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Die fünfhundert Millionen der Begum

Die fünfhundert Millionen der Begum

Titel: Die fünfhundert Millionen der Begum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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haben zu existiren.
    – Einen solchen Plan hätten Sie aber doch völlig geheim halten sollen.
    – Mein Lieber, erwiderte Herr Schultze, da fehlt es Ihnen wieder einmal an der nöthigen Logik. Ich beklage deshalb auch weniger, daß Sie so jung sterben müssen!«
    Marcel war bei den letzten Worten aufgesprungen.
    »Wußten Sie das wirklich nicht vorher, fuhr Herr Schultze eiskalt fort, daß ich von meinen Projecten niemals gegen Andere spreche als gegen Die, welche sie nicht mehr verrathen können?«
    Die Glocke ertönte. Arminius und Sigimer, zwei Riesen von Gestalt, erschienen an der Thür.
    »Sie wollten in mein Geheimniß dringen, sagte Herr Schultze, Sie kennen es!…. Nun werden Sie dafür den Tod erleiden!«
    Marcel gab keine Antwort.
    »Sie sind ein viel zu heller Kopf, fuhr Herr Schultze fort, als daß Sie annehmen könnten, ich würde Sie nun, da Sie davon wissen, was ich zunächst beabsichtige, noch am Leben lassen können. Das wäre ein unverzeihlicher Leichtsinn, das wäre unlogisch. Die Größe meines Zieles verbietet mir, dessen Erreichung durch die Rücksichtnahme auf den verhältnißmäßig geringen Werth eines einzelnen Menschenlebens zu gefährden – selbst eines Menschen wie Sie, dessen gute Gehirnorganisation ich übrigens hochschätze. Ich bedauere wirklich, daß mich eine schwache Regung von Eigenliebe etwas zu weit hingerissen hat und mich nun zwingt, Sie unschädlich zu machen. Sie werden jedoch einsehen, daß ich angesichts der von mir verfolgten Interessen nicht einem weicheren Gefühle nachgeben darf. Ich gestehe Ihnen jetzt gern ein, daß Ihr Vorgänger Sohne wegen Verletzung desselben Geheimnisses hat sterben müssen und nicht durch die Explosion einer Dynamit-Patrone umgekommen ist. Meine Regel duldet keine Ausnahme. An einem unumstößlichen Gesetze vermag ich selbst nichts zu ändern!«
    Marcel blickte Herrn Schultze an. Der Ton seiner Stimme sagte ihm, daß der Starrsinn dieses Trotzkopfes nicht zu beugen sein werde und daß er verloren sei. Er gab sich also nicht einmal Mühe, gegen jenes Urtheil Einspruch zu erheben.
    »Wann werde ich sterben und auf welche Weise? fragte er.
    – Sorgen Sie sich nicht um solche Einzelheiten, erklärte Herr Schultze völlig ruhig. Sie werden sterben, doch wird Ihnen jede Todesqual erspart bleiben. Sie werden eines Morgens nicht wieder erwachen. Das ist Alles!«
    Auf einen Wink des Stahlkönigs sah Marcel sich abgeführt und nach seinem Zimmer gebracht, vor dessen Thür die beiden Riesen Wache standen.
    Als er sich aber allein sah, dachte er zitternd vor Angst und Wuth an den Doctor, an dessen Familie, seine Landsleute, an Alle, die er liebte.
    »Der Tod, der meiner wartet, ist das Geringste, sagte er, doch die Gefahr, die ihnen droht, wie soll ich diese beschwören?«
Fußnoten
    1 Die Hundsgrotte in der Nähe von Neapel erhielt den Namen von der merkwürdigen Eigenschaft ihrer Atmosphäre, welche einen Hund oder jedes etwa ebenso große vierfüßige Thier erstickt, während sie dem aufrechtstehenden Menschen nicht schadet – eine Eigenschaft, welche auf eine ungefähr sechzig Centimeter hohe Schicht Kohlensäure zurückzuführen ist, die in Folge ihrer Schwere nur dicht über dem Erdboden lagert.
     

Neuntes Capitel.
(Fortsetzung.)
    Marcel’s Lage war gewiß eine sehr ernste. Was konnte er, dessen Lebensstunden jetzt gezählt waren und der mit der untergehenden Sonne vielleicht seine letzte Nacht hereinbrechen sah, dagegen thun?
    Er schlief nicht einen Augenblick – weniger aus Furcht, nicht wieder zu erwachen, wie ihm Herr Schultze gesagt – aber weil seine Gedanken sich von France-Ville, dem eine so beispiellose Katastrophe drohte, nicht wieder zu trennen vermochten.
    »Was soll ich beginnen? fragte er sich immer wieder. Jene Kanone zerstören? Den Thurm, der sie trägt, in die Luft sprengen? Wie könnte ich das? Entfliehen!…. Entfliehen, wo mein Zimmer von jenen beiden Riesen bewacht ist! Und wenn es mir gelänge, vor jenem schrecklichen 13. September aus Stahlstadt zu entweichen, wie sollte ich das drohende Unheil abwenden?…. Immerhin! Kann ich auch unsere liebe Stadt nicht beschützen, so kann ich doch deren Bewohner retten, wenn ich noch zu ihnen gelange mit dem Rufe: Flieht! Flieht ohne Säumen! Ihr seid bestimmt, durch Feuer und Eisen elend umzukommen! Flieht Alle, Alle!«
    Dann wendeten sich Marcel’s Gedanken einer anderen Richtung zu.
    »O, der teuflische Schultze! dachte er. Selbst angenommen, er habe die zerstörende Gewalt

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