Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
Vom Netzwerk:
unbewaffnet gesehen und fragte sich, ob er
ihr damit etwas mitteilen wollte. ‚Ich strecke die Waffen? Ich weiß, dass jeder
Kampf töricht wäre? Ich habe trotzdem keine Angst vor Ihrer Überlegenheit?’
Wahrscheinlich war es ihm nur zu riskant vorgekommen, mit einer offenen Klinge
in der Schwerelosigkeit herumzulaufen.
    Er hatte seine Runde beendet und
kam wieder bei Dschinn an. „Sie mögen vielleicht hoffen, immer einen Kompromiss
zu finden, der beiden Seiten nützt. Ich halte das für eine ehrenwerte, aber
blauäugige Einstellung. Irgendwann wird der Moment kommen, wo Sie sich entscheiden
müssen.“
    „Das glaube ich nicht. Menschen
denken gerne in Gegensätzen und verlangen Entweder-Oder-Entscheidungen. Ich
habe zu viele Persönlichkeiten, um die Welt einfach in Schwarz und Weiß aufzuteilen.
Sehen Sie, gestern hat uns Randori einen norwegischen Fischpudding vorgesetzt.
Sie meinte: ‚Schmeckt das nicht himmlisch?’ und ich sagte ‚Ja’. Dann erklärte
Serail, er findet es scheußlich, und ich sagte ‚Ja, stimmt’. – Die beiden haben
mich genauso verwirrt angesehen, wie Sie jetzt gerade.“ Dschinn lächelte und
erhob sich in die Luft, um wie ein Wasserwesen durch den leeren Raum zu
schwimmen. Sie drehte sich seelöwenartig um die eigene Achse, und die
Leichtigkeit ihres Körpers schien die Schwere des Gespräches aufzuheben.
    Lazarus seufzte ihr hinterher.
„Ich wünschte, Sie würden nicht immer vollkommen menschlich aussehen, wenn Sie
solche Sachen sagen.“
    „Das lässt sich ändern. Wenn Sie
sich dadurch wohler fühlen.“ Sie stieß sich an der gegenüberliegenden Wand ab,
kam zu ihm zurückgeflogen und landete auf allen Vieren. Ihre Gestalt ähnelte
jetzt einem übergroßen Hermelin mit klugem Gesicht und himmelblauen Augen.
Dschinn richtete sich auf den Hinterbeine auf, putzte sich das Fell und fragte:
„Gefällt es Ihnen?“
    „Oh ja“, sagte Lazarus leicht
belustigt. „Ich kann kaum widerstehen, Ihnen den Bauch zu kraulen.“
    „Das ist nicht die Wirkung, die
ich erreichen wollte“, stellte Dschinn fest. „Vielleicht würden Sie so
freundlich sein und sich als mein Modeberater betrachten? Ich habe bald meinen
ersten öffentlichen Auftritt und weiß nicht, was ich anziehen soll.“
    „Es heißt, das sei ein typisch
weibliches Problem. Eine Dame in Bedrängnis kann immer über mich verfügen.“ Er
verbeugte sich im französischen Hofstil und setzte hinzu: „Sie sind also
tatsächlich entschlossen, Ihr Inkognito zu lüften und das Schiff über die
Wandler aufzuklären? Randori hat angedeutet, dass Sie das vorhaben.“
    „Unsere Kapitänin hat Sie
informiert?“, fragte Dschinn ungläubig.
    Lazarus lächelte auf seine engelhafte
Art. „Nicht ganz freiwillig. Das Wesentliche hatte ich schon vorher von ...
anderen Quellen erfahren.“
    „Natürlich“, sagte sie trocken.
„Und was halten Sie von meinen Plänen?“
    „Ich bin froh darüber. Sehen Sie,
das ist der Hauptgrund, warum ich vorbeigekommen bin. Meiner Meinung nach ist
es höchste Zeit, dass die Öffentlichkeit von den Dschinn erfährt. Diese
Angelegenheit ist zu wichtig, um sie hinter verschlossenen Türen zu regeln. Vielleicht
klingt es seltsam, wenn ausgerechnet ich eine Lanze für die Demokratie breche,
aber die Passagiere haben ein Recht darauf, an diesem Erstkontakt beteiligt zu
werden. Schließlich sind sie es, die den Planeten besiedeln sollen und die
später mit den Dschinn zurechtkommen müssen.“
    „Ich bin ganz Ihrer Meinung“,
sagte sie in neutralem Tonfall.
    Lazarus lehnte sich auf den
Fußballen vor. In der Schwerelosigkeit sah es aus, als würde er sich gegen
einen starken Wind anstemmen. „Die Zeit der Crew ist vorbei. Das war mir schon
in dem Moment klar, als die Schiffssensoren eine bewohnbare Welt entdeckten.
Wenn sich die Menschen erst über einen Planeten verteilt haben, ohne den
Zusammenhalt durch den Strom, wird die konzentrierte Macht unserer
Zentralregierung von selbst zusammenbrechen. Je schneller die Passagiere lernen,
ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, desto besser.“ Er machte eine
harte, wegwerfende Bewegung mit seinen beringten Fingern. „Also bleibt mir
nichts anderes übrig, als dem Schiff vor meiner Abdankung einen Schnellkurs in
demokratischer Volksherrschaft zu erteilen.“
    Dschinn schob ihre unteren
Augenlider nach oben und blinzelte langsam. „Sie haben bereits abgedankt, falls
Ihnen das entfallen sein sollte ...“
    „Ja tatsächlich, manchmal
entschlüpft diese

Weitere Kostenlose Bücher