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Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Titel: Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Vagner
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Begriffe männlich und weiblich
sind sehr schwierig zu fassen. Wie weiblich ist eine Frau? Wie männlich ein
Mann? In welchem sozialen Zusammenhang entwickeln sich welche Vorstellungen
darüber? Nicht nur das soziale Geschlecht ist eine auswechselbare Rolle, auch
das biologische Geschlecht und die damit verbundenen Eigenschaften sind nicht
eindeutig. Es gibt tropische Fische, die, je nach Wassertemperatur, ihr
Geschlecht wechseln können. Beispiele dafür gäbe es noch viele. Die Natur hat
hier keine eindeutigen Grenzen gezogen.
    Miriam blickt nach oben zu einem
Regal, auf dem ein paar Bündel mit Briefen liegen. Heute schreibt man sich ja
nur mehr Emails und SMS, doch von Rob hat sie ein paar Wochen nach ihrer
Trennung dann doch noch einen Brief bekommen, in dem er ihr seinen Standpunkt
klarlegte. Sie nimmt den Packen verstaubter Briefe herunter und zieht ein
hellblaues Kuvert aus dem Stapel:
    Liebe Miriam,
    die ersten Tage nach unserer
Trennung habe ich mich leider nicht melden können, denn ich hatte mehrere
Prüfungen, und außerdem war ich so bedrückt, dass ich kaum irgendetwas hätte
sagen können. Deine Sachen habe ich dir ja im Karton vor die Tür gestellt. Ich
hoffe, ich habe nichts vergessen.
    Ich möchte dir nur mehr sagen,
dass ich die Zeit mit dir als wunderschönen Teil meines bisherigen Lebens
empfand. Du bist ein herrliches, rätselhaftes und auch wunderschönes Wesen.
Doch dann kam deine Entdeckung. Mir war klar, dass du trotz der Absperrung
verbotener Weise in meinen Sachen gekramt hattest, denn einmal lackierte Fingernägel
alleine konnten dich noch nicht auf die richtige Fährte gelockt haben. Ich
kenne genug Burschen an der Uni, die sich dann und wann die Fingernägel
lackieren, ohne deswegen transgender oder schwul zu sein. Deine Bemerkung im
Bett hat mich wie ein Peitschenhieb getroffen und gedemütigt. Du hättest mir
nach deiner Entdeckung (du warst in meinem Schrank, ich weiß es ja) sagen
müssen, was du weißt. Stattdessen hast du es mit dir herumgetragen und alles,
was zwischen uns vorfiel, nur mehr auf das eine bezogen. Vielleicht hätten wir
uns damals ja noch arrangieren können. Und ich weiß jetzt auch, dass ich mich
bei zukünftigen Partnerinnen sehr bald outen werde, dann wird sich ja zeigen,
ob sie es tolerieren können oder nicht.
    Soviel nur noch zu meiner Sache:
Ich bin nicht schwul, und wenn doch, dann wäre das auch in Ordnung. Was ich
jedoch bin, ist neugierig. Besonders neugierig bin ich auf alles, was Mädchen
und Frauen betrifft. Ich habe schon sehr früh damit angefangen, mich für
Mädchensachen zu interessieren, vielleicht schon mit sieben oder acht. Ich
spielte zeitweilig lieber mit den Mädchen Puppenküche, als dass ich ständig mit
den Buben herum rangelte wie eine Horde halbwüchsiger Böcke. Ich spielte lieber
Ordnung, Liebe und Harmonie zu schaffen, als Bandenkriege, Hinterhofscharmützel
und andauernde Rangordnungskämpfe auszutragen. Schon als ich acht oder neun
war, trug ich heimlich die Unterwäsche meiner älteren Schwestern. Das hat mir
einfach gut getan. Es hat mich total entspannt. Sobald ich ein Mädchen war (und
ich empfand mich ganz automatisch so, wenn ich deren Kleider trug), konnte ich
für eine Weile diese ganze dümmliche Jungenkacke abstreifen, die ganze
Angeberei, die Grobklotzigkeit, die Raufereien und Spuckereien und Stänkereien.
Ich durfte (in meinen Fantasien) süß sein und zärtlich und fließend. Ich durfte
weinen und kichern, zickig sein, herumalbern und all die andern damit
verbundenen Klischees ausleben. Vor allem durfte ich auch meine Freundinnen
umarmen und Hand in Hand mit ihnen spazieren gehen. All dies ist für Buben so gut
wie ausgeschlossen. Welche Schande für einen Jungen, seinem Spielkameraden ein
Küsschen zu geben! Doch ich wollte es -&xnbsp; zumindest in meiner Fantasie.
    So ist es geblieben bis heute.
    Seit ich in Wien zur Uni gehe,
gibt es immer wieder Tage, an denen ich eines meiner Lieblingskleider anziehe,
mich schminke wie eine Lady, meine Pumps überstreife und solcherart nachts auf
die Straße gehe. Du ahnst nicht, wie unglaublich prickelnd und zugleich
entspannend dieses Spiel ist. Ich fühle mich dabei wahrscheinlich mehr als
Frau, wie eine echte Frau sich je empfinden könnte, denn ich habe einen
wunderbaren Vorteil dabei: Ich bin ein Mann! Und genau deshalb, weil ich es so
sehe, bin ich auch kein Transsexueller. Transsexuelle wollen ganz zur Frau
werden. Ich jedoch liebe den Kontrast, ich reibe meine Frau,

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