Die Fünfundvierzig
König werde ich zu tun haben?«
»Ganz richtig, kennt Ihr ihn?« – »Genau, Herr Briquet.«
»Wohl! Ihr verlangt mit ihm zu sprechen.« – »Wird man mich zu ihm lassen?«
»Bis zu seinem Kammerdiener, ja; Euer Kleid ist ein Paß; Seine Majestät ist sehr religiös, wie Ihr wißt.« – »Und was soll ich dem Kammerdiener Seiner Majestät sagen?«
»Ihr sagt ihm, Ihr werdet vom Schatten geschickt.« – »Ja.«
»Und Ihr erwartet den Brief.« – »Das ist alles, was ich zu tun habe?«
»Ihr fügt hinzu, der Schatten warte, indem er ganz langsam auf der Straße nach Charenton fortwandere.« – »Auf dieser Straße habe ich Euch nachzufolgen?«
»Allerdings.«
Panurgos schritt auf die Tür zu und hob den Vorhang auf, um hinauszugehen; es kam Chicot vor, als hätte der Bruder Panurgos bei dieser Bewegung einen Horcher sichtbar werden lassen.
Übrigens fiel der Vorhang wieder so rasch, daß Chicot nicht hätte dafür stehen können, ob das, was er für Wirklichkeit nahm, nicht eine Vision gewesen sei.
Aber Chicots Scharfsinn machte es diesem bald zur Gewißheit, daß Bruder Borromée horchte.
»Oh! du horchst,« dachte er; »desto besser, ich werde in diesem Fall für dich sprechen.«
»Ihr seid also mit einer Sendung vom König beehrt, lieber Freund?« sagte Gorenflot. – »Mit einer vertraulichen, ja.«
»Ich denke, sie bezieht sich auf die Politik?« – »Ich denke es auch.«
»Wie, Ihr wißt nicht, mit welcher Sendung Ihr beauftragt seid?« – »Ich weiß nur, daß ich der Träger eines Briefes bin.«
»Ein Staatsgeheimnis ohne Zweifel?« – »Ich glaube es.«
»Und Ihr vermutet nichts?« – »Nicht wahr, wir sind allein, so daß ich Euch meine Gedanken sagen kann?«
»Sprecht; ich bin ein Grab für Geheimnisse.« – »Nun Wohl! der König ist endlich entschlossen, dem Herzog von Anjou beizustehen.«
»In der Tat?« – »Ja, Herr von Joyeuse mußte zu diesem Behuf in der vergangenen Nacht abreisen.«
»Aber Ihr, mein Freund?« – »Ich gehe nach Spanien.«
»Wie reist Ihr?« – »Bei Gott! wie wir es früher machten, zu Fuß, zu Pferd, im Wagen, wie es sich gerade trifft.«
»Jacques wird ein guter Gesellschafter auf der Reise für Euch sein, und Ihr habt wohlgetan, ihn zu wählen.« – »Ich gestehe, mir gefällt er ungemein.«
»Dies wäre ein hinreichender Grund, ihn Euch zu geben; aber ich glaube überdies, er wäre doch für Euch im Falle eines Zusammentreffens eine tüchtige Unterstützung.« – »Ich danke, mein Freund. Und nun habe ich Euch nur noch Lebewohl zu sagen.«
»Gott befohlen!« – »Was macht Ihr?«
»Ich will Euch meinen Segen geben.« – »Bah! unter uns ist das unnötig.«
»Ihr habt recht,« versetzte Gorenflot, »das ist gut für die Fremden.«
Und die Freunde umarmten sich zärtlich.
»Jacques!« rief der Prior, »Jacques!«
Panurgos zeigte sein Mardergesicht zwischen den Türvorhängen.
»Wie! Ihr seid noch nicht abgegangen?« rief Chicot.
»Verzeiht, Herr.«
»Geht geschwinde, Herr Briquet hat Eile,« sagte Gorenflot; »wo ist Jacques?«
Bruder Borromée erschien ebenfalls mit süßlicher Miene und lachendem Mund.
»Bruder Jacques?« wiederholte der Prior.
»Bruder Jacques ist weggegangen,« sagte der Säckelmeister.
»Wie weggegangen!« rief Chicot.
»Habt Ihr nicht verlangt, daß jemand nach dem Louvre gehe, mein Herr?«
»Ja, Bruder Panurgos,« erwiderte Gorenflot.
»Oh! ich Dummkopf, der ich bin! Ich hatte verstanden Jacques,« sagte Borromée, sich vor die Stirn schlagend.
Chicots Gesicht verfinsterte sich, doch Borromées Bedauernwar scheinbar so aufrichtig, daß ein Vorwurf grausam gewesen wäre.
»Ich werde also warten, bis Jacques zurückgekommen ist,« sagte Chicot.
Borromée verbeugte sich, die Stirn faltend.
»Ah!« rief er, »obgleich ich deshalb heraufgekommen bin, vergaß ich, dem ehrwürdigen Prior zu melden, daß die unbekannte Dame angekommen ist und sich eine Audienz von Eurer Ehrwürden erbittet.«
Chicot sperrte die Ohren weit auf.
»Allein?« fragte Gorenflot.
»Mit einem Stallmeister.«
»Ist sie jung?«
Borromée schlug schamhaft die Augen nieder.
»Gut, er ist scheinheilig,« dachte Chicot.
»Mein Freund,« sagte Gorenflot, indem er sich an den falschen Robert Briquet wandte, »du begreifst.«
»Ich begreife und lasse Euch allein,« erwiderte Chicot; »ich werde in einem Nebenzimmer oder im Hof warten.«
»Gut, mein lieber Freund.«
»Es ist weit von hier in den Louvre,« bemerkte Borromée,
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