Die freien Amazonen - 3
Marna, bist du gelaufen?«
»Ja - es war spät und dunkel und kalt. Ich bin gerannt, um warm zu werden.« Marna zürnte sich wegen der Lüge. Aber Gwennis war darin ausgebildet, sich selbst zu verteidigen. Wie würde sie Marna verachten, wenn sie wüsste, was für ein Schwächling sie war!
Danach blieb Marna so viel im Haus, wie sie konnte, und jedes Mal, wenn sie es verließ, bildete sie sich ein, Dom Ruyvil lauere hinter jeder Ecke. Aber die Zeit verging, ihre Angst ließ nach, und schließlich war sie bereit, wieder auf den Markt zu gehen. In drei Monaten wurde sie fünfzehn und hatte das gesetzliche Recht, den Eid abzulegen, und dann war sie sicher. In diesem Jahr war die Kräuterernte gut, und die Frauen des Gildenhauses teilten sich einen Stand mit der Milchfrau, die manchmal ihre Butter verkaufte. Marna legte die Kräuterpäckchen sorgfältig aus. Sie war stolz auf die zierliche Beschriftung auf der Vorderseite eines jeden - sie schrieb jetzt die deutlichste Hand im Haus und entwarf alle ihre Stickereien.
Als sie fertig war und den Kopf hob, hörte sie eine vertraute Stimme.
»Sind Eure Goldblumen gut getrocknet? Wenn ja, nehme ich zwei Päckchen - Marna!«, keuchte die Frau, und Marna sah in das Gesicht ihrer Mutter.
»Marna! Dahin bist du also gegangen! Oh, Marna, wie konntest du das tun? Oh, mein kleines Mädchen - wo ist dein schönes Haar? Was haben sie dir angetan, diese schrecklichen Frauen! Marna, willst du deiner Mutter nicht wenigstens zur Begrüßung einen Kuss geben?«
Marna war zum Weinen zu Mute. Am liebsten hätte sie losgebrüllt: Ja, Dom Ruyvil hat mich geschändet, aber du warst es, die es zugelassen hat, die ihrer eigenen Tochter nicht glauben wollte … Trotzdem brachte sie es nicht fertig, ihre weinende Mutter zurückzustoßen. Sie umarmte sie und dachte: Jetzt bin ich größer und stärker als sie - sie würde es nie lernen, sich zu verteidigen.
»Oh, du siehst so erwachsen aus - und so ernst und schrecklich!«, sagte Dorilys von Heathvine. »Haben sie dich gezwungen, dich allen möglichen bösen Dingen zu verschwören, mein armes Baby? O
gesegnete Cassilda, ich werde mir nie verzeihen …«
Marna ließ ihre Stimme hart klingen. »Also glaubst du mir endlich?«
»Oh, Marna …« Ihre Mutter breitete die Hände aus. »Was konnte ich tun? Er sagte, er werde seinen Sohn nehmen und mich verlassen -
und ich stehe allein in der Welt, dein Bruder ist jetzt als Kadett in Thendara, ich bin allein mit den Kleinen - und wenn Ruyvil böse mit mir ist, was soll ich dann tun? Eine Frau hat keine andere Wahl, als mit ihrem Mann zu leben - und wenn ich mich beim Magistrat beschwert hätte, dann hätte er mich geschlagen oder mir Schlimmeres angetan …«
»Ist ja gut, Mutter, ich verstehe schon«, sagte Marna mit einem würgenden Schmerz in der Kehle. Sie verstand es nicht. Sie würde es nie verstehen. Wenn sie eine Tochter hätte, wenn ein Mann diese Tochter so behandelt hätte, würde sie den Mann bestimmt nicht weiterhin geliebt und sein Bett geteilt haben! Sie hätte die Magistratsbeamten gerufen, hätte Ruyvil auf die Straße hinausgeworfen! Ihre Mutter jedoch hatte nicht einmal so viel Kraft oder gesunden Menschenverstand gehabt, um wegzulaufen.
»Marna - oh, mein kleines Mädchen, willst du nicht nach Hause kommen? Ich verspreche dir - du kannst eins der Hausmädchen in deinem Zimmer schlafen lassen -, er wird dich nie wieder belästigen, ich verspreche es dir! Du fehlst mir so, niemand ist da, mit dem ich reden kann, niemand, den ich lieb habe …«
»Nein, Mutter«, antwortete Marna sanft, aber ohne Mitleid. »Ich werde nie wieder unter deinem Dach leben. Ich will dich besuchen kommen, wenn du mir Nachricht gibst, dass Dom Ruyvil verreist ist, oder du kannst mich im Gildenhaus besuchen.«
»Im Gildenhaus? Wie könnte ich - Ruyvil wäre sehr zornig auf mich, wenn ich mit solchen Frauen verkehrte!«
»Oh, Mutter«, sagte Marna ungeduldig, »sie sind Frauen wie du, nur dass sie sich nicht von Männern schlagen und missbrauchen lassen! Sie sind anständige Frauen, die sich durch Weben und den Verkauf von Kräutern ernähren!«
»Pff! Welche bösen Dinge haben sie dich gelehrt? Welcher Mann wird dich jetzt noch heiraten?«
»Keiner, hoffe ich«, gab Marna ärgerlich zurück. »Glaube, was du willst, Mutter, ich möchte mein Leben nicht gegen deins eintauschen.
Und wenn du meinst, ich führte im Gildenhaus ein schlechtes Leben, dann zeige doch so viel Mut wie eine Gans und besuche
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