Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
Beziehung nicht zu
gefährden. Aber die Hohepriesterin verweigerte Miriam das Ritual und verwies
darauf, dass man Reisende nicht aufhalten dürfe. Zudem würde kein magisches
Ritual vermögen, solche Tendenzen aufzuheben.
Rob und Miriam hatten nie über
die Begebenheit im Kaffeehaus gesprochen. Trotzdem war der Bruch bereits
vollzogen. Beide litten sie unter dem offenen Geheimnis, für das es aus
irgendwelchen Gründen keine richtigen Worte gab, um&xnbsp; sich darüber auszusprechen.
Rob wusste, dass sie alles wusste. Und sie wusste, dass er alles wusste.
Schließlich lagen sie wieder
einmal im Bett in Miriams Studentenbude und wälzten sich übers Laken, an einem
heißen, unendlich schwülen Sommerabend im August. Der sexuelle Rhythmus und der
Liebesatem zwischen ihnen waren verloren gegangen. Es schien an diesem Abend,
als ob jeder noch ein Mal versuchen wollte, dem anderen trotz der lähmenden
Schwingung einen besonders heftigen Orgasmus zu verschaffen. In Wirklichkeit
erschlaffte Robs Glied heute ständig und irgendwann lagen sie schweißüberströmt
und völlig frustriert auf dem zerwühlten Bett. Da kam es über Miriam: Eine
Mischung aus Angst und Zorn und Hilflosigkeit, die sie körperlich deutlich
spüren konnte. Ein heißer Schwall, der von ihrem Brustkorb ausging und über den
Hals in ihren Kopf stieg, sie schwindelig machte und ihr den Atem raubte.
„Magst du vielleicht einmal
mein Mädchen sein, damit es wieder klappt mit uns?“, keuchte sie schließlich in
die stumme Dunkelheit hinein.
Sofort rannen ihr die Tränen
über die Wangen, denn sie wusste, dass sie damit das Schicksal ihrer Liebe
endgültig besiegelt hatte. Rob stand wortlos auf. Noch im Hinausgehen zog er
sich Hemd und Hose an.
Am nächsten Tag fand sie vor
ihrer Tür einen Karton mit Sachen, die sie ihm geliehen hatte: Musikkassetten,
Bücher, Skripten. Und sie wartete vergeblich auf seinen Anruf.
Miriam war daraufhin für ein
paar Tage aufs Land gefahren, wo sie sich in einem ausgedehnten Wald nach
Hexenart auf eine Decke setzte und meditierte. Das heißt: sie heulte drei Tage
lang!
Dann probierte sie es selbst
mit einem Liebeszauber. Sie arrangierte im Wald ein Ritual, baute aus Steinen
einen Altar, legte mit Wiesenblumen einen Schutzkreis aus, rief die Elemente an
und trat mit der Mondgöttin in Verbindung. Zumindest wollte sie das, denn
gerade als sie alles aufgebaut hatte und sich während der Räucherung in Trance
versetzte, kam ein Traktor herangetackert. Der Bauer, dem der Wald hier
gehörte, fragte, was sie denn da treibe. Sie werde noch mit ihrem rauchenden
Zeug den ganzen Wald anzünden. Dann verjagte er sie von seinem Grund. Für ein
zweites Ritual an einem andern Ort hatte Miriam indessen nicht mehr die Kraft.
Die letzten Tage und Nächte hier hatte sie kaum geschlafen.
Und irgendwann musste nun auch
einmal Schluss sein mit dem Selbstmitleid. Sie lernte damals auch, dass es nur
ganz selten Sinn macht, einen Liebeszauber zu zelebrieren. Was hätte sie denn,
wenn der Zauber überhaupt gewirkt hätte, damit bewirken wollen? Konnte sie
damit einen Menschen, der so viel Energie in eine Leidenschaft investierte,
überhaupt wieder davon abbringen? Durfte sie das überhaupt? War es nicht sein selbst
gewählter Weg, die Gefühle und Empfindungen des Weiblichen auszuloten, und
müsste nicht gerade sie, die sie als Hexe die Mondgöttin und die Weibliche
Energie anbetete und favorisierte, Rob´s Intentionen verstehen und sogar noch
unterstützen? Was sollte dieser Liebeszauber also bringen? Rob war glücklich
gewesen mit Miriam und mit seinem Cross-Dressing. Und einen Moment lang
ertappte sie sich sogar dabei, neidisch auf Rob zu sein. Nicht, dass sie
Ähnliches hätte tun wollen. Es ging eher um die starke Energie, die dahinter
stand. Rob wusste genau, was er zu tun hatte, um die Weibliche Energie in sich
wachzurufen. Auch wenn er es in einem für Außenstehende bizarren Ritual tat, in
dem er sich in Frauenkleider hüllte und sich dann so gab und fühlte, als sei er
eine Frau, so war es doch ein legitimer Weg. Und sie spürte schmerzhaft, dass
Rob offensichtlich intensiver und lustvoller mit dieser Energie in Kontakt
treten konnte, als sie selbst, die sie sich täglich bemühte, der Göttin zu
dienen.
Später wurde sie vorsichtiger,
was all dieses grobporige dualistische Denken betraf, das sie in ihrem
Wicca-Coven gelernt hatte: Es gibt kein absolutes Weibliches, ebenso wenig, wie
es ein absolutes Männliches gibt. Gerade die
Weitere Kostenlose Bücher