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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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so gut, so geduldig war, solange er bei den Bewohnern des geheimnisvollen Hauses die Rechtschaffenheit zu sehen geglaubt hatte, die er selbst übte. Jetzt aber fühlte er sich verraten. Nachdem er den ersten Schmerz verwunden hatte, schüttelte der junge Mann seine schönen blonden Haare, wischte sich seine mit Schweiß bedeckte Stirn ab und stieg wieder zu Pferde, entschlossen, keine von den Vorsichtsmaßregeln mehr zu nehmen, die ihm ein Überrest von Ehrfurcht geraten hatte, und er begann, den Reisenden sichtbar und mit entblößtem Antlitz zu folgen. Er war entschlossen, weder mit Remy noch mit dessen Gefährtin zu reden, sondern sich nur von ihnen erkennen zu lassen.»Oh! ja, ja!« sagte er zu sich selbst, »wenn ihnen nur noch ein wenig Herz bleibt, so wird meine Gegenwart ein blutiger Vorwurf für diese Leute ohne Treu und Glauben sein, die mir das Herz mutwillig zerreißen.«
    Er hatte nicht fünfhundert Schritte hinter den zwei Reisenden gemacht, da gewahrte ihn Remy, und dessen Unruhe machte auch die Dame aufmerksam. Sie wandte sich um und glaubte Henri zu erkennen. Auch sie konnte sich nicht eines Gefühls der Bangigkeit enthalten.
    »Wir sind nun in Mecheln,« sagte sie, »wechseln wir die Pferde, wenn es sein muß, um rascher zu marschieren, aber eilen wir, nach Antwerpen zu kommen.«
    »Dann sage ich im Gegenteil,« versetzte Remy, »gehen wir nicht nach Mecheln hinein, unsere Pferde sind von guter Rasse, reiten wir bis zu jenem Flecken, den man dort links erblickt; er heißt, glaube ich, Villebrock; so vermeiden wir die Stadt, das Gasthaus, die Fragen, die Neugierigen und sind weniger verlegen, die Pferde und die Kleider zu wechseln, wenn es notwendig sein sollte.«
    »Vorwärts, Remy, also gerade auf den Flecken zu!«
    Sie wandten sich nach links und kamen auf einen kaum gebahnten Pfad, der jedoch sichtbar nach Villebrock führte. Henri verließ die Landstraße auf derselben Stelle wie sie, schlug denselben Pfad ein wie sie und folgte ihnen stets in gleicher Entfernung.
    Sie kamen bald nach Villebrock. Von den zweihundert Häusern, aus denen der Flecken bestand, war nicht eines bewohnt; nur einige vergessene Hunde und Katzen liefen scheu in dieser Einsamkeit umher. Remy klopfte an zwanzig Stellen an; er sah keinen Menschen und wurde von niemand gehört.
    Henri, der die Reisenden wie ihr Schatten begleitete, hielt vor dem ersten Hause des Fleckens an, klopfte an die Tür dieses Hauses, aber ebenso fruchtlos wie Remy, und da er nun vermutete, der Krieg sei die Ursache dieserLandflucht, so wartete er, um sich wieder auf den Marsch zu begeben, sobald die Reisenden aufgebrochen wären.
    Dies taten sie, nachdem ihre Pferde das Korn gefressen hatten, das Remy in der Kiste eines verlassenen Wirtshauses fand.
    »Madame,« sagte Remy, »wir sind weder mehr in einem ruhigen Land noch in einer gewöhnlichen Lage; wir dürfen uns nicht wie Kinder der Gefahr preisgeben. Wir werden sicher auf Franzosen oder Flamländer stoßen, abgesehen von den spanischen Parteigängern, denn in der seltsamen Lage, in der sich Flandern befindet, müssen hier Straßenläufer aller Art, Abenteurer von allen Ländern hausen; wäret Ihr ein Mann, so würde ich anders mit Euch sprechen; doch Ihr seid eine Frau, Ihr seid jung, Ihr seid schön, Ihr lauft eine doppelte Gefahr für Euer Leben und für Eure Ehre.«
    »Nun! was schlagt Ihr vor? Denkt und handelt für mich; Remy, Ihr wißt, daß mein Geist nicht auf dieser Erde ist.«
    »Dann bleiben wir hier, wenn Ihr mir folgen wollt, ich sehe viele Häuser, die ein sicheres Obdach bieten können; ich habe Waffen, wir werden uns verteidigen oder uns verbergen, je nachdem ich uns für stark genug oder für zu schwach halten muß.«
    »Nein, Remy, nein, ich muß weiter gehen, nichts soll mich aufhalten,« erwiderte die Dame, den Kopf schüttelnd; »ich würde nur für Euch Furcht bekommen, wenn ich mich überhaupt fürchten könnte.«
    »Vorwärts, also,« sagte Remy.
    Und er ritt weiter, ohne ein Wort hinzuzufügen.
    Die unbekannte Dame folgte ihm, und Henri du Bouchage, der zugleich angehalten hatte, setzte sich mit ihnen wieder in Marsch.

Das Wasser.
    Je weiter die Reisenden kamen, desto seltsamer war der Anblick des Landes. Es sah aus, als wären die Felder und Triften verlassen wie die Flecken und die Dörfer.
    In der Tat, nirgends weideten mehr Kühe auf den Wiesen, nirgends sprangen Ziegen an den Seiten des Berges oder erhoben sich an den Hecken, um die grünen Knospen der

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