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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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genau, wo es war, den Teil hab ich nicht gelesen. Man will schließlich nicht sein ganzes Leben lang auf eine bestimmte Brücke fixiert sein, oder?»
    «Nein.»
    «Was Gerry über Schuldgefühle gesagt hat, ist Quatsch. Warum sollte
sie
sich denn schuldig fühlen? Sie hatte mit den krummenGeschäften doch nichts zu tun. O.   k., es ist für eine Witwe einfacher, bei der Kirche unterzukommen, als für eine frisch geschiedene Frau – vielleicht hat sie sich schuldig gefühlt, weil ihr sein Tod dabei geholfen hat.»
    «Was empfindest du für deinen Vater?»
    «Er war lustig», sagte Jane, «aber ich war noch sehr klein. Solange man klein ist, ist der Vater immer lustig. Wie war es bei dir zu Hause? Habt ihr alle Walisisch gesprochen? Sprichst du Walisisch?»
    «Nur, wenn bestimmte Leute zu Besuch kommen. Da jeder Englisch spricht, muss man eigentlich kein Walisisch sprechen. Aber es gibt Leute, denen es
korrekter
erscheint, Walisisch zu sprechen, wenn du verstehst, was ich meine.»
    «Wow, klingt nach einem Minenfeld.»
    «Es ist ein kulturelles Minenfeld, ja. Aber ich mag Walisisch. Es ist nicht meine Muttersprache, aber ich kann es fast genauso gut.»
    «Fluchst du auf Walisisch? Könntest du in der Schule auf Walisisch fluchen, sodass es niemand merkt?»
    «Interessante Frage», sagte Eirion. «Die meisten Leute wechseln automatisch ins Englische, wenn sie fluchen. Sie gehen die Straße lang und unterhalten sich auf Walisisch, dann stolpert einer und sagt: ‹Oh, Shit.›»
    «Oh, Shit», flüsterte Jane.
    Es kam ganz plötzlich – als würde einem eine graue Wolldecke über den Kopf geworfen.
    «Oh Gott», sagte Jane.
    Es war, als wären sie auf einem unheimlichen Rummelplatz. Rote Lichter irgendwo in der Luft. Weiße Lichter, verzerrte Umrisse, die sich über alle drei Fahrbahnen erstreckten.
    Sie hörte Eirion scharf einatmen, als er auf die Bremse trat und das Lenkrad herumriss. Überall waren Lichter.
Falsche Lichter in der
Nacht der Verderbnis.
Jane hörte Schreie lauter und leiser werden wie in einer Achterbahn.
    Der Motor ging aus, das Auto schleuderte und bockte. Und hielt an? Hatten sie angehalten?
    Inmitten all der blinkenden Lichter entstand ein Moment intensiver Ruhe, in dem Jane bemerkte, dass Eirion es geschafft hatte, das Auto zum Stehen zu bringen, ohne irgendetwas zu rammen. Sie atmete erleichtert aus. «Oh Gott.»
    «Das ist eine Massenkarambolage», sagte Eirion. «Ich weiß nicht, was wir machen sollen. Sollen wir aussteigen?»
    «Vielleicht können wir jemandem helfen.»
    «Ja.»
    Es war neblig, aber es zog auch Dampf oder so etwas über die Straße. Man sah Silhouetten, die sich bewegten. Sogar im Auto roch es nach Benzin. Jane wischte an der Windschutzscheibe herum und sah Metall, das wie Gedärm verdreht und verzogen war. Der Nebel waberte wie giftiges Gas, man hörte Rufen und Schmerzschreie und sah die wächsernen Strahlen von Autoscheinwerfern.
    Plötzlich schrie Jane laut auf und fiel dumpf in ihren Sitz zurück. Eirion löste seinen Gurt und beugte sich über sie. «Jane?»
    «Ich hab einen Arm gesehen. Auf der Straße. Ein einzelner Arm, mit Hand und Fingern, ganz weiß, nur ein   –»
    Hinter ihnen quietschten Bremsen.
    Hinter
ihnen.
    Jane drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um es zu sehen, das Monster mit den vielen Augen, bevor es größer wurde, die Zähne fletschte und sie zerdrückte.

16
Schmutzige Einzelheiten
    Gareth Prosser lud für seine Schafe Heu oder Silage, oder wie auch immer sie das Zeug hier nannten, auf einen Anhänger. Er stieß weiße Atemwolken aus und sah nicht einmal auf, als Robin zu ihm geschlendert kam, sondern brummelte nur etwas Richtung Anhänger.
    «Wigetso?»
    Robin nahm an, dass sein Nachbar sich nach seinem Wohlergehen erkundigte.
    «Gut», sagte er, obwohl er sich nach der Blackmore-Absage immer noch mies fühlte. Es war ungefähr Viertel nach acht. «Schöner Morgen. Nach dem Nebel gestern.»
    «Nich übel.»
    Gareth Prosser richtete sich auf. Er trug einen dunkelgrünen Nylon-Overall und eine alte, verfärbte Mütze.
    «Ich frag mich, ob Sie mir einen Rat geben können», sagte Robin.
    Gareth Prosser sah ihn an. Eigentlich sah er eher links an Robin vorbei, was beunruhigend war, als stünde jemand mit einer Axt hinter ihm.
    «Feuerholz», sagte Robin. «Wir brauchen trockenes Holz für den Ofen, und ich dachte, Sie kennen vielleicht einen guten Händler.»
    Gareth Prosser dachte nach. Er war ein kleiner, untersetzter Typ Mitte fünfzig,

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