Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
Vom Netzwerk:
behaupteten, eine Bewegung im französischen Lager bemerkt zu haben.
    Eine kleine Barke war auf der Scheide abgeschickt worden; unruhiger über das, was auf der Seeseite, als über das, was auf dem Lande vorging, wünschten die Antwerpener genaue Nachricht über die französische Flotte zu erhalten, aber die kleine Barke war nicht zurückgekehrt.
    Der Prinz von Oranien stand auf, biß vor Zorn auf seine büffelledernen Handschuhe und sagte zu den Antwerpenern: »Monseigneur wird euch so lange warten lassen, meine Herren, daß Antwerpen genommen und verbrannt ist, wenn er ankommt; die Stadt wird dann darüber urteilenkönnen, welcher Unterschied in dieser Hinsicht zwischen den Spaniern und den Franzosen stattfindet.«
    Diese Worte waren nicht geeignet, die Herren bürgerlichen Offiziere zu beruhigen; sie schauten sich auch mit großer Bewegung an.
    In diesem Augenblick kam ein Spion, den man auf die Straße nach Mecheln geschickt hatte, und der bis Saint-Nicolas geritten war, zurück und meldete, er habe weder etwas gesehen noch gehört, was die Ankunft der erwarteten Person verkündigt hätte.
    »Meine Herren,« rief der Schweigsame bei dieser Nachricht, »ihr seht, wir würden vergebens warten; gehen wir selbst vorwärts, die Zeit drängt. Es ist gut, Vertrauen auf höhere Talente zu haben, aber ihr seht, daß man sich vor allem auf sich selbst verlassen muß. Beraten wir also.«
    Er hatte noch nicht vollendet, als der Türvorhang aufgehoben wurde; ein Diener der Stadt trat ein und sprach das einzige Wort, das in diesem Augenblick tausend andere wert zu sein schien: »Monseigneur!«
    In dem Tone dieses Mannes, in der Freude, die er bei Erfüllung seiner Pflicht als Huissier offenbarte, vermochte man die Begeisterung des Volkes und sein ganzes Vertrauen auf den zu lesen, den man mit dem unbestimmten und ehrfurchtsvollen Namen: Monseigneur! nannte.
    Kaum war der Ton der bebenden Stimme erloschen, als ein Mann von hoher, gebieterischer Gestalt, der mit der höchsten Anmut den Mantel trug, der ihn ganz umhüllte, in den Saal trat und die Anwesenden höflich grüßte.
    Doch mit dem ersten Blick fand sein stolzes, durchdringendes Auge den Prinzen mitten unter den Offizieren heraus. Er ging gerade auf ihn zu und reichte ihm die Hand.
    Der Prinz drückte diese Hand herzlich und beinahe ehrfurchtsvoll. Beide nannten einander Monseigneur.
    Nach diesem kurzen Austausch von Höflichkeiten legte der Unbekannte seinen Mantel ab. Er trug ein Wams von Büffelleder, tuchene Beinkleider und lange lederneStiefel. Bewaffnet war er mit einem langen Degen, der einen Teil nicht seines Kostüms, sondern seiner Glieder zu bilden schien, so leicht spielte er an seiner Seite; ein kleiner Dolch stak in seinem Gürtel, neben dem eine mit Papieren gefüllte Ledertasche hing.
    In dem Augenblick, als er seinen Mantel abwarf, konnte man seine langen Stiefel ganz von Staub und Kot befleckt und seine Sporen blutgerötet sehen.
    Er nahm an der Ratstafel Platz und fragte: »Nun, wie weit sind wir, Monseigneur?« – »Monseigneur,« antwortete der Schweigsame, »Ihr mußtet, als Ihr hierherkamt, sehen, daß die Straßen verrammelt sind.«
    »Ich habe das bemerkt.« – »Und die Häuser mit Schießscharten versehen,« sagte ein Offizier.
    »Was konnte ich nicht sehen, doch es ist eine gute Vorsichtsmaßregel.« – »Und die Ketten verdoppelt,« sagte ein anderer.
    »Vortrefflich,« – »Monseigneur billigt diese Vorkehrungen zur Verteidigung nicht?« fragte eine Stimme, der Unruhe und Verdruß leicht anzumerken waren.
    »Doch, doch,« sagte der Unbekannte; »aber ich glaube nicht, daß sie zur Zeit sehr nützlich sind; sie ermüden die Soldaten und beunruhigen die Bürger. Ich denke, Ihr habt einen Angriffs- und Verteidigungsplan?« – »Wir erwarteten Monseigneur, um ihn mitzuteilen,« antwortete der Bürgermeister.
    »Sprecht, meine Herren, sprecht!« – »Monseigneur ist ein wenig spät gekommen, und mittlerweile mußte ich handeln lassen,« fügte der Prinz hinzu.
    »Und Ihr habt wohlgetan, Monseigneur; man weiß überdies, daß Ihr, wenn Ihr handelt, gut handelt. Glaubt mir, ich habe meine Zeit auf dem Wege auch nicht verloren.«
    Dann wandte er sich zu den Bürgern.
    »Wir wissen, daß sich eine Bewegung im Lager der Franzosen vorbereitet,« sagte der Bürgermeister; »sie treffenAnstalten zu einem Angriff; doch da wir nicht wissen, von welcher Seite der Angriff stattfinden wird, so haben wir unsere Kanonen so aufgepflanzt, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher