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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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großmäuliges Arschloch war, den alle Subtilität verließ, sobald er seine Farben wegräumte.
    Er fühlte sich total verarscht, von allen und jedem. Wie viele von ihnen hatten das schon gewusst? Wie viele wussten, dass Nicholas Ellis Bains Stiefbruder war, der seine Mutter gedeckt hatte, nachdem sie Bains Vater erstochen hatte? War das hier so eine Art britische Wicca-Verschwörung, und nur er war ausgeschlossen?
    Aber Robin musste nur Vivvies verkniffenes, erstarrtes Gesicht ansehen, um verdammt sicher zu sein, dass kaum einer von ihnen Bescheid gewusst hatte, wenn überhaupt jemand. Vielleicht wussten sie über Neds Vater Bescheid und über Neds Verbitterung über seine Ermordung, aber nicht über die wahre Identität des heiligen Nick Ellis.
    «Ned   …» Max stand auf und massierte nervös seinen gewaltigen Bart. «Ich denke, du schuldest uns eine Erklärung.»
    Alle, außer Betty, sahen zu dem schwarzgekleideten, immer noch entspannten Ned Bain, der jetzt allerdings mürrisch wirkte, irgendwie finster. Betty blickte, nachdem sie die Granate ins Zimmer geworfen hatte, einfach in ihren Schoß.
    Ned führte seine Hände zusammen, die Ellenbogen von innen an die Knie gestemmt, die Ärmel seines Umhangs fielen nach unten. Er lächelte reumütig und schüttelte langsam den Kopf. Dann holte er, zu Max’ offensichtlichem Missfallen, ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug hervor, und sie alle mussten warten, bis er so weit war.
    «Also, was Betty sagt, ist so weit richtig.» Er klang irgendwie weggetreten, als hätte er Marihuana geraucht. «Mein Vater hat Frances Wesson geheiratet, und unser intelligenter, freigeistiger, liberaler Haushalt ist praktisch über Nacht zu einem streng christlichen Fegefeuer geworden: Tischgebete, jeden Sonntag zweimal zur Kirche, Ikonen an jeder Wand   … und das glückselige Gesicht meines frommen, selbstgefälligen Stiefbruders. Natürlich habe ich ihn gehasst. Schon lange bevor er die Polizei angelogen hat.»
    Erneut rauchgeschwängerte Stille.
    «Simon Wesson hat also   … seinen Namen geändert?», fragte Max.
    «Ich glaube, Ellis war Frances’ Mädchenname. Sie hatte den schrecklichen Marshall McAllman schon auf einer seiner früheren Missionen in England kennengelernt, aber das ist erst später herausgekommen.»
    «Mit anderen Worten», sagte Max, allzu offensichtlich darum bemüht, Ned dabei behilflich zu sein, dieses kleine Missverständnis auszuräumen, «dein Vater war einfach nicht mehr interessant, nachdem amerikanische Neureiche auf den Plan getreten waren.»
    «Oh, ich habe mir im Laufe der Zeit alle möglichen Szenarien ausgemalt, Max, aber dass der Tod meines Vaters irgendetwas mit Notwehr zu tun hat, ist ausgeschlossen. Simon kennt die Wahrheit. Mir war klar geworden, dass es mein Schicksal ist, ihn dazu zu bringen, das zuzugeben. Darauf habe ich mich konzentriert, und es hat mich dazu gebracht, Dinge zu tun, die ich sonst nie getan hätte. So bin ich zu Wicca gekommen.»
    Robin bemerkte, dass Betty aufsah, ihre grünen Augen waren voller Härte, aber auch voller Intelligenz und Erkenntnis. Es würde keine Hintertür geben, keine Abkürzung. Ned Bain zog an seiner Zigarette.
    «Ich habe es zuerst als einfacher Ikonoklast versucht, hab mir eingeredet, ich wäre Atheist. Dann habe ich eine Weile mit Magieexperimentiert – da war ich ungefähr neunzehn. Aber nur, bis ich gemerkt habe, dass das genauso verkrampft und pompös ist wie das High-Church-Christentum von Frances. Nur das Heidentum schien von diesem Zeug frei zu sein, das war eine große Erleichterung für mich: nackt, elementar, ohne Hierarchien – genau, was ich brauchte.»
    Betty sagte, ohne ihn anzusehen: «Wie lange wusstest du schon von diesem Ort?»
    «Oh, erst seit Simon hergekommen ist. Seit er die Dorfhalle übernommen hat. Seit er ‹Vater Ellis› geworden ist. Als er zurück nach England kam, war er zuerst Vikar im Nordosten, aber das hat mir nichts genützt. Er hat nichts gemacht, was ihn   … angreifbar gemacht hätte. Ich habe ihn in Amerika jahrelang beobachten lassen – es gibt da inzwischen ein riesiges heidnisches Netzwerk.»
    «Kali Drei zum Beispiel?», fragte Betty.
    Robin sah, wie Ned Betty einen kurzen, scharfen Blick zuwarf; sie reagierte nicht. «Ich habe verschiedene Informationsquellen benutzt.» Er wandte sich von ihr ab, als wäre das irrelevant. «Und als ‹Vater Ellis› dann an der walisischen Grenze so hohe Wellen geschlagen hat, bin ich hergekommen, um mir selbst

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