Die fünfhundert Millionen der Begum
zu seinem täglichen Manöver. Er ging dabei einfach darauf aus, Arminius’ und Sigimer’s Neugier zu erregen. Als eingefleischte Raucher mußten sie sich doch endlich den Busch merken, von dem er seine Blätter pflückte, und einmal den Versuch machen, welchen Geschmack diese Beimischung dem Tabak wohl verleihe.
Seine Rechnung sollte nicht täuschen und die beabsichtigte Folge trat sozusagen mit mechanischer Nothwendigkeit ein.
Am siebenten Tage – dem Tage vor jenem verhängnißvollen 13. September – sah Marcel endlich, als er den Blick zufällig nach rückwärts schweifen ließ, zu seiner größten Befriedigung, daß auch die beiden Wächter sich einigen Vorrath von jenen Blättern mitnahmen.
Bald darauf überzeugte er sich, daß sie dieselben am Feuer dörrten, dann in den groben Händen zerrieben und ihrem Tabak beimengten. Sie schienen schon im voraus lüstern zu sein auf diesen Genuß.
Wollte Marcel denn Arminius und Sigimer wirklich nur einschläfern? Nein. Ihm genügte es ja nicht, nur ihrer Wachsamkeit zu entgehen. Er mußte auch Hilfsmittel finden, um im Wasser glücklich durch den Kanal zu kommen, selbst wenn dieser mehrere Kilometer lang war. Auch dieses Mittel stand klar vor Marcel’s Augen. Immerhin konnte der Versuch neunmal unter zehnmal mißlingen, doch das Opfer seines jede Stunde bedrohten Lebens erschien ihm ja nur gering.
Der Abend kam heran, mit ihm die Essensstunde und der Zeitpunkt für seinen gewöhnlichen letzten Spaziergang. Das unzertrennliche Dreiblatt begab sich in den Park.
Ohne eine Minute zu verlieren, wendete sich Marcel scheinbar absichtslos nach einem im Gebüsch errichteten Gebäude, nämlich der Modellkammer zu. Dort setzte er sich auf eine einsame Bank und begann zu rauchen.
Sofort ließen sich Arminius und Sigimer, die ihre Pfeifen stets bei der Hand hatten, auf einer Bank in der Nähe nieder und bliesen dicke Wolken vor sich her.
Die narcotische Wirkung ließ nicht lange auf sich warten.
Nach kaum fünf Minuten taumelten die zwei schweren Männer wie zwei Bären in ihrem Käfig umher. Ihre Augen verschleierte eine Wolke, ihre Ohren summten; ihre Gesichtsfarbe wechselte von hellroth zu kirschroth; machtlos sanken ihre Arme herab und die Köpfe fielen auf die Rücklehne der Bank nieder.
Die Pfeifen lagen bald auf der Erde.
Endlich mischte sich ein lautes Schnarchen unter das Zwitschern der Vögel, welche der ewige Sommer im Parke von Stahlstadt zurückhielt.
Das war der Augenblick, auf den Marcel wartete. Man kann sich vorstellen, mit welcher Ungeduld, denn am nächsten Abend um elf Uhr fünfundvierzig Minuten sollte das von Herrn Schultze dem Untergange geweihte France-Ville verschwinden.
Marcel eilte in den Modellsaal. Dieser große Raum enthielt ein ganzes Museum, hydraulische Motore, Locomotiven, Dampfmaschinen, Locomobilen, Pumpen. Turbinen, Bohrmaschinen, Schiffsmaschinen, Schiffsrumpfe – gewiß für mehrere Millionen, wahre Meisterwerke. Hier wurden die Holzmodelle von jedem Stück aufbewahrt, das seit Gründung der Fabrik des Herrn Schultze jemals in derselben angefertigt worden war, und selbstverständlich fehlten darunter Modelle für Kanonen, Torpedos u. dergl. nicht.
Die Nacht war dunkel und dem kühnen Unternehmen, das der junge Elsässer plante, besonders günstig. Während er seinen Fluchtversuch ermöglichte, wollte er auch das Modellmuseum von Stahlstadt der Vernichtung preisgeben. O, hätte er es mit der Kasematte und dem Geschütz, das diese barg, den furchtbaren unzerstörbaren Stierthurm gleichzeitig vernichten können! Doch daran war nicht zu denken.
Marcel’s erste Sorge war es hier, sich eine kleine Stahlsäge auszuwählen, mit der er Eisen durchschneiden konnte, welche er von einem Werkzeuggestelle herabnahm und in die Tasche gleiten ließ. Hierauf entzündete er ein Streichhölzchen und warf es brennend in die Ecke des Saales, wo Zeichnungen und leichte Modelle aus Weidenholz aufgehäuft lagen.
Dann verschwand er eiligst.
Kurze Zeit nachher züngelten schon die durch das viele leicht brennbare Material genährten Flammen durch die Fenster. Sofort ertönte die Alarmglocke; die elektrischen Klingeln meldeten den Unfall durch ganz Stahlstadt und von allen Seiten stürmten die Feuerwehr-Mannschaften mit ihren Dampfspritzen herbei.
Gleichzeitig erschien Herr Schultze, dessen Gegenwart geeignet war, seine Arbeiter anzuspornen.
Binnen wenigen Minuten zeigten die Kessel schon vollen Dampfdruck und die gewaltigen Spritzen warfen ihre
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