Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
Vom Netzwerk:
auf den Docht einer Kerze oder einer Lampe, und die Baumwolle wird sich bis aus ungefähr einen Zoll damit schwängern, und eine Stunde lang wird die Kerze oder die Lampe den Tod ausströmen, um hernach so unschuldig zu brennen, wie eine andere Lampe oder eine andere Kerze.«
    »Ihr seid dessen, was Ihr sagt, sicher, Remy?« – »Ich habe alle diese Experimente gemacht, gnädige Frau; seht diese Vögel, die nicht mehr schlafen können und nicht fressen wollen,, sie haben Wasser, diesem ähnlich, getrunken. Seht diese Ziege, die mit demselben Wasser besprengtes Gras gefressen hat, sie haart sich, und ihre Augen irren in den Höhlen.«
    »Kann man diese Phiole sehen, Remy?« – »Ja, Madame, denn die ganze Flüssigkeit hat sich zu dieser Stunde zu Boden gesetzt; doch wartet!«
    Remy trennte sie mit unendlicher Vorsicht von dem Destillierkolben; dann verstopfte er sie sogleich mit einem Pfropfen von weichem Wachs, den er auf der Oberfläche ihrer Mündung abplattete, und reichte, nachdem er diese Mündung noch mit einem Stück Wolle umwickelt hatte, das Fläschchen seiner Gefährtin.
    Diana nahm es ohne die geringste Bewegung, hob es in die Höhe der Lampe und sagte, nachdem sie die dichte Flüssigkeit eine Zeitlang betrachtet hatte: »Das genügt; wir wählen, wenn es Zeit sein wird, einen Strauß, Handschuhe, eine Lampe, Seife oder eine Wasserkanne. Hält sich die Flüssigkeit im Metall?« – »Sie zernagt es.«
    »Aber dann wird dieses Fläschchen vielleicht zerbrechen?« – »Ich glaube nicht; seht, wie dick der Kristall ist; überdies können wir es in ein goldenes Gefäß einschließen oder vielmehr einschachteln.«
    »Ihr seid also zufrieden, nicht wahr, Remy?«
    Und etwas wie ein bleiches Lächeln schwebte über dieLippen der Dame und gab ihr jenen Lebensschimmer, den ein Mondstrahl erstarrten Gegenständen verleiht.
    »Mehr als je, gnädige Frau, die Bösen bestrafen, heißt das heiligste Vorrecht Gottes üben.«
    »Hört, Remy, hört! Es ist der Hufschlag von Pferden auf der Straße, wie mir scheint; Remy, unsere Pferde sind angekommen.«
    »Das ist wahrscheinlich, gnädige Frau, und es ist ungefähr die Stunde, wo sie kommen sollen. Noch nun will ich sie wegschicken.«
    »Warum?« – »Sind sie nicht unnötig?«
    »Statt nach Meridor zu gehen, Remy, gehen wir nach Flandern, behalte die Pferde!« – »Ah! ich verstehe.«
    Und nun zuckte in den Augen des Dieners ebenfalls ein Blitz der Freude, der sich nur mit dem Lächeln Dianas vergleichen ließ.
    »Aber, Grandchamp,« fügte er hinzu, »was machen wir mit ihm?«
    »Grandchamp bedarf der Ruhe, sage ich Euch. Er wird in Paris bleiben und dieses Haus verkaufen, das wir nicht mehr brauchen.« – »Noch alle diese Öfen, diese Retorten, diese Destillierkolben?«
    »Was liegt daran, wenn sie andere nach uns finden, da sie hier wären, als wir das Haus kauften?« – »Aber diese Pulver, diese Säuren, diese Essenzen?«
    »Ins Feuer damit, ins Feuer.« – »So entfernt Euch!«
    »Ich!« – »Ja, oder nehmt wenigstens diese gläserne Maske!«
    Remy reichte der Dame eine Maske, die sie vor ihr Gesicht band.
    Er selbst drückte sich auf seinen Mund und auf seine Nase einen großen wollenen Pfropfen, setzte den Blasebalg in Bewegung, belebte die Flamme der Kohlen und schüttete, als das Feuer gehörig brannte, die Pulver daraus, die ein lustiges Geknister von sich gaben und teils in grünen Feuernaufzuckten, teils sich in schwefelblassen Funken verflüchtigten; dann goß er die Essenzen darauf, und statt die Flammen auszulöschen, stiegen diese wie Feuerschlangen mit einem Geräusch, dem eines entfernten Donners ähnlich, in die Röhre auf.
    Als alles verzehrt war, sagte Remy: »Ihr habt recht, Madame, wenn nun einer das Geheimnis dieses Kellers entdeckt, wird er glauben, ein Alchimist habe ihn bewohnt; heute verbrennt man noch die Zauberer, aber man achtet die Alchimisten.«
    »Ei! wenn man uns verbrennen würde, so wäre dies, wie mir scheint, nur Gerechtigkeit, sind wir nicht Giftmischer? .... und wenn ich an dem Tage, an dem ich den Scheiterhaufen besteige, nur meine Aufgabe erfüllt habe, so widerstrebt mir diese Todesart nicht mehr, als irgendeine andere; die Mehrzahl der alten Märtyrer ist so gestorben.«
    Remy machte eine Gebärde der Zustimmung, nahm sodann seine Phiole aus den Händen seiner Gebieterin und packte sie sorgfältig wieder ein.
    In diesem Augenblick klopfte man an die Haustür.
    »Es sind Eure Leute, Madame, Ihr habt Euch nicht

Weitere Kostenlose Bücher