraße.
    Diesmal konnten keine Röcke sie behindern! In Panik klopfte sie an die Tür des Gildenhauses, aber bis Gwennis öffnete, ging ihr Atem wieder ruhig. Nein, sie durfte es niemandem erzählen. Sie hatten es ihr so deutlich auseinander gesetzt, dass sie lernen müsse, sich selbst zu verteidigen.
    Und ich habe es nicht fertig gebracht, dachte sie verzweifelt. Ich habe nicht einmal mein Messer ziehen können. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Ich hätte Ruyvil töten, ihm das Messer in den Bauch stoßen sollen! Aber ich hatte Angst …
    Glaubt er wirklich, ich hätte ihn provoziert? Ist etwas an mir, das die Männer auf diesen Gedanken bringt? Der andere Mann, der Betrunkene vor der Wirtschaft, hat es auch gemeint …
    »Du bist außer Atem«, bemerkte Gwennis. »Was ist los,

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