Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
also noch einen Friedhof – obwohl es keine Kirche mehr gibt?»
    Mrs.   Prosser antwortete nicht. Er hörte, wie sie Kaffee eingoss. Ihm fiel auf, dass sie noch gar nichts dazu gesagt hatte, dass er Amerikaner war. Vielleicht war es egal, von wie weit weg man kam, wenn man nicht von hier stammte.
    Er erhob seine Stimme ein bisschen. «Als St.   Michael noch genutzt wurde, waren Beerdigungen wahrscheinlich ein Problem. Ich meine, mit dem Fluss und so.» Na gut, es zeugte wahrscheinlich nicht gerade von Feingefühl, weiter über Beerdigungen zu reden, aber es war seine einzige Möglichkeit, auf Pfarrer Penney zu sprechen zu kommen, und die würde er sich nicht entgehen lassen.
    «Da ist seit Jahrhunderten niemand mehr beerdigt worden. Der Fluss macht den Boden zu feucht.» Sie kam mit zwei braunen Tassen auf einem Tablett zurück.
    «Danke, äh, Judith. Ich hab übrigens den Pfarrer kennengelernt. Er ist bei uns vorbeigekommen.»
    «Mr.   Ellis ist ein guter Pfarrer.»
    «Aber kein Einheimischer», sagte Robin.
    «Einheimische Pfarrer kriegt man doch nirgendwo mehr, oder? Aber er zieht Leute an, ist sogar sehr populär.»
    «Gefällt Ihnen das, wenn neue Leute ins Dorf kommen?»
    Sie lachte. Eine gutaussehende Frau, auf etwas verwitterte Art. «Hängt davon ab, was für Leute. Gegen Kirchgänger sagt keiner was. Wenn sie großzügig für die Kollekte spenden.»
    «Nick Ellis scheint ja nicht gerade das zu sein, was man einen durchschnittlichen Pfarrer nennt», sagte Robin.
    «Er passt zu unseren Bedürfnissen», sagte Mrs.   Prosser. «Vater Ellis hat einen etwas anderen Stil, als wir es gewohnt sind, aber ein bisschen frischer Wind ist ja nichts Schlechtes, sagt man doch immer. Holt uns ein bisschen aus unserem alten Trott raus, nicht?»
    «Vermutlich.» Er probierte den Kaffee. Er war stark und überraschend gut. Judith Prosser stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch und setzte sich auf das Sofa gegenüber. Sie war viel intelligenter, als er gedacht hatte. Er schämte sich für seine selbstgefälligen Vorurteile gegenüber der Landbevölkerung, gegenüber den
Einheimischen
. Also wagte er einen Versuch.
    «Nach allem, was ich so höre, scheint diese Gegend ungewöhnliche Geistliche geradezu anzuziehen. Dieser Typ   … Penney?»
    «Meine Güte», sagte Judith, «Sie haben aber wirklich in sehr kurzer Zeit sehr viel Klatsch und Tratsch mitbekommen.»
    «Man kauft ja nicht alle Tage eine Kirche. Da fühlt man sich irgendwie verpflichtet, ihrer Geschichte auf den Grund zu gehen.»
    «Jedenfalls den schmutzigen Einzelheiten.»
    «Na ja   … wahrscheinlich.» Er schenkte ihr sein charmantes, schüchternes Lächeln.
    «Terry Penney.» Judith nippte an ihrem Kaffee. «Was gibt es da zu sagen? Ein eher stiller Mann. Sehr belesen. Sein Arbeitszimmer war vom Boden bis zur Decke voller Bücher. Er war nicht unfreundlich, lebte noch nicht mal besonders zurückgezogen. Jedenfalls zuerst nicht.»
    «Er hat nicht im Bauernhaus gewohnt – in unserem Haus?»
    «Nein, nein, das war immer nur ein Bauernhaus. Das Pfarrhaus lag am Ortseingang, an der Walton Road. Es gehört jetzt Mr.   Weal – dem Anwalt.»
    Robin hatte diesen Namen schon einmal irgendwo gehört. Hatte Juliet Pottinger ihn in ihrem Brief erwähnt?
    «Und   … die schmutzigen Einzelheiten?»
    «Beherrschen Sie sich, Mr.   Thorogood, dazu komme ich schon noch.»
    Robin grinste; sie war in Ordnung.
    «Also, mein Mann hat als Erster geahnt, dass irgendwas nicht stimmte. Die Kirche in Old Hindwell hat jedes Jahr beim Landrat einen Zuschuss für die Instandhaltungskosten beantragt. Doch in diesem bestimmten Jahr blieb der Antrag plötzlich aus.»
    Sie lächelte ironisch. Offenbar – damit hatte Robin nicht gerechnet – genoss sie es richtig, diese Geschichte zu erzählen.
    «Pfarrer Penney war damals schon fast anderthalb Jahre hier. Wir dachten, er hat es vergessen, und Landrat Prosser ist zu ihm gegangen, um ihn daran zu erinnern. Aber Mr.   Penney hat ganz dreist gesagt: Oh nein, das hätte er nicht vergessen. Er wolle gar keinen Zuschuss. Er finde nicht, dass die Kirche erhalten werden sollte.»
    Robin riss die Augen auf.
    «Diese Kirche ist
falsch
, hat Mr.   Penney gesagt. Sie steht am falschen Ort. Sie hätte dort niemals hingebaut werden sollen. Das Wasser ist nicht gesund. Das Gebäude ist vernachlässigt. Es gibt keine Parkmöglichkeiten. Er hatte eine ganze Menge Erklärungen parat. Und er hat gesagt, er hätte an die Diözese geschrieben und

Weitere Kostenlose Bücher