Die Fünfundvierzig
schaute umher und zog seinen Dolch halb aus der Scheide, aber Samuel hatte ein Auge, so wachsam wie das eines Sperlings, der sich an den Trauben erlabt, und er sagte zurückweichend: »Ja, ja, guter Kaufmann; ja, ich sehe deinen Dolch, aber ich sehe auch etwas anderes; jenes Gesicht auf dem Balkon, das dich auch sieht.«
Bleich vor Schrecken, schaute der Händler in der von Samuel bezeichneten Richtung und sah in der Tat auf dem Balkon ein langes phantastisches Geschöpf, in einen Schlafrock von Katzenpelz gehüllt; dieser Argus hatte keine Silbe, keine Gebärde von der letzten Szene verloren.
»Vorwärts, Ihr macht aus mir, was Ihr wollt,« sagte der Handelsmann mit einem Gelächter, dem des Schakals ähnlich, der seine Zähne zeigt, »hier ist noch ein Taler mehr ... Und der Teufel erdroßle Euch,« fügte er ganz leise hinzu.
»Ich danke Euch,« sagte Samuel, »ein gutes Geschäft.« Und er grüßte den Panzermann und verschwand mit einem Hohngelächter.
Der Handelsmann, der allein auf der Straße geblieben war, hob den Panzer auf und bemühte sich, ihn in Fournichons zu schieben. Der Bürger schaute immer noch; als er den Handelsmann sehr ängstlich beschäftigt sah, sagte er: »Mein Herr, es scheint, Ihr kauft Rüstungen.«
»Nein, mein Herr,« erwiderte der unglückliche Händler, »das geschieht nur so zufällig, und weil sich mir eine Gelegenheit geboten hat.«»Dann bedient mich der Zufall wunderbar. Denkt Euch, daß ich gerade hier im Bereiche meiner Hand einen Haufen von altem Eisen habe, der mir lästig ist.«
»Ich sage nicht nein; aber für den Augenblick habe ich, wie Ihr seht, alles, was ich tragen kann.«
»Ich will es Euch immerhin zeigen. Es ist seltsam, aber mir scheint, ich kenne Euch!« versetzte der Bürger.
»Mich?« erwiderte der Handelsmann, der vergebens einen Schauer zurückzudrängen suchte.
»Schaut doch diese Sturmhaube an,« sagte der Bürger, indem er mit seinem langen Fuß den bezeichneten Gegenstand vorschob, denn er wollte das Fenster nicht verlassen, aus Furcht, der andere könnte sich wegstehlen. Und er hob die Sturmhaube über den Balkon und in die Hand des Kaufmanns.
»Seid Ihr nicht,« fragte er dabei, »Nicolas?«
Das Gesicht des Handelsmanns zersetzte sich gleichsam, und man sah den Helm in seiner Hand zittern. – »Nicolas?« wiederholte er.
»Nicolas Truchou, Kunsthändler, in der Rue de la Cossonnerie.«
»Nein, nein,« erwiderte der Handelsmann, der nun wieder lächelte und wie ein viermal glücklicher Mensch atmete.
»Gleichviel, Ihr habt ein gutes Gesicht, und es handelt sich darum, mir eine vollständige Rüstung abzukaufen, Panzer, Armschienen und Schwert.«
Trotz seines Drängens kam der Händler von dem verdächtigen Bürger nicht los, der mit ihm spielte, wie die Katze mit der Maus, und nach längerem Verhandeln sagte:
»Doch in der Tat, je mehr ich Euch anschaue, desto sicherer bin ich, daß ich Euch kenne; nein, Ihr seid nicht Nicolas Truchou, aber ich kenne Euch dennoch.« – »Stille!« – »Und wenn Ihr Panzer kauft ....« – »Nun?« – »So geschieht es wahrhaftig, um ein gottgefälliges Werk zu verrichten.« – »Schweigt.«»Ihr entzückt mich,« sagte der Bürger und streckte über den Balkon einen ungeheuren Arm herab, dessen Hand in die Hand des Kaufmanns griff. – »Aber wer zum Teufel seid Ihr denn?« fragte dieser, der seine Hand wie in einem Schraubstock gepackt fühlte. – »Ich bin Robert Briquet, genannt der Schrecken des Schisma, Freund der Union und wütender Katholik; jetzt erkenne ich Euch ganz genau.«
Der Handelsmann wurde wieder bleich.
»Ihr seid Nicolas... Grimbelot, Gerber zur Kuh ohne Knochen.« – »Nein, nein, Ihr täuscht Euch, Gott befohlen, Meister Robert Briquet; es hat mich ungemein gefreut, Eure Bekanntschaft zu machen.«
Hierauf drehte der Handelsmann dem Balkon den Rücken zu und wollte sich lieber darein ergeben, seine Panzer im Stiche zu lassen und alles zu verlieren, als erkannt zu werden, indem er über Hals und Bein entfloh.
Aber Robert Briquet war nicht der Mann, der sich auf diese Art schlagen ließ; er schwang sich auf das Geländer des Balkons, stieg auf die Straße hinab, beinahe, ohne daß er zu springen brauchte, und erreichte den Kaufmann in vier bis fünf Sätzen.
»Seid Ihr ein Narr, mein Freund,« sagte er, seine breite Hand auf die Schulter des armen Teufels legend; »wenn ich Euer Feind wäre, wenn ich Euch festnehmen lassen wollte, so brauchte ich nur zu schreien; die Wache
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