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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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die
Schubladen gestürzt wie ein ausgehungerter Hund auf ein Stück Fleisch. Ein
Dschinn würde fast alles tun, wenn man ihm ein neues Stück DNA unter die Nase
hält, richtig?“ Randori kam sich ein wenig boshaft vor, weil sie es so
formulierte. Dschinn war der Gedanke an ihren Suchtanfall sichtbar peinlich.
    „Das gilt nicht für uns alle“,
beeilte sie sich zu erklären. „Wir sind Individuen, und das Verhalten von
Einzelnen ist kaum vorherzusagen. Es wird immer Raubtiere geben, die euch
einfach nur töten wollen und Philosophen, die sich über ihre biologischen
Instinkte erhoben haben. Wenn ich der Einfachheit halber die ganze Zeit von
‘uns’ spreche, meine ich die Mehrheit meiner Spezies. Diese Mehrheit wird gerne
bereit sein, euch in jeder Weise zu unterstützen, wenn ihr dafür mit DNA-Proben
bezahlt. Andererseits, wenn ihr unsere Welt beschädigt, wird derselbe Hauptteil
meiner Spezies euch aus purem Überlebensinstinkt zu Hackfleisch verarbeiten.“
Sie lächelte zynisch. „Zuckerbrot und Peitsche. Das klingt doch nach der Basis
für eine gute Nachbarschaft.“
    „Also, das bedeutet, ich darf Ihre
Kernzellen untersuchen?“ Die Ärztin schaltete sich nach längerer Pause wieder
in das Gespräch ein und kam mit wissenschaftlicher Hartnäckigkeit auf den
Ausgangspunkt zurück.
    Dschinn seufzte. „Ja, ich bin
einverstanden. Sie können mich als Versuchskaninchen benutzen. Aber dafür
verlange ich, dass Sie mich über jeden Fortschritt Ihrer Forschungen informieren
und dass niemand außer uns Dreien davon erfährt. Wenn es an Bord tatsächlich zu
einer Massenhysterie kommt, können Sie mit Ihrer Alien-Erkennungs-Maschine
immer noch an die Öffentlichkeit gehen.“
    „Und was ist mit der Gefahr einer
geheimen Waffenproduktion?“
    Dschinn zuckte mit den Schultern.
„Ich glaube gerne, dass Sie persönlich keine Waffe entwickeln werden, aber dann
tut es später jemand anderes. Das einzige Mittel dagegen ist Diplomatie.
Solange die Menschen ihre Ziele auf friedliche Weise erreichen können, wären
sie verrückt, einen Krieg gegen eine so gefährliche Spezies wie uns vom Zaun zu
brechen. Warum sollte man jemandem mit Gewalt drohen, wenn man ihn viel
einfacher kaufen kann?“
    „Na, wenn das keine menschliche
Denkweise ist“, sagte Randori und dachte bei sich: Es kann funktionieren. Gegen
alle Wahrscheinlichkeit kann diese Kolonie mehr werden als ein totales Fiasko.
    Es war auch höchste Zeit, dass in
ihrer Regierung irgendetwas so lief, wie sie es geplant hatte.
     

 
    Als Serail wieder ins Bewusstsein
zurückdämmerte, hatte er bohrende Kopfschmerzen, die noch bis in seine Zehen
auszustrahlen schienen. Hinter seiner Stirn klopfte es dröhnend, und bei jedem
Pochen schien vor seinen Augen ein Feuerwerk abzubrennen. Er wollte sich die
Schläfen massieren und merkte, dass er seine Arme nicht bewegen konnte. Sie
fühlten sich bleiern schwer an. Was war mit ihm los? Beunruhigt versuchte er
sich aufzusetzen, aber sein Körper reagierte nicht. Serail kämpfte noch eine
Weile gegen einen seltsamen Widerstand an, dann endlich meldete sich sein
Verstand und machte ihm klar, dass er nicht gelähmt, sondern gefesselt war.
Jemand hatte ihn fachgerecht verschnürt.
    Allmählich gewöhnten sich seine
Augen an die Dunkelheit. Er war in einem höhlenartigen Saal, und um ihn herum
lagen zerlumpte Gestalten. Sie sahen tot aus. Es schienen Hunderte zu sein. Ein
erstickender Geruch von Körperausdünstungen erfüllte die Halle. Serail fragte
sich, ob er wie all diese Menschen als verwesende Leiche enden würde, und
wünschte nur, dass vorher die Kopfschmerzen aufhören würden.
    Seltsamerweise war es dieser
Gedanke, der ihn auf eine Spur brachte. Das Pochen schien nicht länger aus der
Innenseite seines Schädels sondern von außen zu kommen. Serail starrte auf die
Gestalt, die ihm am nächsten lag und erkannte, dass sie sich bewegte. Die
mageren Finger der rechten Hand klopften rhythmisch auf eine am Boden liegende
Trommel. Es wirkte makaber und geisterhaft, wie die mechanischen Zuckungen
eines Zombiekörpers. Serail war in einer Schamanenhöhle.
    Er wollte nicht länger auf die
Knochenfinger seines Nachbarn starren, riss sich zusammen und konzentrierte
sich auf seine Situation. Warum war er hier? Man hatte ihn als Amokpatienten
auf einer Liege fortgeschleppt. Eine getarnte Entführung? Das ergab keinen
Sinn. Warum sollte irgendjemand ihn entführen? Dann, nach einigen Minuten,
stieß sein noch immer benebelter Geist

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