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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Scheinwerferstrahlen wirkte die frisch ausgehobene Erde fast weiß, die Schichten sahen mit ihren verschiedenen Farbschattierungen aus wie ein durchgebrochener Mars-Riegel.
    «Komm nicht näher!»
    «Sophie   …?»
    «Es ist eine Frau.»
    «Könnte es Barb–?»
    «Kaschmir und Tweed», sagte Sophie. «Sie trägt Kaschmir und Tweed.»
    «Wie sieht sie aus? Ich hab sie gesehen. Als sie wegen der Beerdigung zu Mom gekommen ist   …»
    «Jane, bitte.»
    «Ich bin kein kleines Kind mehr. Lasst mich doch einfach   –»
    «Jane.» Eirion nahm ihre Hand in seine matschverkrustete Pranke. «Wir können nicht erkennen, wie sie aussieht.»
    Sophie sagte kühl: «Jemand scheint ihr Gesicht in Stücke gehackt zu haben, bevor er sie vergraben hat.»
    Sophies Kamelhaarmantel war ruiniert.

50
Drecksack
    Robin stand allein im Hof und drehte sich zu dem Bauernhaus um, das von der schwachen Außenlampe beleuchtet wurde. Und es war, als würde er endlich aufwachen.
    Er sah die ehemals weißen Wände, die jetzt verdreckt waren und von denen der Putz abblätterte. Die vier Frontfenster saßen klein und tief in der Mauer, wie schielende Augen.
    Es war wie ein Schlag in den Magen:
Was für eine Bruchbude!
    Was machte er hier in diesem armseligen Schuppen mit einem undichten Ofen und einem Haufen feuchtem Holz? Und seine Frau kam und ging wie ein Geist, und seine Entwürfe wurden mit dem Vermerk «Totale Scheiße» an ihn zurückgeschickt. Dieser ganze Ort lehnte ihn doch ab.
    Den gesamten Tag über hatte er um sich herum eine Art Irrsinn gespürt, wilde Stimmungsschwankungen, und dann war plötzlich die Sonne hervorgekommen, und in den Pfützen hatte sich der Regenbogen gespiegelt.
    «Ich glaube immer noch, dass Kirk sich von vernünftigen Argumenten überzeugen lassen wird.»
    Der elegante und kultivierte Ned Bain konnte das alles wieder umdrehen, auch wenn Bain das nicht für Robin tat, den er nicht wirklich brauchte, sondern für Betty, die er anscheinend brauchte. Wie jeder andere auch.
    Selbst die Hexen sprachen mit gedämpften Stimmen über Betty. Zur Wicca-Bewegung gehörten die unterschiedlichsten Leute, aber diejenigen, vor denen man sich am meisten in Acht nehmen musste, waren die Männer   – Typen, die über Gruppensex und rituelle Geißelung gelesen und gehört hatten, man könne mit Magie bewirken, dass ein Schwanz die ganze Nacht hart bleibt. Solche Typen gab es in jedem Konvent. Andererseits gab es auch Frauen wie Betty.
«Ich hatte mich so darauf gefreut, sie kennenzulernen»
, hatte Ned Bain gesagt.
    Betty und Bain schienen allerdings kaum miteinander gesprochen zu haben, seit sie wieder nach Hause gekommen war, so als wollte sich keiner vom andern in die Karten sehen lassen. Denn dass hier jeder seine eigene Strategie verfolgte, merkte sogar der naive Robin, der ganz bestimmt kein Medium war. Vielleicht kommunizierten Bain und Betty – wie Hohepriester und Hohepriesterin – ohne Worte. Robin ballte die Hände zu Fäusten. Allein der Gedanke war unerträglich.
    Die Nacht war sehr kalt und klar, mit einem Viertelmond und unzähligen Sternen. Worauf, im Namen aller Götter, warteten sie also noch?
    Die Kirche war für ihre Rückkehr zur Alten Religion vorbereitet worden. Hundert dicke Kerzen waren aufgestellt worden, plus Fackeln im Garten, und für das Feuerwerk danach war auch alles bereit. Es herrschte eine bedeutungsschwere Stille, die selbst die durchgeknallte Vivvie und Max mit der Flötenstimme nicht brachen. Sogar die verdammten Christen hatten mit ihrem Gesinge aufgehört.
    Robin hatte unbedingt aus dem Haus gemusst; er hatte die Spannung nicht mehr ertragen, war auf und ab gelaufen und hatte die Hexen genervt, die im Wohnzimmer herumhingen und warteten. Ihre Gewänder – angesichts der extremen Kälte wollten sie sich nun doch etwas anziehen – lagen in Beuteln zu ihren Füßen bereit, die Lichterkrone stand fertig in der Mitte des Zimmers. Er hatte gewollt, dass Betty mit ihm hinausging und sich ihm anvertraute. Sie war eine mächtige Priesterin, aber sie war auch immer noch seine Frau, verdammt.
    Doch Betty hatte seinen Blick gemieden.
    Gab es etwas, das er nicht wissen sollte? Ein Geheimnis, das Bain ihr anvertraut hatte? Bain, der später mit ihr gemeinsam den Großen Ritus ausführen würde – zum Schein.
Zum Schein, oder?
Robins Fingernägel gruben sich in seine Handflächen. Bain sah gut aus, und er war vermutlich ein sehr sexueller Typ.
    Normalerweise – eigentlich immer – verspürte er in

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