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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ist er nur halb ein Esel.
     
    Manet kicherte in seinen Krug. Selbst Wilem ließ sich zu einem seltenen Lächeln hinreißen.
    »Nein«, sagte ich mit Bestimmtheit. »Mit Ambrose bin ich fertig. Und was mich angeht, sind wir quitt.«
    »Ja, klar«, entgegnete Wil trocken.
    »Das ist mein Ernst«, sagte ich. »Es hat doch keiner was davon. Dieser ewige Hickhack führt doch nur zu Gereiztheit bei den Meistern.«
    »›Gereiztheit‹ ist sehr milde ausgedrückt«, erwiderte Manet. »Ich hätte da ein ganz anderes Wort gewählt.«
    »Du schuldest ihm noch eine Revanche«, sagte Sim, und seine Augen funkelten vor Wut. »Und außerdem werden sie dich ja wohl kaum des für ein Mitglied des Arkanums ungebührlichen Verhaltens beschuldigen, nur weil du ein Lied gesungen hast.«
    »Nein, das nicht«, erwiderte Manet. »Sie werden einfach seine Studiengebühren erhöhen.«
    »Wie bitte?«, sagte Simmon. »Das können sie nicht machen. Die Studiengebühren beruhen auf dem Prüfungsgespräch.«
    |65| Manets Schnauben hallte in seinem fast leeren Krug wider. Er trank noch einen Schluck. »Das Prüfungsgespräch ist nur ein Teil dieses Spiels. Wenn du es dir leisten kannst, quetschen sie dich ein bisschen aus. Und ebenso, wenn du ihnen auf die Nerven gegangen bist.« Er sah mich mit ernstem Blick an. »Diesmal kriegst du’s von beiden Seiten. Wie oft haben sie dich im vergangenen Trimester auf die Hörner genommen?«
    »Zweimal«, sagte ich. »Aber beim zweiten Mal war es wirklich nicht meine Schuld.«
    »Natürlich nicht«, sagte Manet und sah mich freimütig an. »Deshalb haben sie dich ja auch auspeitschen lassen, nicht wahr? Weil es nicht deine Schuld war.«
    Ich regte mich unbehaglich auf meinem Sitz und spürte dabei die halb verheilten Narben auf meinem Rücken. »Es war größtenteils nicht meine Schuld«, präzisierte ich.
    Manet tat das mit einem Achselzucken ab. »Um Schuld geht’s nicht. Ein Baum ist nicht schuld am Gewitter, aber jeder Schwachkopf weiß, wo der Blitz am ehesten einschlagen wird.«
    Wilem nickte ernst. »Bei uns daheim sagt man: Der längste Nagel wird als Erster eingehämmert.« Er runzelte die Stirn. »Auf Siaru klingt das irgendwie besser.«
    Sim machte ein besorgtes Gesicht. »Aber das Prüfungsgespräch hat doch immer noch den allergrößten Anteil an der Bemessung der Gebühren, nicht wahr?« Es klang, als sei er bisher nie auf die Idee gekommen, dass persönliche Animositäten und irgendwelche Winkelzüge dabei auch eine Rolle spielen könnten.
    »Den größten Anteil«, bestätigte Manet. »Aber die Meister entscheiden selbst über ihre Fragen, und jeder von ihnen hat bei den Gebühren ein Wörtchen mitzureden.« Er begann es an den Fingern abzuzählen: »Hemme kann dich nicht ausstehen, und er kann unglaublich nachtragend sein. Bei Lorren hast du dich schon sehr früh unbeliebt gemacht und bist es auch geblieben. Du bist einfach ein Tunichtgut. Gegen Ende des letzten Trimesters hast du fast eine ganze Spanne gefehlt. Und du hast dich vorher nicht abgemeldet und dich hinterher nicht entschuldigt.« Er bedachte mich mit einem vielsagenden Blick.
    |66| Ich sah betreten auf den Tisch hinab und war mir nur allzu bewusst, dass ich damals auch bei jenen Seminaren unentschuldigt gefehlt hatte, die zu meiner Lehre bei Manet im Handwerkszentrum gehörten.
    Nach kurzem Schweigen zuckte Manet die Achseln und fuhr fort: »Darüber hinaus werden sie dich diesmal als Re’lar prüfen. Und je weiter man aufsteigt, desto höher die Gebühren. Das ist einer der Gründe, warum ich so lange E’lir geblieben bin.« Er sah mich streng an. »Willst du wissen, was ich schätze? Du kannst von Glück reden, wenn sie dir weniger als zehn Talente abverlangen.«
    »Zehn Talente.« Sim sog Luft zwischen den Zähnen durch und schüttelte mitfühlend den Kopf. »Ein Glück, dass du gerade so gut bei Kasse bist.«
    »So gut bei Kasse nun auch wieder nicht«, sagte ich.
    »Wie das?«, fragte Sim. »Die Meister haben Ambrose doch zu fast zwanzig Talenten Geldstrafe verurteilt, nachdem er deine Laute kaputtgemacht hatte. Was hast du denn mit dem ganzen Geld gemacht?«
    Ich senkte den Blick und stupste mit dem Fuß vorsichtig an meinen Lautenkasten.
    »Du hast es alles für eine neue Laute ausgegeben?«, fragte Simmon entsetzt. »Zwanzig Talente? Weißt du überhaupt, was man für so viel Geld kaufen könnte?«
    »Eine Laute?«, fragte Wilem.
    »Ich wusste nicht mal, dass man überhaupt so viel Geld für ein Musikinstrument

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