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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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natürlich nich, dass Barbara Sie getroffen hat, bevor sie so zugerichtet wurde. Die wissen gar nichts über Sie und Weal, den verdammten Hindwell Trust und die ganzen Patienten, die Sie an Weal vermittelt haben, damit er sich um ihr Testament kümmert   …»
    «Ich verstehe überhaupt nicht, wovon Sie reden.» Dr.   Coll war ungefähr so überzeugend wie ein Typ, der nachts um zwei mit einem Laster voller Videos erwischt wird und sagt, er käme gerade vom Flohmarkt.
    «Gut.» Gomer verschränkte die Arme. «Ich will offen mit Ihnen sein, Dr.   Tod. Alles, was wir im Moment wissen wollen, ist, wo sich die Frau Pfarrer aufhält. Wenn wir die Frau Pfarrer finden, haben wir wahrscheinlich so viel zu bereden, dass wir vor morgen nicht dazu kommen, bei der Polizei irgendwas auszusagen. Das würde einem gewissen Drecksack genug Zeit verschaffen, um seinen Range Rover mit Geld vollzupacken und sich zu verpissen.»
    «Ich habe Frau und Kinder», sagte Dr.   Coll. Es platzte aus ihm heraus, als hätte er plötzlich begriffen, was los war. Wenn er kein verdammter Arzt gewesen wäre, hätte er Gomer fast leidgetan.
    «Wo ist meine Mom?», schrie die kleine Jane Dr.   Coll ins Gesicht.
     
    Auf dem Altar stand ein großer Kelch mit Rotwein, daneben lagen die Geißel und die Handglocke, der Stab für die Luft, das Schwert für das Feuer. Robin war jetzt wirklich sauer. Er saß direkt in der Türöffnung auf der Fußmatte, verdammt nochmal, und hätte am liebsten vorgeschlagen, dass sie den Kelch rumgehen ließen oder wenigstens eine Flasche Wein aufmachten.
    Betty, die auf der anderen Seite des Zimmers saß, spürte seine Ungeduld und lächelte ihn warnend an. Fast ein intimer Moment. Ihr Gesicht war warm und jung und wunderschön im Schimmerder Lampe, die in der Mitte des Zimmers auf dem Boden stand – die auch die Mitte des Kreises wäre, wenn sie einen gezogen hätten. Aber der heutige Kreis würde draußen gezogen werden.
    Wenn es überhaupt einen gäbe, aber immerhin waren sie angezogen und bereit. Es war vielleicht wirklich nicht der richtige Abend, um die Feier nackt zu zelebrieren. Außerdem liebte Robin Betty in dem losen, grünen, mittelalterlichen Kleid, das sie sich vor zwei, drei Jahren genäht hatte. Robin trug seine wollene Tunika, er besaß nichts Feierlicheres. Aber er würde heute Abend auch nicht im Mittelpunkt stehen, er war nur ein Speerträger.
    Ned Bain saß in einem langen schwarzen Gewand auf den nackten Steinfliesen direkt unter dem Fenster, dem Herd gegenüber. Er schien irgendetwas zu hören, aber offenbar nicht die Ausführungen von Max.
    Max hatte als Einstimmung eine Meditation über die Natur der Grenze vorbereitet und ihnen die Übersetzung eines alten walisischen Gedichts vorgelesen, in dem es um den Tod Pwylls ging, des Sohnes von Llywarch dem Älteren, der sang: «Als mein Sohn getötet wurde, war sein Haar voll Blut und floss zu beiden Seiten des Flusses.» Robin hatte in Gedanken ein Bild gezeichnet – das lange, blutige Haar war für einen Illustrator ein Geschenk. Wicca funktionierte auf merkwürdige Weise; obwohl er selbst nicht in der Lage war, Geister wahrzunehmen oder in die Zukunft zu sehen, begann seine Phantasie durch so ein Bild sofort zu blühen. Das
war
doch was.
    «Lasst uns an diesem heiligen keltischen Abend», intonierte Max, «unsere Augen schließen und uns die geisterhaften Denkmale unserer Ahnen vorstellen, die überall um uns herum sind. Wir sind an einem weiten, stillen Ort, die Steine um uns herum in einem grauen Nebel. Aber darüber erhebt sich der Burfa-Hügel, und wir können die am Morgen der Tagundnachtgleiche aufgehende Sonne erkennen. Die Schwärze der Nacht gebiert den strahlendenTag, den neuen Frühling. Und auch wir werden wiedergeboren in einen neuen Tag, in eine neue Ära.»
    Das war’s. Es herrschte Stille. Robin hatte vor seinem inneren Auge die Steine aufragen sehen, seine Seele sehnte sich nach dem neuen Tag, aber er verbannte die Eindrücke. Er hatte genug. Er bewegte sich unruhig auf seiner Matte hin und her. Betty sah es und wusste, dass er etwas sagen wollte.
    Stattdessen sagte
sie
etwas. Aber zuerst lächelte sie traurig im Schein der Lampe, für ihn, und Robin dachte, sein Herz würde vor Liebe zerspringen.
    Und dann sagte Betty, sehr ruhig: «Es waren einmal, vor gar nicht allzu langer Zeit, zwei Stiefbrüder   …»
     
    Jane und Gomer eilten über die Straße, um zur Dorfhalle zu kommen. Jane fand es völlig verrückt, den Doktor

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