Die Fünfundvierzig
machen, wenn ein Joyeuse Angst haben könnte. Noch es ist doch gewiß, daß sie geht, daß sie weint, und daß sie Küsse gibt; du hast es mir selbst gesagt und dies ist, wie mir scheint, ein sehr gutes Vorzeichen, teurer Freund; aber das ist nicht alles; sprich, hernach, hernach?« – »Hernach kommt nur noch wenig; ich folgte ihr also, sie suchte sich mir nicht einmal zu entziehen, den Weg zu verändern, einen falschen Weg einzuschlagen; sie schien nicht einmal hieran zu denken.«
»Nun, wo wohnte sie?« – »In der Gegend bei Bastille, in der Rue de Lesdiguières; vor ihrer Tür wandte sich ihr Begleiter um und sah mich.«
»Du machtest ihm sodann ein Zeichen, um ihm zu verstehen zu geben, daß du mit ihm zu sprechen wünschtest.« – »Ich wagte es nicht; was ich dir da sage, ist lächerlich, aber der Diener imponierte mir beinahe ebensosehr wie die Gebieterin.«
»Gleichviel, du tratst in das Haus?« – »Nein, Bruder.«
»In der Tat, Henri, ich habe große Lust, zu leugnen, daß du ein Joyeuse bist; doch du gingst wenigstens am andern Tag wieder dahin?« – »Ja, aber vergebens, vergebens zum Friedhof, vergebens in die Rue de Lesdiguières.«
»Sie war verschwunden?« – »Wie ein Schatten, der entflohen.«
»Du Hast dich jedoch erkundigt?« – »Die Straße hat wenig Bewohner, keiner konnte mich befriedigen; ich lauerte auf den Diener, um ihn zu befragen, er erschien nicht wieder; doch ein Licht, das ich am Abend durch die Jalousien glänzen sah, tröstete mich, indem es mir andeutete, sie wäre immer noch da. Ich wandte hundert Mittel an, in das Haus zu dringen; Briefe, Boten, Blumen, Geschenke, alles scheiterte. Eines Abends verschwand das Licht ebenfalls und erschien nicht wieder; ohne Zweifel hatte die Dame,meiner Verfolgungen müde, die Rue de Lesdiguières verlassen; niemand kannte ihre neue Wohnung.«
»Du hast sie jedoch wiedergefunden, die schöne Spröde?« – »Der Zufall gestattete es; ich bin ungerecht, Bruder, es ist die Vorsehung, die nicht will, daß man das Leben so hinschleppe. Höre, es ist in der Tat seltsam! Ich ging vor vierzehn Tagen um Mitternacht durch die Rue de Bussy... Du weißt, mein Bruder, daß die Feuerverordnungen sehr streng vollzogen werden; nun wohl! ich sah nicht nur Feuer an den Scheiben eines Hauses, sondern einen richtigen Brand, der im zweiten Stocke ausbrach. Ich klopfte kräftig an die Tür, ein Mann erschien am Fenster. »Es brennt bei Euch!« rief ich. – »Still, habt Mitleid,« erwiderte er, »still, ich bin eben beschäftigt, zu löschen.« – »Soll ich die Wache rufen?« – »Nein, nein, um des Himmels willen, ruft niemand.« – »Aber, wenn man Euch helfen kann?«
»Wollt Ihr? so kommt, und Ihr leistet mir einen Dienst, für den ich Euch mein ganzes Leben dankbar sein werde.« – »Und wie soll ich kommen?« – »Hier ist der Schlüssel zur Tür.« – Und er warf mir aus dem Fenster einen Schlüssel zu.
»Ich stieg rasch die Treppe hinauf und trat in das Zimmer, das der Schauplatz des Brandes war. Der Boden brannte; ich befand mich in dem Laboratorium eines Chemikers; als er irgendeinen Versuch machte, hatte sich eine entzündbare Flüssigkeit auf der Erde ausgebreitet, wodurch der Brand entstanden war. Bei meinem Eintritt war er schon Meister des Feuers, so daß ich mir ihn anschauen konnte.
»Es war ein Mann von etwa dreißig Jahren, eine furchtbare Narbe durchfurchte die Hälfte der Wange, eine andere den Schädel; sein buschiger Bart verbarg den Rest des Gesichtes. Er sagte zu mir:
»Ich danke Euch, mein Herr, aber Ihr seht, alles ist vorbei; habt also die Güte, Euch zu entfernen, denn meine Gebieterin kann jeden Augenblick eintreten, und sie dürfteärgerlich werden, wenn sie zu dieser Stunde einen Fremden bei mir oder vielmehr bei sich sehen würde.«
»Der Ton dieser Stimme lähmte mich, es war der Mann von der unbekannten Dame, denn er war mit einer Kutte bedeckt gewesen, ich hatte sein Gesicht nicht gesehen, nur seine Stimme gehört. Ich war im Begriff, ihm dies zu sagen, ihn zu befragen, als sich plötzlich eine Tür öffnete und eine Frau eintrat.
»Was gibt es denn, Remy?« fragte sie, indem sie majestätisch auf der Türschwelle stehen blieb, »und warum dieser Lärm?«
»Oh! mein Bruder, sie war es, noch schöner im sterbenden Feuer des Brandes, als sie mir in den Strahlen des Mondes geschienen hatte; sie war es, die Frau, deren beständiges Andenken mir das Herz zernagt.
»Bei dem Schrei, den ich ausstieß, schaute
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