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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zanken!« murmelte sie nach einem Schweigen. »Wollt ihr denn nicht vernünftig sein?«
    »Nein!« rief Louise. »Ich habe es jetzt satt! ... Denkst du, er sieht sein Unrecht ein? Ach ja! Ich habe ihm nur gesagt, wie sehr es uns beunruhigt hat, als er gestern nicht nach Hause kam, und da fällt er über mich her wie ein Wilder und beschuldigt mich, ihm sein Leben verdorben zu haben, und droht mir, nach Amerika auszuwandern!«
    Lazare unterbrach sie mit fürchterlicher Stimme.
    »Du lügst! ... Wenn du mir meine Verspätung so behutsam vorgeworfen hättest, dann hätte ich dich umarmt, und alles wäre schon vergessen. Aber du hast mich beschuldigt, daß ich dir ein tränenreiches Dasein bereite. Ja, du hast mir gedroht, dich im Meer zu ertränken, wenn ich dir das Leben weiterhin unmöglich mache.«
    Und sie legten beide wieder los, machten rücksichtslos ihrem Groll Luft, der während des ständigen Zusammenpralls ihrer Charaktere immer mehr angewachsen war. Bei Kleinigkeiten fing es an, mit einer Neckerei, die sie nach und nach zu heftiger Antipathie trieb, die den Rest des Tages trostlos machte. Louise mit ihrem sanften Gesicht wurde schließlich boshaft, seit er an ihre Vergnügungen rührte, boshaft wie eine schmeichlerische Katze, die sich an die anderen anschmiegt und dabei die Krallen ausstreckt. Lazare empfand trotz seiner Gleichgültigkeit die Streitigkeiten als eine Befreiung aus der Stumpfheit seiner Langeweile, er blieb oft hartnäckig dabei, da es für ihn eine Zerstreuung bedeutete, sich fieberhaft zu erregen.
    Pauline hörte ihnen indessen zu. Sie litt mehr als die beiden; diese Art, sich zu lieben, ging über ihren Verstand. Warum schonten sie sich nicht aus Mitleid, warum stellten sie sich nicht aufeinander ein, wenn sie zusammen leben mußten? Es schien ihr so leicht, das Glück in der Gewohnheit und im Mitgefühl zu sehen. Und sie war zutiefst betrübt, sie betrachtete diese Ehe immer als ihr Werk, ein Werk, von dem sie gewünscht hätte, daß es gut und dauerhaft sei, damit sie wenigstens durch die Gewißheit, klug gehandelt zu haben, für ihr Opfer belohnt würde.
    »Ich mache dir nicht einmal den Vorwurf, daß du mein Vermögen vergeudest«, fuhr Louise fort.
    »Das fehlte auch noch!« rief Lazare. »Es ist ja nicht meine Schuld, wenn man mich bestohlen hat.«
    »Oh! Man bestiehlt nur die Ungeschickten, die sich die Taschen ausnehmen lassen ... Wir haben trotzdem nur noch armselige vier oder fünftausend Francs Jahreszinsen, wovon man in diesem Loch eben gerade leben kann. Ohne Pauline würde unser Kind eines Tages ganz nackt herumlaufen, denn ich bin wohl darauf gefaßt, daß du das übrige auch noch aufzehrst mit deinen außergewöhnlichen Einfällen, deinen Unternehmungen, die allesamt fehlschlagen.«
    »Geh, fahr nur fort, dein Vater hat mir gestern schon die gleichen netten Komplimente gemacht. Ich habe erraten, daß du ihm geschrieben hattest. Daher habe ich auch diese Düngerangelegenheit fahrenlassen, ein sicheres Unternehmen, bei dem hundert Prozent zu gewinnen waren. Aber ich bin wie du, ich habe es satt, der Teufel soll mich holen, wenn ich mir noch weiter Mühe gebe ... Dann werden wir eben hier leben.«
    »Ein schönes Leben für eine Frau meines Alters, bei Gott! Ein wahres Gefängnis; nicht eine einzige Gelegenheit, auszugehen und Menschen zu sehen; immer dieses dämliche Meer da vor einem, durch das die Langeweile scheinbar noch größer wird ... Ach, wenn ich das gewußt hätte! Wenn ich das gewußt hätte!«
    »Glaubst du denn etwa, für mich ist es ein Vergnügen? Wäre ich nicht verheiratet, könnte ich auf und davon gehen, sehr weit fort, und anderswo mein Glück versuchen. Zwanzigmal habe ich schon Lust dazu gehabt. Aber das ist jetzt vorbei, ich bin jetzt in diesem gottverlassenen Nest festgenagelt, wo mir nur noch zu schlafen übrigbleibt ... Du hast mich zugrunde gerichtet, ich fühle es wohl.«
    »Ich habe dich zugrunde gerichtet! ... Habe ich dich etwa gezwungen, mich zu heiraten? Hättest du nicht sehen müssen, daß wir nicht füreinander geboren waren? Es ist deine Schuld, wenn unser Leben verpfuscht ist.«
    »O ja! Unser Leben ist verpfuscht, und du tust alles, um es jeden Tag noch unerträglicher zu machen.«
    In diesem Augenblick unterbrach Pauline sie zitternd, obgleich sie sich fest vorgenommen hatte, sich herauszuhalten.
    »Schweigt doch, ihr unvernünftigen Kinder! Die Wahrheit ist, daß ihr es mutwillig verpfuscht, dieses Leben, das so schön sein könnte.

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