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Die Frequenzen

Die Frequenzen

Titel: Die Frequenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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helfen, aber sie verfehlte den zweiten Ärmel, drang schief ein, sodass sie sich verfing, die Arme wie Flügel auf dem Rücken; sie rang eine Weile in der Fesselung des Mantels, dann half ich ihr, der Arm fand seinen Weg und wir taumelten erleichtert auseinander. Sie lachte und richtete sich den Mantelkragen. Und sie winkte sogar noch über ihre Schulter, als sie auf ihrem Fahrrad davonwackelte, ihr Gesäß schwebend über dem Fahrradsattel, der wie ein Pfeil darauf gerichtet war.
    Noch nach Stunden hörte ich ihre Stimme, ihre helle, atemreiche Stimme. Würde sie singen, würde sie klingen wie Björk. Überbehaucht, schon nach den ersten paar Wörtern außer Atem, dann schnell neu Luft holen – und alles gleich wieder verschleudern.
    Das Ganze hatte etwas ungeheuer Leidenschaftliches, das sich leicht nachahmen ließ.
    Ich führte in der Nacht fiktive Gespräche mit ihr, sprach einmal in meiner, dann in ihrer Stimme, und stellte mir vor, sie würde mir bestimmte Zusammenhänge in meinem Leben erklären, von denen ich bisher nichts geahnt hatte. Als ich nach und nach das Gefühl bekam, durch meinSpiel (am dunklen Balkon, auf der Couch, vor einem auf lautlos geschalteten Fernseher) tatsächlich neue Erkenntnisse zu gewinnen, bekam ich Angst und hörte damit auf.
    Ich begnügte mich mit erotischen Fantasien. Ich schlug Valerie vor, sich vor mir auszuziehen und dann nackt für mich zu tanzen. Sie lehnte zuerst angewidert ab. Ich drängte, erzählte ihr von einem Ohrgeräusch, das mich schon seit meiner Jugend quälte. Es habe zufällig genau die Tonhöhe ihrer Sprechstimme, allerdings transponiert in höhere Frequenzbereiche.
    – Siehst du? So –
    Ich machte den Ton nach. Sie hörte mir mit professionellem Unbehagen zu. Das Ohrgeräusch sei außerdem genau jenes Geräusch, das entstehe, wenn sie sich den Stoff ihrer Hose über die glatten Beine ziehe, dieses unnachahmliche
Siii
, ein seidig behauchter Ton wie von einer gestrichenen Harfensaite.
    Sie lachte am anderen Ende der Leitung. Dann streckte sie ihre Hand aus und berührte mich am Kinn, trotz der Distanz, die uns trennte.
    Ich entschuldigte mich für meine Ungeduld und wiederholte meine Bitte. Sie tat schließlich, was ich von ihr verlangte. Ich hörte das Geräusch eines eilig abgestreiften Seidenkleids.
Siii
. Ich schlug ihr vor, vor mir in die Knie zu gehen.
    Sie tat es. Ich verlor, wie durch Geisterhand, alle meine Kleider.
    Ihr Mund bewegte sich neugierig über meinen Bauch, setzte, ohne mich zu küssen, mit sanftem Druck Berührungen hintereinander wie ein wanderndes Stethoskop. Dann legte sie den Kopf in den Nacken, blickte zu mir auf und verriet mir ein Geheimnis:
    – Ganz kühl, besonders um den Bauchnabel herum. Der Bauch einer Frau ist wärmer als der eines Mannes.
    Noch während ich über dieses wunderbare Mysterium nachdachte, das irgendwie mit den hinterlistigen Gesetzmäßigkeiten des Lebens verwandt sein musste, nahm sie meinen Penis in den Mund.
    – Ja, nimm ihn in den Mund. Lutsch daran … Oh!
    Mein Handy fiel mir vor Aufregung aus der Hand und blieb auf dem schmalen Teppichstreifen vor der Couch liegen. Mir fiel ein, dass ich es ja gar nicht mehr brauchte, nicht hier, nicht in meiner Wohnung. Wozu die Maskerade? Ich war allein. Ich sprach jetzt frei, ohne Verkleidung.
    – Oh ja, gib mir deine Zähne … beiß in die Spitze … ich will deine Schneidezähne spüren … ja … oh, genau so … ja …
    Ich erregte mich selbst immer mehr. Vor mir auf dem Boden, im Halbdunkel des Zimmers, schwebte das unscharfe Bild von Valerie. Wie immer bei Frauen, die ich gerade erst kennen gelernt hatte und begehrenswert fand, hatte ich große Schwierigkeiten, mir ihr Gesicht vorzustellen. Ich musste mich mit einer unvollkommenen Erinnerung und einer ungefähren Andeutung begnügen.
    Ich fickte sie wild in den Mund.
    Die dazugehörenden Schmatzgeräusche machte ich selbst, indem ich an zwei Fingern meiner linken Hand lutschte.
    Auf dem kleinen Kästchen neben der Couch entdeckte ich eine Teetasse, die dort seit heute Morgen stehen musste. Sie war mit stilisierten Kranichen verziert. Der Tee war inzwischen eiskalt.
    – Willst du heißen Tee?, fragte ich.
    Valerie – für einen sehr kurzen Augenblick sah ich sieklar vor mir –, Valerie nickte mit meinem Schwanz im Mund, sodass dieser brav mitnickte.
    Sie stand langsam auf, dabei behielt sie mich so lange im Mund, wie es ging. Dann machte sie mit ihrer Hand sanfte Pumpbewegungen, so wie sie nur

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