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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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er.
    »Er,« rief Gorenflot verwundert, aber aus einem leicht begreiflichen Gefühle der Freundschaft triumphierend, »er, was denkt Ihr?«
    »Ich, ein armer Bürger,« sagte Chicot; »ich, Robert Briquet, eine Säule des Fechtsaals, oh! Herr Säckelmeister!«
    »Aber,« rief Bruder Borromée, »um einen Wegen zu handhaben, wie Ihr es tut, muß man ungeheuer geübt sein.«
    »Ei! mein Gott, ja,« erwiderte Chicot treuherzig, »ich habe in der Tat hier und da den Degen geführt; doch wenn ich ihn führte, sah ich immer ein Ding.«
    »Was?«
    »Daß für den, der ihn führt, der Stolz ein schlechter Ratgeber und der Zorn ein schlechter Helfer ist. Nun hört, mein kleiner Jacques,« fügte er hinzu, »Ihr habt ein hübsches Faustgelenk, doch Ihr habt weder Beine noch Kopf; zum Fechten gehören drei wesentliche Dinge: der Kopf zuerst, dann die Hand und endlich die Beine; mit dem ersten kann man sich verteidigen, mit dem ersten und der zweiten kann man siegen, vereinigt man aber alle drei, so siegt man immer.«
    »Oh!« sagte Jacques, »fechtet einmal mit Bruder Borromée, das ist gewiß hübsch anzuschauen.«
    Chicot wollte den Vorschlag verächtlich zurückweisen, doch er bedachte, daß der stolze Säckelmeister vielleicht einen Vorteil daraus ziehen würde.
    »Es sei,« sagte er, »wenn Bruder Borromée einwilligt, bin ich zu Befehl!«
    »Nein, mein Herr,« erwiderte der Säckelmeister; »ich würde geschlagen, ich will es lieber anerkennen, als die Probe machen.«
    »Oh! wie bescheiden, wie liebenswürdig ist er!« sagte Gorenflot.
    »Du täuschest dich,« entgegnete ihm der unbarmherzige Chicot ins Ohr, »er ist verrückt vor Eitelkeit; hätte ich in seinem Alter eine solche Gelegenheit gefunden, ich würde auf den Knien um die Lektion gebeten haben, die Jacques soeben zuteil geworden ist.«
    Hiernach nahm Chicot wieder seinen gekrümmten Rücken, seine Zirkumflexbeine und seine ständige Grimasse an und setzte sich auf seine Bank.
    Jacques folgte ihm; die Bewunderung trug bei dem jungen Mann den Sieg über die Schmach der Niederlage davon.
    »Gebt mir doch Lektionen, Herr Robert,« sagte er, »der ehrwürdige Herr Prior wird es erlauben, nicht wahr?«
    »Ja, mein Kind, mit Vergnügen,« antwortete Gorenflot.
    »Ich will Eurem Lehrer keinen Vorzug abzugewinnen suchen,« sagte Chicot, – und er verbeugte sich vor Borromée.
    »Ich bin nicht Jacques' einziger Lehrer,« entgegnete Borromée; »ich unterrichte nicht allein im Fechten hier, und da ich nicht allein die Ehre habe, so erlaubt mir, auch nicht allein die Niederlage auf mich zu nehmen.«
    »Wer ist denn sein anderer Professor?« fragte hastig Chicot, als er bei Borromée die Röte wahrnahm, welche die Furcht, eine Unklugheit begangen zu haben, verriet.
    »Niemand, niemand,« erwiderte Borromée.
    »Doch, doch,« sagte Chicot, »ich habe vollkommen gut gehört. Wer ist denn Euer anderer Lehrer, Jacques?«
    »Ja, ja, ein kurzer, dicker Mann,« rief Gorenflot.»Ihr habt ihn mir vorgestellt, und er kommt zuweilen hierher; ein gutes Gesicht... trinkt auch ganz angenehm.«
    »Ich erinnere mich seines Namens nicht mehr,« sagte Borromé.
    Bruder Eusèbe, mit seiner glückseligen Miene und seinem Messer im Gürtel, trat einfältig vor und sagte: »Ich weiß es.«
    Borromée machte ihm vielfache Zeichen, die er nicht bemerkte.
    »Es ist Meister Bussy-Leclerc, der Professor der Fechtkunst in Brüssel war,« fuhr er fort.
    »Alle Wetter!« sagte Chicot, »Meister Bussy-Leclerc, wahrhaftig, eine gute Klinge.«
    Und während er dies mit aller Naivität, deren er fähig war, sagte, fing er den wütenden Blick auf, den Borromé auf den zur Unzeit Gefälligen schoß.
    »Ah! es war mir nicht bekannt, daß er Bussy-Leclerc hieß. Man vergaß, mich davon zu unterrichten,« versetzte Gorenflot.
    »Ich wußte nicht, daß der Name Eure Herrlichkeit im geringsten interessierte,« sagte Borromé.
    »In der Tat!« rief Chicot, »mag dieser oder jener der Fechtmeister sein, gleichviel, wenn er nur gut ist.«
    »In der Tat, gleichviel, wenn er nur gut ist,« wiederholte Gorenflot und schlug, von allgemeiner Bewunderung geleitet, den Weg nach der Treppe seiner Wohnung ein. Die Übung war beendigt.
    Um Fuße der Treppe wiederholte Jacques zum größten Mißvergnügen Borromées seine Bitte Chicot gegenüber, dieser aber antwortete: »Ich verstehe nicht zu unterrichten; ich habe mich ganz allein durch Nachdenken und Übung gebildet; macht es wie ich; jedem gesunden Geiste nützt das

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