Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
wenn du so willst,
an dem Mann in mir, und umgekehrt. Wie wichtig mir dieses Spiel ist, kannst du
auch daran ermessen, dass ich schon zwei Mal bei meinen nächtlichen Ausflügen
von Skinheads verprügelt worden bin, die mich in der U-Bahn und auf der
Donauinsel in voller Weibermontur erwischt hatten. (Du kannst den Mann in dir
nicht ganz verbergen, auch wenn du dich noch so gut verkleidest.)
Beim zweiten Mal haben sie mich
mit Baseball-Schlägern niedergeschlagen und ich landete mit schweren
Kopfverletzungen und in meinen Weiberklamotten im Unfallkrankenhaus. Ach wie
peinlich und erklärungsbedürftig! Aber all das kann mich nicht daran hindern,
das zu leben, was in mir nach Ausdruck sucht. Es ist wie Heroin, es ist ein
wunderbarer Rausch, ohne den ich nicht leben möchte.
Schade, dass nichts aus uns
geworden ist, ich dachte anfangs schon, das würde was ganz Großes.
Leb wohl und finde dein Glück!
Sonja
(Das ist mein "Mädchenname")
P.S. Vielleicht könnten wir ja,
wenn eine Weile vergangen ist, (platonisch) gute Freundinnen werden?
Miriam faltet den Brief wieder
zusammen und steckt ihn zu den übrigen. Sie ist ein wenig böse auf Boris, der
ihr unbewusst mit seiner frechen Art diese wunden Erinnerungen beschert hat.
Kurz blitzt aus irgend einem Grund Boris´ Bild in ihr Bewusstsein. Nein. Nicht
Boris! rügt sie ihr Unbewusstes. Der ist einfach nur ein lieber und sensibler
Mensch, auch wenn er manchmal etwas dreist ist. Doch hat er keinerlei Sexappeal.
Zumindest nicht für sie. Leider hat er wirklich ein Gesicht wie Fernandel. Zwar
könnte sie sich vorstellen, ihm einmal aus der Patsche zu helfen, wenn er an
einem dringenden sexuellen Notstand litte, doch wäre das nur ein
freundschaftlicher One-Night-Stand, der zu nicht mehr führen könnte. Abgesehen
davon jedoch hat sie Boris ganz tief in ihr Herz geschlossen, das spürt sie in
diesem Moment, und eine angenehme, warme Empfindung erfüllt ihre Brust.
Doch da ist noch etwas: Dieser
Priester, der sie heute früh aus den Schlaf geholt hat. Wie heißt er doch
schnell? Teufl? Seltsamer Name für einen Geistlichen. Aber ein netter Typ, das
muss sie zugeben. Und sie muss sich auch eingestehen, dass er für ihr Empfinden
Rob sehr ähnlich sieht und auch einen ähnlich sensitiven und empathischen
Eindruck macht. Natürlich ist der Pfarrer, wenngleich noch jung, so doch um
einige Jahre älter als Rob damals war.
Sie muss lachen, als sie daran
denkt, wie er über die Tollkirschenmarmelade erschrak.
„Irgendwie unfair von mir“, denkt
sie. „Vielleicht sollte ich den Herrn Gemeindepfarrer zu einem Abendessen
einladen und mich bei ihm entschuldigen.“
Aber leider! Einen Pfarrer darf
man als Frau wohl nicht so ohne weiteres zu sich einladen.
Oder?
11
Die kleine Kathi präsentiert
der Else stolz ihre Beute, die sie aus der Kiste der Hagazussa hat mitgehen
lassen. Else schaut sie ganz erschrocken an:
„Von der Hexe hast du das?
Gestohlen? Hast du keine Angst, dass sie dich verfluchen könnte?“
Die Mädchen haben sich eine
Ecke am Heuboden hergerichtet und eine Decke aufgebreitet. Else betrachtet die
einzelnen Gläser, die sie misstrauisch mit den Fingerspitzen anfasst.
„Sie hat mich ja nicht erwischt
dabei“, sagt die Kathi. „Wie soll sie wissen, dass ich es war?“
„Hexen wissen alles!“
„Blödsinn, nur Gott weiß
alles!“
„Was ist das überhaupt?“
„Zauberkräuter. Wenn wir sie
einnehmen, können wir fliegen.“
„So ein Unsinn!“
„Doch! Ich hab das in einem
Buch gelesen. Hexen haben Kräuter, die sie einnehmen, und dann können sie
überall hinfliegen.“
„Ja, ja, auf einem Besen
wahrscheinlich, mit einer schwarzen Katze am Buckel!“
Die Else lacht.
So eine dumme Gans!
Else will die Kathi nicht ernst
nehmen, nur weil sie ein paar Monate älter ist als Kathi. Aber sie wird ihr
schon noch zeigen, wer hier die wahre Hexe ist. Kathi ist nämlich eine Hexe.
Und jetzt hat sie auch noch ein paar echte Zauberkräuter von einer uralten,
erfahrenen Hexe. Daraus werden sie sich dann einen Tee machen!
„Ich habe in der Thermokanne
heißes Wasser von zuhause mitgenommen, und ein paar Zuckerwürfel, weil das
sicher bitter schmeckt“, sagt sie dann.
Else schüttelt ihren Kopf so
energisch, dass ihr kurzes hellblondes Haar wild herumfliegt.
„Ich trink doch sowas nicht!“,
ruft sie entsetzt.
Kathi legt den Kopf schief und
schaut sie spöttisch an:
„Du bist so eine feige Ziege.
Das werd ich überall
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