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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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dich.«
    Bei seiner Seelenlage sind Bewegung und Ablenkung das beste. Wie ihm eigentlich ist, seit er weiß, was er weiß, das weiß er noch nicht, weiß nicht einmal, ob er es wissen will. Drüben sind die Vorhänge zugezogen. Jennifer und Martin bleiben im Hotel; ein portugiesisches Kindermädchen beaufsichtigt die Kinderschar. Der Wind hat weiter aufgefrischt, Franziska bindet ihr Seidentuch um den Kopf, und Hand in Hand gehen sie durch die Gassen, von Schaufenster zu Schaufenster, wie souvenirgeile Touristen. K&K beschäftigen sie weiter.
    »Dieser Karl, dieser Sexprotz! Glaubt immer noch, das sei das Wichtigste im Leben. Ich bin froh, daß du da nicht so ehrgeizig bist.«
    Robert nickt und lächelt und wird abermals gelobt.
    »Du hast dich sehr zu deinem Vorteil entwickelt. Unsere Ehe ist intensiver geworden. Findest du nicht auch?« Die Brust dem Wind dargeboten, geht er an ihrer Seite: »Liebes, ich möchte jetzt nicht über unsere Ehe nachdenken, ich möchte dir etwas schenken.«
    Vor dem nächsten Schaufenster bleibt er stehen und deutet auf das Kleid in der Auslage.
    »Das da und kein anderes!«
    Gütestur tritt er ein, läßt sie anprobieren, ohne Frage, wie sie sich darin fühlt, ob es ihr gefällt, kauft es, ohne zu handeln, zum vollen Touristenpreis, so sehr gefällt sie ihm darin und er sich selbst. Franziska sagt nichts, weder über den Preis noch über das Spannen am Rücken und unter den Armen. Sie läßt es gleich an und friert ein bißchen bei dem Wind. Robert kauft eine Flasche Grappa, öffnet sie unterwegs und nimmt einen großen Schluck. Auch Franziska setzt die Flasche an. »Du säufst wie eine Lady«, sagt er.
    »Und du läßt es hineinlaufen wie ein Tankwart.« Immerhin, der Trester wärmt. Vor dem Hotel empfängt sie Geschrei. Drinnen raufen die Buben, das Kindermädchen ist weg. Martin hechtet gerade mit Anlauf in den Knäuel, die Vaterhand zieht ihn heraus.
    »Wo ist Jennifer?«
    Martin zuckt unter Pappis Grappafahne.
    »Die ist weg. Mit einem Mann.«
    Der Sohn weiß nicht, was er sagt, sieht nur, wie die Eltern einander anschauen, und der Pappi hat den milden Ton, hinter dem er große Erregung verbirgt.
    »Mit welchem Mann?«
    »Ich weiß auch nicht.«
    »Wohin sind sie gegangen?«
    »Ich weiß auch nicht.«
    »Bitte Martin, besinn dich!«
    »Ich weiß auch nicht.«
    Die Mutter hat beim Portier Sprachübungen gemacht, aber der weiß auch nichts, und schon flattern die Eltern durch die Beherbergungsanlage. Vaterraison triumphiert über Mutterinstinkt. Auf der Restaurationsterrasse lehnt Jennifer kokett an einem Stuhl, einem alten Herrn in Mantel und Shawl gegenüber, der sich köstlich über sie zu amüsieren scheint — Sidonies Robert.
    »Jennifer!«
    Sie strahlt, und der andere Robert dreht sich nach ihm um.
    »Entschuldigen Sie. Ihre Tochter hat mich glänzend unterhalten. Ein intelligentes Kind.«
    Robert nickt so freundlich er kann.
    »Jennifer!«
    Franziska ist dazugekommen und nimmt sie an der Hand.
    »Hin schöner Name«, sagt der andere Robert und nickt ihr zu. Still zieht die harmonische Familie ab.
    Mit der Hand auf dem kleinen Kopf beginnt im Lift das Verhör.
    »Was hat denn der Mann von dir gewollt?«
    »Ach nix. Wir haben uns unterhalten, und ich hab ihm erzählt.«
    »Was hast du ihm erzählt?«
    »Nur so. Wie ich heiße und wo ich wohne, und er hat gesagt, daß er da auch wohnt.«
    »Und was hat er noch gesagt?« will die Mutter wissen.
    »Nix. Er hat nur wissen wollen, ob das mein Pappi ist, der so viel schwimmt.«
    »Und was hast du gesagt?« will der Vater wissen.
    »Ich hab ja gesagt. Und daß du immer ganz weit rausschwimmst und nachher blau bist und zitterst.«
    »Mußt du so übertreiben? Ich versteh dich überhaupt nicht, Jennifer.« Sein Ton ist streng und eindringlich. »Du kannst nicht einfach mit einem wildfremden Mann reden!«
    Mit großen Unschuldsaugen sah Jennifer ihren Vater an.
    »Der ist doch nicht fremd. Du hast ja auch mit seiner Tochter geredet.«
    Franziska stutzte:
    »Du meinst mit der Dame am Erfrischungszelt? Aber Kind, das ist doch was anderes.«
    Robert war beruhigt. Seine Ruhe äußerte sich in Tatendrang, und weil er im Grunde todmüde war, wurde ein Ristorante daraus, in das er die Familie einlud. Jeder durfte essen und trinken, was er wollte. Er selbst aß nicht viel, trank dafür um so mehr Wein. Viel zu viel, wie Franziska feststellte. Dann lagen sie platt wie Lebkuchenmänner auf dem Rücken mit ab gespreizten Armen und Beinen in ihren

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